t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



HomeWirtschaft & FinanzenAktuellesWirtschaft

Inflation & EZB: Reden Sie endlich Klartext, Frau Lagarde!


Steigende Inflation
Reden Sie endlich Klartext, Frau Lagarde!

  • Florian Schmidt
MeinungEin Kommentar von Florian Schmidt

Aktualisiert am 28.10.2021Lesedauer: 3 Min.
Meinung
Was ist eine Meinung?

Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.

Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.
Christine Lagarde: Die EZB-Präsidentin hält die aktuelle Inflation lediglich für ein vorübergehendes Phänomen.Vergrößern des Bildes
Christine Lagarde: Die EZB-Präsidentin hält die aktuelle Inflation lediglich für ein vorübergehendes Phänomen. (Quelle: Kai Pfaffenbach/reuters)

Die Preise steigen immer schneller – und viele Menschen fürchten, dass das noch lange so weitergeht. EZB-Präsidentin Christine Lagarde könnte ihnen diese Angst nehmen. Warum tut sie es nicht?

Die Alarmsignale häufen sich. Nachdem die Inflationsrate im September erstmals wieder über die Marke von vier Prozent sprang, stiegen die Preise nach einer ersten Schätzung des Statistischen Bundesamtes vom Donnerstag im Oktober gar um 4,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. So hoch war die Teuerung zuletzt vor 28 Jahren, im August 1993.

Das allein mag beunruhigen. Schlimmer jedoch ist: Die überwiegende Mehrheit der Deutschen rechnet angesichts dieser Preissprünge damit, dass diese Entwicklung noch lange anhält. 70 Prozent der Befragten erwarten einer repräsentativen t-online-Umfrage zufolge, dass die Preise im kommenden Jahr sogar noch schneller steigen als bisher, die Inflation also abermals zunimmt.

Alles Quatsch, mögen die Experten einwenden. Spätestens im Januar, wenn der statistische Effekt der Mehrwertsteuersenkung vom Corona-Herbst 2020 entfällt, geht die Inflationsrate wieder zurück. Kein Grund zur Panik.

Und doch: Es gerät etwas ins Rutschen.

Lagarde könnte die Inflation bändigen

Denn mit der Inflation verhält es sich ähnlich wie mit einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung. Erwarten genug Menschen, dass die Preise weiter steigen, verlangen sie allein deshalb mehr Lohn und bekommen ihn auch – dann müssen die Unternehmen, die ihn zahlen, die steigenden Personalkosten wieder hereinholen. Und zwar, indem sie die Preise für ihre Produkte erneut anheben. Ein Teufelskreis, der nur schwer zu durchbrechen ist.

Womit wir bei der Frau wären, die, der Zufall wollte es so, am Donnerstag kurz nach Verkündung der neuesten Inflationszahlen vor die Kameras trat: Christine Lagarde, Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt, oberste Hüterin des Euro und damit der Preisstabilität in Deutschland und den übrigen Euro-Ländern.

Wenn es jemanden in Europa gibt, der das Drehen der Lohn-Preis-Spirale stoppen kann, dann sie. Die EZB kann etwa die Zinsen anheben und so das Geld teurer machen. Auch könnte sie weniger Geld drucken, indem sie ihre Anleihenkaufprogramme stark zurückfährt. Obwohl das mit dem Risiko verbunden ist, dass dadurch das Wirtschaftswachstum leidet, würden beide Instrumente die Inflation senken.

Weiter nur vage Worte von Lagarde

Vor allem aber kann Lagarde – und das weiß sie ganz genau – mit Worten gegen die steigenden Preise kämpfen. In Anlehnung an ihren Vorgänger Mario Draghi, der mit ähnlichen Sätzen 2012 den Euro rettete, könnte sie etwa sagen: "Die EZB ist bereit, alles Notwendige zu tun, um die Inflation im Zaum zu halten. Und glauben Sie mir, das machen wir auch." Allein eine solch klare Ankündigung möglicher Schritte würde die Inflationserwartungen dämpfen und den Teufelskreis durchbrechen.

Doch derlei knackige Aussagen blieb Lagarde den Journalisten nach der Sitzung des EZB-Rats schuldig. Der Grund: Der Rat glaube weiterhin, dass die Inflation nur temporär über das avisierte EZB-Ziel von zwei Prozent hinausschieße. Der Entscheidung, den Leitzins deshalb bei null zu halten und die Anleihenkäufe weiter nur moderat zu reduzieren, fügte sie lediglich einen dünnen Satz hinzu: Die EZB sei bereit, ihre Instrumente "gegebenenfalls" anzupassen, um sicherzustellen, dass sich die Inflation "mittelfristig" stabilisiere.

Gegebenenfalls? Mittelfristig? Es mögen nur zwei Worte sein, doch machen genau sie den Unterschied. Die EZB-Chefin bleibt vage – und vergibt so eine weitere wichtige Chance, um den Menschen die Angst vor immer höheren Preisen zu nehmen. Deshalb: Reden Sie endlich Klartext, Frau Lagarde! Und sorgen Sie dafür, dass Ihre Worte bei den Menschen ankommen. Damit die Inflation nicht außer Kontrolle gerät.

Verwendete Quellen
  • Pressekonferenz nach der Sitzung des EZB-Rates
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...



TelekomCo2 Neutrale Website