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Fall Skripal: Von der Leyen fordert von Russland Aufklärung


"Das ist eine schaurige Waffe"
Fall Skripal: Von der Leyen fordert von Russland Aufklärung

Von ap, dpa, rtr
Aktualisiert am 15.03.2018Lesedauer: 4 Min.
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) am Mittwoch im Bundestag: "Russland muss seinen Teil zur Aufklärung beitragen."Vergrößern des BildesVerteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) am Mittwoch im Bundestag: "Russland muss seinen Teil zur Aufklärung beitragen." (Quelle: Michael Kappeler/dpa-bilder)
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Im Fall des vergifteten Ex-Spions Skripal hat Russland nun auf die britischen Sanktionen reagiert. Verteidigungsministerin von der Leyen findet unterdessen klare Worte Richtung Moskau.

Nach der Giftattacke auf einen früheren Doppelagenten in Großbritannien hat Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen Russland dringend aufgefordert, zur Aufklärung dieses Verbrechens beizutragen. "Wir nehmen das sehr, sehr ernst", sagte von der Leyen am Donnerstag im ZDF-"Morgenmagazin".

Sie erinnerte an das Attentat auf den Ex-Agenten Alexander Litwinenko: Russland habe 2006 einen Spion in Großbritannien mit radioaktivem Material getötet. "Russland muss seinen Teil zur Aufklärung beitragen", verlangte die CDU-Politikerin. Von der Leyen zog eine Verbindung zum Engagement Russlands im Syrien-Krieg an der Seite des Präsidenten Baschar al-Assad: "Wir sehen, wie der Verbündete Assad Giftgas einsetzt. Russland ist der Verbündete von Assad. Deshalb ist es für Russland entscheidend aufzuklären, was dort geschehen ist."

"Schwerer Bruch aller internationaler Abkommen"

London wirft Moskau vor, für den Mordanschlag an dem Ex-Spion und dessen Tochter mit Nervengift in Südengland verantwortlich zu sein. Die Bundesverteidigungsministerin sagte: "Das ist eine schaurige Waffe, die dort eingesetzt worden ist." Das Attentat sei ein "schwerer Bruch aller internationaler Abkommen, was Chemiewaffen angeht". Und weiter: "Es ist eine schwere Gefährdung von unendlich vielen Unschuldigen." Sie werde am Donnerstagnachmittag mit ihrem britischen Amtskollegen Gavin Williamson telefonieren, der ihr Hintergründe zur Tat aufzeigen wolle.

Die britische Regierung hat Strafmaßnahmen gegen Russland wegen der Giftattacke verhängt und unter anderem 23 russische Diplomaten zum Verlassen des Landes aufgefordert. Zudem werden bilaterale Kontakte "auf hoher Ebene" auf Eis gelegt. London zog auch eine Einladung an den russischen Außenminister Sergei Lawrow zu einem Besuch in Großbritannien zurück. Regierungsvertreter und Mitglieder des Königshauses werden nicht zur Fußball-WM nach Russland reisen. Russischer Staatsbesitz werde eingefroren, wo immer die Regierung Belege habe, dass er für Geheimoperationen gegen Großbritannien genutzt werde. Zudem verschärft London Kontrollen von Privatfliegern, beim Zoll und Frachtverkehr.

Moskau nennt Sanktionen "inakzeptabel"

Als Reaktion will Russland nun seinerseits britische Diplomaten des Landes verweisen. Man werde mit den Ausweisungen in Kürze beginnen, zitierte die Nachrichtenagentur RIA den russischen Außenminister Sergej Lawrow am Donnerstag. Das russische Außenministerium wertete die von Premierministerin Theresa May verkündeten Sanktionen als "beispiellose grobe Provokation".

Es sei inakzeptabel, dass die britische Regierung zu Sanktionen greife. London opfere zur Durchsetzung seiner politischen Interessen die diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern. Das Verhältnis zwischen Russland und Großbritannien ist schon lange angespannt. Bereits mehrfach haben London und Moskau gegenseitig Diplomaten ausgewiesen.

Zuvor hatte Russland ein britisches Ultimatum zur Aufklärung der Herkunft des bei dem Attentat verwendeten Nervengifts verstreichen lassen. Die extrem gefährliche Substanz war einst in der Sowjetunion entwickelt worden. Woher das Gift für den Anschlag kam, ist nicht geklärt. Moskau wies die britischen Vorwürfe vehement zurück und drohte Konsequenzen an. Ein exakter Zeitpunkt wurde dafür allerdings nicht genannt.

