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Israel-Gaza-Krieg: Ägypten hat Angst vor Massenflucht aus Rafah


Eskalation in Nahost
Biden ermahnt Israel – Ägypten rüstet sich für Massenflucht

Von dpa, mam

Aktualisiert am 16.02.2024Lesedauer: 4 Min.
Von Rafah aus, sieht man Rauch über Khan Younis aufsteigen: In den einst 300.000-Einwohner-Ort sind mehr als eine Million Menschen geflüchtet.Vergrößern des BildesVon Rafah aus sieht man Rauch über Chan Junis aufsteigen: In den einst 300.000-Einwohner-Ort sind mehr als eine Million Menschen geflüchtet. (Quelle: STAFF/reuters)
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Israels Planung für eine Militäroffensive in Rafah schreitet voran. International wird die Kritik daran schärfer. Ein Land droht wohl, den Friedensvertrag mit Israel aufzukündigen.

Israels geplante Militäroffensive stößt international auf immer mehr Kritik. Die israelische Armee will in die Stadt Rafah vorstoßen, die im Süden des Gazastreifens liegt und mit einer Million palästinensischer Geflüchteter überfüllt ist. Möglicherweise kommt es zu einer Massenflucht vom Gazastreifen ins benachbarte Ägypten. Die ägyptische Regierung lasse bereits ein Auffanglager bauen, schreibt die US-amerikanische Tageszeitung "Wallstreet Journal" und beruft sich auf Insider aus Sicherheitskreisen, Ägypten bestreitet den Bau aber.

Video | Angriff auf Gaza: Israelische Armee stürmt Krankenhaus in Chan Junis
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Quelle: reuters

Der Zeitung zufolge könnten in dem 20 Quadratkilometer großen Lager 100.000 Menschen unterkommen – das wäre ungefähr so, als würde die gesamte Bevölkerung des brandenburgischen Cottbus auf dem Frankfurter Flughafen unterkommen. Das Lager in Ägypten entstehe in der Wüste, sei weit entfernt von Siedlungen und umschlossen von hohen Betonmauern, sagen die Insider.

Seit Wochen versucht Ägypten, die Sicherheit entlang der Grenze zum Gazastreifen mit Soldaten, Zäunen und gepanzerten Fahrzeugen zu erhöhen, um zu verhindern, dass es zu einem Ansturm verzweifelter Palästinenser auf die Halbinsel Sinai kommt. Das Land hat laut dem "Wall Street Journal" angeblich sogar gedroht, seinen Friedensvertrag mit Israel aufzukündigen, sollte es dazu kommen.

Kritik an Rafah-Plänen Netanjahus

US-Präsident Joe Biden mahnte in einem Telefonat mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, die mehr als eine Million Zivilisten in Rafah zu schützen. Biden habe bekräftigt, "dass eine Militäroperation nicht ohne einen glaubwürdigen und durchführbaren Plan zur Gewährleistung der Sicherheit und Unterstützung der Zivilbevölkerung in Rafah stattfinden sollte", teilte das Weiße Haus in der Nacht mit.

Auch der demokratische Senator Bernie Sanders äußerte Kritik an Israels Vorgehen im Gazastreifen, schreibt die US-Zeitschrift "The Nation". Israel habe zwar das Recht zur Selbstverteidigung, es habe aber kein Recht, ein ganzes Volk auszulöschen. Daher stimmte er im US-Senat gegen neue Militärhilfe der USA für Israel: "Ich bin verdammt, wenn ich der Netanjahu-Regierung auch nur einen weiteren Nickel für den Krieg gegen das palästinensische Volk gebe."

Israelisches Militär will Flüchtlinge "verlagern"

Netanjahu hatte dem Militär kürzlich den Befehl erteilt, Pläne vorzulegen für eine Offensive auf Rafah sowie für die Evakuierung der dortigen Zivilisten. Es gehe darum, die letzten Kampfeinheiten der Terrororganisation Hamas zu zerschlagen. In Rafah halten sich nach UN-Angaben derzeit rund 1,3 Millionen Menschen auf.

Sollte sich Israel zu der Offensive entschließen, würde das israelische Militär versuchen, die Zivilbevölkerung von Rafah nach Norden zu "verlagern", aus der Kampfzone heraus, aber innerhalb des Gazastreifens, zitierte das "Wall Street Journal" einen ranghohen Vertreter des israelischen Militärs nun. Die meisten der Bewohner in Rafah flohen zuvor bereits aus dem Norden des Gazastreifens, zum Teil auf Anordnung des israelischen Militärs, das ihnen dort Schutz vor Angriffen versprach.

