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Energiekrise: NRW will Denkmalschutz lockern – für mehr Solardächer


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NRW will Denkmalschutz für mehr Solaranlagen lockern

Von Frederike Holewik

Aktualisiert am 04.12.2022Lesedauer: 4 Min.
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Windpark und Solardächer im nordrhein-westfälischen Lichtenau: Bauministerin Scharrenbach will den Ausbau erleichtern. (Quelle: IMAGO/Jochen Tack)

Deutschland muss beim Ausbau der erneuerbaren Energien einen Zahn zulegen. NRW will jetzt mit einem Vorstoß den Bund vor sich hertreiben.

Der Ausbau der erneuerbaren Energien muss schneller gehen – da sind sich die politischen Parteien von Union bis Linke ungewohnt einig. Ein Grund dafür: Die Preise für fossile Energieträger wie Öl und Erdgas, die in Folge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine in die Höhe geschnellt sind.

Allein bei der Umsetzung dieses Ziel hapert es bisweilen. Die Bauministerin von Nordrhein-Westfalen, Ina Scharrenbach (CDU), prescht nun vor. Sie will Hürden abbauen und damit bundesweit eine Vorreiterrolle einnehmen.

Ihr Hebel: eine Lockerung des Denkmalschutzes. "Wir haben das Denkmalschutzgesetz neu gefasst und somit Solaranlagen auf historischen Gebäuden grundsätzlich ermöglicht", sagt sie im Gespräch mit t-online.

Keine Solarpanel am Kölner Dom

Glitzern auf dem Kölner Dom künftig also Fotovoltaikanlagen? Scharrenbach verneint: So sei das nicht gemeint. Vielmehr gehe es um das Gros der 90.000 denkmalgeschützten Gebäude in NRW, die ganz normale Wohnhäuser seien.

Viele Besitzer würden gerne nachrüsten, so die Ministerin, die aktuelle Energiekrise und die Versorgungsunsicherheiten verstärkten diesen Trend. Doch das sei häufig nicht möglich, weil die Denkmalschutzbehörden sehr enge Vorgaben für den Erhalt der Häuser machten.

Grundsätzlich sei das auch richtig, erklärt Scharrenbach. Alte Gebäude zu erhalten und weiter zu nutzen, sei besonders nachhaltig – allerdings müsse es eben auch Möglichkeiten zur Modernisierung geben. Im besten Fall würden so auch alte Gebäude mit CO2-freier Energie versorgt. Ihr Ministerium arbeite daher an einem entsprechenden Erlass.

Unterstützung vom Bund gefordert

Der Haken an der Sache: Ganz allein können die Bundesländer nicht alle Weichen stellen. "Es gibt ein Paradoxon im Steuerrecht: Eine Solarthermieanlage kann abgesetzt werden, eine Fotovoltaikanlage hingegen nicht", sagt Scharrenbach. "Da wäre eine Harmonisierung im Sinne der Zielerreichung sinnvoll. Das kann aber nur das Bundesfinanzministerium ändern."

Zum einen seien diese Richtlinien historisch gewachsen, zum anderen hänge es damit zusammen, dass Strom aus einer Fotovoltaikanlage weiterverkauft werden könne und somit Gewinne für den Besitzer entstehen.

Windkraftausbau fehlt der Schwung

Neben Solaranlagen auf Privatdächern gehört zu Scharrenbachs Plan auch der Ausbau von Windkraftanlagen. Erst kürzlich veröffentlichte der Bund-Länder-Kooperationsausschuss ein Gutachten. Darin kommt das Gremium zu dem Schluss, dass es an Tempo fehlt – sowohl bei der Flächenausweisung als auch bei den Genehmigungen.

Der Bericht des Gremiums hat allerdings vor allem das Jahr 2021 im Blick. Mehrere von der Ampelkoalition beschlossene Gesetze können erst 2023 ihre Wirkung entfalten. So ist vorgesehen, dass die Länder im Schnitt zwei Prozent ihrer Fläche in den nächsten zehn Jahren für Windenergie reservieren müssen. Derzeit sind es weniger als ein Prozent. In dem Ausschuss sprechen Vertreter aus den Bundesministerien für Wirtschaft, Umwelt, Landwirtschaft, Verkehr, Finanzen, Bauen und dem Kanzleramt mit Vertretern der 16 Bundesländer.

