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Mythos Arzt-Kontingente – Gibt es das wirklich?


Patientenrechte
Fünf Arzt-Mythen auf dem Prüfstand


Aktualisiert am 07.03.2019Lesedauer: 3 Min.
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Für diesen Beitrag haben wir alle relevanten Fakten sorgfältig recherchiert. Eine Beeinflussung durch Dritte findet nicht statt.

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Untersuchung einer jungen Frau: Welche Rechte haben Patienten?Vergrößern des Bildes
Untersuchung einer jungen Frau: Welche Rechte haben Patienten? (Quelle: Halfpoint/getty-images-bilder)

Eine bestimmte Menge an Medikamenten, ein knappes Budget für Heilmittel – haben Ärzte nur eine begrenzte Anzahl an Rezepten zur Verfügung? Dürfen Praxen Patienten abweisen, weil sie überlaufen sind? Wir beantworten die wichtigsten Fragen rund um Patientenrechte.

Ob Rückenschmerzen, Grippe, Bluthochdruck oder Allergie – jeder von uns muss ab und an zum Arzt, spricht mit gehetzten Sprechstundenhilfen, wartet Wochen auf einen Termin, sitzt in übervollen Wartezimmern. Und wundert sich, ob das Gerücht wahr ist: Dass Ärzte gewisse Kontingente haben für Arzneimittel, Ergotherapie oder Krankengymnastik. Wenn die vorgegebene Menge ausgeschöpft ist, ist Schluss. Darum müssen Mediziner sparsam umgehen mit dem, was sie verschreiben, und gegen Ende des Quartals werden die Mittel knapp. Doch stimmt das überhaupt?

1. Die Menge verschreibbarer Medikamente und Heilmittel ist begrenzt

Bedingt ist das richtig: Ärzte haben bestimmte Richtwerte, nach denen sie Rezepte ausstellen. Diese Regelfallmengen werden zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) und den Krankenkassen auf regionaler Ebene vereinbart. Die Richtgrößen hängen zusammen mit der Fachrichtung, Bevölkerungsdichte, dem Auftreten von bestimmten Erkrankungen in einer Region und vielem mehr.

Regelfallmengen sind Orientierungswerte: Möchte ein Arzt diese überschreiten, kann er dies bei den Krankenkassen beantragen. Dass er bei Überschreiten eine Regresszahlung leisten muss, stimmt nicht, sagt Christine Göpner-Reinecke, Pressereferentin der AOK: "Wenn Ärzte bei Heilmittelverordnungen einfach auf Budgets verweisen, greift diese Argumentation ins Leere. Diese bundesweiten Budgets wurden schon 2015 abgeschafft. Mittlerweile gibt es zwar Richtlinien, diese orientieren sich aber sehr stark am medizinischen Bedarf, den ein Patient hat." Es gelte stets der Grundsatz "Beratung vor Regress".

Vorsicht bei Überschreitung

Damit ist eine Praxis vor Zahlungen allerdings nur bedingt geschützt, erläutert Christopher Schneider, Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein: "Niedergelassene Ärzte müssen in ihrem Praxisalltag zwingend das Wirtschaftlichkeitsgebot der gesetzlichen Krankenversicherung beachten und die Krankenkassen überprüfen dies auch. Eine Überschreitung etwaiger Richtgrößen oder 'Budgets' muss dabei aus medizinischen Gründen nachweislich notwendig sein." Das Prinzip "Beratung vor Regress" gelte dabei nur bei der erstmaliger Überschreitung der regionalen Prüfvereinbarungen: Sollte der Vertragsarzt sein Verordnungsverhalten danach nicht ändern, seien weitere Verfahren möglich.

Seit Februar 2013 gilt das Patientenrechtegesetz (PRG), das vorwiegend im Fünften Sozialgesetzbuch (SGB V) verankert ist. Hier stehen die wichtigsten Gesetze unseres Gesundheitssystems. Mit dem PRG stehen Patienten kollektive Rechte zu. Patientenorganisationen können nun eigene Positionen einbringen, etwa wenn über neue Therapien oder bestimmte Arzneimittel entschieden wird oder auch bei der Verteilung der ambulant tätigen Ärzte in Deutschland.

2. Praxen dürfen Patienten abweisen, wenn sie zu viele sind

Grundsätzlich haben kranke Menschen ein Recht auf Behandlung. Sie dürften ohne Angabe von gewichtigen Gründen nicht abgewiesen werden, erklärte zum Beispiel der Geschäftsführer der Landesärztekammer Thüringen im WDR. Dennoch kämen entsprechende Beschwerden immer wieder vor – in so einem Fall drohe einem Mediziner aber eine Rüge oder sogar eine Geldbuße.

Anders aber, wenn jemand nicht akut krank ist. Dann kann die Praxis eine Aufnahme des Patienten verweigern. Eine Grauzone sind Vorsorge- oder Kontrolltermine zum Beispiel beim Augenarzt. Dann liegt meist keine Überweisung vor und einen Termin gibt es erst nach Wochen. Hilfe bei der Vermittlung zum Facharzt leistet die Kassenärztlichen Vereinigung: Sie vermittelt Patienten über Terminservicestellen an Fachärzte, allerdings nur mit Überweisung.

3. Ärzte und Kliniken kann sich jeder selbst aussuchen

Unabhängig von der Fachrichtung gilt: Jeder Versicherte kann sich in Deutschland einen Arzt oder eine Klinik frei aussuchen. Beim Krankenhaus ist jedoch Vorsicht geboten. Wählt jemand ein anderes als dasjenige, das von einem Mediziner empfohlen wurde, sollte die Übernahme der Kosten vorher mit der Krankenkasse geklärt sein.

4. Das ärztliche Aufklärungsgespräch ist zwingend

Diagnose, Therapie und alternative Behandlungsmethoden müssen vom Arzt ausführlich, verständlich und persönlich erklärt werden. Das Gespräch muss rechtzeitig erfolgen, und der Arzt muss über eventuelle Kosten aufklären, falls es sich um Behandlungen handelt, die von den Krankenkassen nicht ganz oder gar nicht übernommen werden. Das Aufklärungsgespräch entfällt in Notfällen, etwa bei einem Verkehrsunfall.

5. Der Arzt bestimmt über die Behandlung

Der Arzt ist zur Aufklärung verpflichtet, doch die Entscheidung über eine Behandlung liegt allein in der Hand des Patienten. Nur, wenn jemand die Tragweite seiner Entscheidung nicht verstehen kann, entscheidet ein Betreuer oder Bevollmächtigter. Generell aber gilt: Ein medizinischer Eingriff ist eine Körperverletzung, die Ablehnung einer Behandlung zählt zum Recht auf Selbstbestimmung.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Stiftung Gesundheitswissen: Patientenrechte
  • "mdr": Darf ein Arzt eigentlich Patienten ablehnen?
  • AOK: Das Patientenrechtegesetz
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