Schwere Vorwürfe nach Militäreinsatz in Krankenhaus

Israels Armee begann derweil nach eigenen Angaben einen Einsatz in einer Klinik in Chan Junis, das wie Rafah im Süden Gazas liegt. Soldaten drangen in das Nasser-Krankenhaus ein, um Leichen von Geiseln zu bergen, teilte das Militär mit. Es seien Dutzende Tatverdächtige festgenommen worden, sagte der israelische Militärsprecher Daniel Hagari.

Einige seien am Massaker in Israel beteiligt gewesen. Aus Verhören mit den Verdächtigen sowie dank Aussagen der freigelassenen Geiseln könne die Armee bestätigen, dass aus Israel entführte Menschen auf dem Gelände der Klinik festgehalten wurden. Es lägen zudem Information vor, dass sich dort auch Leichen von Geiseln befinden. Unabhängig überprüfen lassen sich diese Angaben derzeit nicht.

Das Menschenrechtsbüro der Vereinten Nationen erhob nach dem Einsatz Vorwürfe gegen Israel. "Die Operation scheint Teil eines Musters zu sein: Israelische Streitkräfte greifen lebenswichtige zivile Infrastruktur an, insbesondere Krankenhäuser", sagte UN-Menschenrechtssprecherin Ravina Shamdasani in Genf. Israels Armeesprecher Hagari betonte, das Militär sei bei allen Einsätzen in Krankenhäusern im Gazastreifen im Einklang mit dem Völkerrecht vorgegangen und werde dies auch weiterhin tun. "Wir haben nicht die Absicht, den Betrieb des Krankenhauses zu stören", sagte er.

Israels Sorge um eine Zweistaatenlösung

Israels Ministerpräsident Netanjahu bekräftigte unterdessen nach dem Telefonat mit Biden seine Ablehnung einer Zweistaatenlösung. "Israel lehnt das internationale Diktat hinsichtlich einer dauerhaften Regelung mit den Palästinensern kategorisch ab", schrieb Netanjahu in der Nacht auf X.

Eine solche Regelung könne nur durch direkte Verhandlungen zwischen den Parteien und ohne Vorbedingungen erreicht werden. Israel werde sich auch gegen die einseitige Anerkennung eines palästinensischen Staates wehren. Dies würde den Terrorismus "belohnen und jede künftige Friedensregelung verhindern", schrieb er.

Israel hat laut der israelischen Zeitung "Maariv" die Sorge, die USA könnten im Rahmen der Bemühungen um eine Zweistaatenlösung einen palästinensischen Staat auch ohne Zustimmung Israels anerkennen. Mit einer Zweistaatenlösung ist ein unabhängiger palästinensischer Staat gemeint, der friedlich Seite an Seite mit Israel existiert. Auch die Terrororganisation Hamas, die 2007 ein Jahr nach ihrem Wahlsieg gewaltsam die alleinige Macht im Gazastreifen an sich gerissen hatte, lehnt das ab.

Streit um Verteilung von Hilfsgütern

Israel hat unterdessen die Vereinten Nationen aufgefordert, die Verteilung von Hilfsgütern für die Menschen im Gazastreifen zu verbessern. Seit Tagen würden Hunderte Lastwagen-Ladungen mit humanitären Hilfsgütern am Grenzübergang Kerem Schalom nicht abgeholt, schrieb die für Kontakte mit den Palästinensern und humanitäre Hilfe zuständige israelische Armeebehörde Cogat auf dem Kurznachrichtendienst X.

Hilfsorganisationen werfen Israel vor, die Verteilung von Hilfsgütern zu blockieren. Cogat dementiert das. Israel kontrolliere mehr Lastwagen, als letztlich von den Vereinten Nationen abgefertigt und weitergeleitet würden. Bundesaußenministerin Baerbock sprach sich am Donnerstag in Israel für deutlich mehr Hilfslieferungen aus, konkret 500 Lastwagen am Tag. So viele Lkw mit humanitären Gütern fuhren vor Kriegsbeginn täglich in das abgeriegelte Küstengebiet. Baerbock forderte in Israel dafür auch die Öffnung weiterer Grenzübergänge.

Verwendete Quellen
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