Niedersachsen produziert die meiste Windenergie

Im Bundesländervergleich nach erzeugtem Strom aus Windenergie landete Ende 2021 Niedersachsen mit Abstand auf dem ersten Platz (11.800 Megawatt). Es folgen Brandenburg (rund 7.900 Megawatt), Schleswig-Holstein (7.100 Megawatt). Nordrhein-Westfalen kam mit rund 6.400 Megawatt auf Platz vier. Am Ende des Rankings stehen das Saarland und die drei Stadtstaaten.

Beim Bau neuer Windräder sieht es ähnlich aus: Bis Ende November wurden in Deutschland in diesem Jahr 501 neue Anlagen gebaut. Davon entfielen 128 auf Schleswig-Holstein, 91 auf Niedersachsen und jeweils 83 auf Brandenburg und NRW.

"Bei Sonnenenergie wird vorhandene Fläche, wie etwa auf Dächern, genutzt. Für Windkraft hingegen braucht es freie Fläche. Das ist eine Herausforderung", sagt Scharrenbach. Trotzdem soll es auch in diesem Bereich künftig schneller gehen. Ihr Vorschlag: Deutschland soll sich andere EU-Länder zum Vorbild nehmen.

Zertifizierung als Hebel

Denn Windkraftanlagen werden mit einer sogenannten CE-Kennzeichnung versehen. Diese bestätigt, dass alle europäischen Maschinenrichtlinien eingehalten wurden. Die Maschine in diesem Fall ist die Windkraftanlage.

Nach EU-Recht müssen so zertifizierte Anlagen nicht mehr gesondert etwa auf Standsicherheit geprüft werden. In Deutschland hingegen verlangen Sonderregeln genau das: Gutachten und Prüfung durch Bauaufsichtsbehörden. Das führe zu erheblichen Mehraufwand für die Hersteller, kritisiert Scharrenbach. "Nach meiner Auffassung brauchen wir keine 'Deutschland-Türme', wenn internationale Standards, die mit der EU-Maschinenrichtlinie konform sind, ausreichend Sicherheit bieten", so die Ministerin.

So könne Zeit und Geld gespart werden. Wie viel schneller der Bau genau gehen könnte, kann die Ministerin nicht sagen, sie höre aber von Unternehmern immer wieder, dass schnellere Verfahren eine Erleichterung darstellten. So beklagt etwa der Energieversorger EnBW: "Bis sich die Rotorblätter endlich drehen, vergehen oft mehrere Jahre. Dabei nimmt der Genehmigungs- und Planungsprozess die meiste Zeit in Anspruch; die Anlagen selbst sind in weniger als sechs Monaten errichtet."

Das soll sich mit der Maßnahme in NRW ändern. "Mit einer Klarstellung werden wir in NRW dafür Sorge tragen, dass konsequent die EU-Maschinenrichtlinie zur Anwendung kommen wird", sagt Scharrenbach und hofft auf Nachahmer. "Damit werden wir deutschlandweit Vorreiter."

Scharrenbach: Schnelle Verfahren müssen die Regel sein

Auf Sonderregeln, die aus der aktuellen Not geboren werden, will Scharrenbach sich unterdessen nicht verlassen. "Schnelle Planungs- und Genehmigungsverfahren darf es nicht nur in Sondersituationen wie etwa beim LNG-Ausbau derzeit geben, sondern müssen die Regel werden", sagt sie.

Da sieht Scharrenbach auch ihre Ministerkollegin auf Bundesebene, Klara Geywitz (SPD), in der Pflicht. "Die Politik muss auch selbst den Veränderungswillen an den Tag legen, den sie von den Bürgern immer wieder fordert."

Verwendete Quellen
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