"Leugnungen, Ablenkungen und Drohungen"

Im UN-Sicherheitsrat in New York lieferten sich die beiden Länder am Mittwoch bei einer kurzfristig einberufenen Sondersitzung einen Schlagabtausch. Premierministerin May sorge für eine "hysterische Atmosphäre", sagte der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja. Moskau habe "nichts mit diesem Zwischenfall" um Skripal zu tun. "Wir haben nichts zu befürchten und nichts zu verbergen", so Nebensja.

Großbritannien werde sich nicht von Russlands "Leugnungen, Ablenkungen und Drohungen" beirren lassen, entgegnete der britische UN-Botschafter Jonathan Allen. Er warf Moskau einen Verstoß gegen die Chemiewaffenkonvention vor. Russland habe das Nervengift Nowitschok nicht deklariert, als es die Organisation für das Verbot Chemischer Waffen über die Zerstörung seiner Chemiewaffenbestände informiert habe. UN-Generalsekretär António Guterres hatte sich zuvor "zutiefst besorgt" über die Lage gezeigt.

Auch Washington nennt Moskau schuldig

Die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Nikki Haley, bekräftigte in der Sitzung, die USA seien mit Großbritannien absolut solidarisch. "Die USA gehen davon aus, dass Russland für den Angriff auf zwei Menschen im Vereinigten Königreich verantwortlich ist, bei dem militärisches Nervengift eingesetzt wurde." Sie rief den UN-Sicherheitsrat auf, "umgehend konkrete Maßnahmen" in dem Fall zu ergreifen.

US-Regierungssprecherin Sarah Sanders sagte in Washington, das Weiße Haus teile Londons Einschätzung, dass Moskau für die "abscheuliche Attacke" auf Skripal verantwortlich sei. Das Giftattentat auf den Ex-Agenten passe in ein Muster Russlands, internationales Recht zu missachten, die Souveränität anderer Länder zu untergraben und Versuche anzustellen, "westliche demokratische Institutionen und Prozesse zu unterwandern und zu diskreditieren."

Merkel zurückhaltend

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte Moskau zu Transparenz auf. Die Befunde der britischen Regierung seien ernst zu nehmen, sagte Merkel am Mittwochabend in der ARD-Sendung "Farbe bekennen". Dennoch könnten nicht alle Kontakte abgebrochen werden, "denn man muss ja auch mit den russischen Verantwortlichen immer wieder sprechen, trotz aller Meinungsverschiedenheiten".

Der französische Außenminister Jean-Yves Le Drian kündigte am Mittwochabend in Paris an, eine Antwort auf den Giftanschlag mit London abzustimmen. Es sei nicht nur die Sicherheit eines der wichtigsten Verbündeten Frankreichs betroffen, sondern auch die europäische Sicherheit, sagte er.

Präsidentschaftskandidatin für Sanktionen

Für Sanktionen gegen die Eliten in ihrem Land sprach sich auch die russische Präsidentschaftskandidatin Xenija Sobtschak aus. "Sollte Moskau hinter dem Nervengiftanschlag stecken, sind neue Sanktionen des Westens unausweichlich", sagte die russische TV-Ikone der "Bild"-Zeitung. Auch Konzerne wie die Energieriesen Rosneft oder Gazprom müssten ins Visier genommen werden. Sobtschak ist die einzige Frau bei der Wahl an diesem Sonntag. Ihre Bewerbung ist chancenlos – Umfragen zufolge ist Wladimir Putins Sieg sicher.

Der Ex-Doppelagent Sergei Skripal (66) und seine Tochter Julia (33) waren am 4. März bewusstlos auf einer Parkbank in der südenglischen Kleinstadt Salisbury entdeckt worden. Sie befanden sich am Mittwoch weiter in kritischem Zustand. Nach britischen Angaben wurden sie Opfer des chemischen Kampfstoffes Nowitschok. Das Attentat auf Skripal erinnert an den Fall des Ex-Agenten Alexander Litwinenko, der 2006 in London mit radioaktivem Polonium vergiftet wurde. Auch damals führten die Spuren der Täter nach Moskau.

Verwendete Quellen
  • dpa, AP, Reuters
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