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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Abkommen mit der Ukraine Markiert dieser Satz die Trump-Kehrtwende?
In der Trump-Regierung deutet sich ein Kurswechsel an, der von neuer Schärfe gegenüber dem Kreml zeugt. Besonders ein Satz lässt aufhorchen.
Es ist nur ein Satz – doch er könnte die Kehrtwende von Donald Trump in Bezug auf seine Russland-Politik markieren. Bislang fiel Trump besonders durch eine bemerkenswerte Nähe zum Kreml auf. Seine Rhetorik schonte Wladimir Putin nicht nur, sondern Trump bewunderte ihn mitunter offen. Er bezeichnete den Kremlchef als "genial" und "smart" – und weigerte sich, Putin als "Diktator" zu bezeichnen. Auch kündigte er mehrfach an, die Nato zu verlassen – ganz im Sinne russischer Interessen.
Besonders in Bezug auf Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine vermied der US-Präsident bislang, sich klar gegen Putin zu positionieren. Mehr noch: Beim Eklat im Weißen Haus Ende Februar schob er gar dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj die Schuld für den Krieg zu.
Nun aber ändert sich der Ton der Trump-Regierung. Besonders ein Satz sticht dabei hervor – aus der Videobotschaft nach Unterzeichnung des Rohstoffabkommens zwischen den USA und der Ukraine. Er kommt von Finanzminister Scott Bessent.
- Nobelpreisträger im Interview: "Nun gebärdet Trump sich noch aggressiver"
Rohstoffabkommen zwischen USA und Ukraine unterzeichnet
Er wolle klar sagen: "Kein Staat und keine Person, die die russische Kriegsmaschinerie finanziert oder beliefert hat, wird vom Wiederaufbau der Ukraine profitieren dürfen." Bessent sprach zudem von einer "umfassenden Invasion" Russlands in der Ukraine. Das ist eine Formulierung, die die Regierung in Washington bisher umging.
Zuvor hatten sich die USA und die Ukraine nach langem Ringen auf die Einrichtung eines Wiederaufbaufonds geeinigt, der den Vereinigten Staaten auch Zugang zu Bodenschätzen in dem von Russland angegriffenen Land gewähren soll. Beide Seiten bestätigten die Einigung am Mittwochabend (Ortszeit) in Washington, gaben aber nur wenige Details preis. Jüngst wurde bekannt, dass die Trump-Regierung den Waffenexport an die Ukraine ermöglicht – durch sogenannte direkte kommerzielle Verkäufe.
Das Abkommen wurde in einer entscheidenden Phase in den Verhandlungen über ein Friedensabkommen geschlossen: US-Präsident Donald Trump drängt auf ein rasches Ende des Krieges in der Ukraine und zeigte sich zuletzt entnervt über die ausbleibenden Fortschritte.
Russland wiegelte bislang jedoch ab. Russland sei den USA dankbar für ihre Bemühungen um Frieden und bereit zu direkten Beratungen mit der Ukraine, sagte Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow am Mittwoch vor der Unterzeichnung des Rohstoffabkommens zwischen den USA und der Ukraine.
Putin sei offen für einen Frieden mit der Ukraine und arbeite intensiv mit den USA zusammen. Allerdings sei der Konflikt so kompliziert, dass die von den USA angestrebten schnellen Fortschritte nur schwer zu erreichen seien.
Tête-à-Tête im Petersdom
Möglicher Auslöser der Kehrtwende Trumps ist ein Tête-à-Tête mit dem ukrainischen Präsidenten am vergangenen Samstag. Am Rande der Trauerfeier nach dem Tod von Papst Franziskus kamen die beiden Staatschefs zu einem Gespräch zusammen. Bilder davon, wie sich die beiden auf zwei Stühlen gegenübersitzen, gingen um die Welt.
Selenskyj sprach anschließend von einem "guten Treffen" mit Trump. "Wir konnten vieles besprechen und ich hoffe auf Ergebnisse", schrieb das ukrainische Staatsoberhaupt auf der Plattform X. "Es ging um einen vollgültigen und bedingungslosen Waffenstillstand und schließlich einen verlässlichen und nachhaltigen Frieden, der einen künftigen Krieg verhindern kann", so Selenskyj. Es sei ein bedeutendes Treffen gewesen, das "Geschichte schreiben könnte".
Angesprochen darauf, was er Selenskyj gesagt habe, antwortete Trump nun im US-Fernsehen. Er habe dem Ukrainer geraten, ein Abkommen zu unterzeichnen, "weil Russland viel größer und viel stärker ist".
Auch das US-Portal "Axios" schrieb jetzt unter Berufung auf Insider, Selenskyj habe gesagt, dass Putin nicht nachgeben werde, wenn die USA nicht mehr Druck auf Russland ausübten. Trump antwortete demnach, dass er womöglich seine Haltung gegenüber Putin ändern müsse.
Über was Trump und Selenskyj gesprochen haben sollen
Selenskyj drängte den US-Präsidenten dem Bericht zufolge auch, zu seinem ursprünglichen Vorschlag eines bedingungslosen Waffenstillstands als Ausgangspunkt für Friedensgespräche zurückzukehren. Diesen hatte die Ukraine akzeptiert, Russland jedoch nicht. Trump schien zuzustimmen, berichteten die Quellen "Axios".
Einer Anerkennung der annektierten Krim als russisch werde Selenskyj derweil nicht zustimmen. Trump habe verdeutlicht, dass dies auch nicht sein Anliegen bei einem Friedensabkommen sei.
Auch Trump soll ein Anliegen geäußert haben. So soll er Selenskyj erneut dazu gedrängt haben, das geplante Rohstoffabkommen zwischen den USA und der Ukraine zu unterzeichnen. Dieser Wunsch wäre ihm nun erfüllt.
Trump setzte Selenskyj unter Druck
Bereits in der Vergangenheit setzte der Republikaner die Ukraine bei der Ressourcen-Frage massiv unter Druck. Er betrachtete potenzielle Gewinne aus dem Rohstoffabbau als Ausgleich für finanzielle und militärische Unterstützung der USA.
Nach der nun getroffenen Vereinbarung betonte Trump, dass die USA viel mehr zurückbekommen würden, als sie bisher investiert hätten. Er bekräftigte seine Sichtweise, dass eine wirtschaftliche Präsenz der USA in der Ukraine auch eine Sicherheitsgarantie für das Land darstelle.
In der Ukraine befinden sich rund fünf Prozent der weltweiten Bodenschätze. Diese sind jedoch zum Großteil bisher nicht erschlossen und schwierig abzubauen. Viele Vorkommen befinden sich zudem in den besetzten Gebieten unter russischer Kontrolle.
USA planen offenbar Sanktionen gegen Russland
Nach dem Treffen mit Selenskyj im Petersdom kritisierte der US-Präsident jüngst bereits Putin und fragte, ob der Kremlchef überhaupt ein Interesse daran habe, den Krieg zu beenden. Trump drohte Russland zudem mit Sanktionen.
Er schrieb auf dem Rückflug von Rom in die USA auf seinem Online-Netzwerk Truth Social, dass es für Putin keinen Grund gegeben habe, in den vergangenen Tagen Raketen auf zivile Gebiete, Städte und Dörfer in der Ukraine zu feuern. "Es bringt mich zum Nachdenken: Vielleicht will er den Krieg gar nicht beenden, sondern hält mich nur hin – und muss anders behandelt werden (...)", schrieb Trump weiter.
Der US-Präsident nannte als Beispiel sogenannte Sekundärsanktionen, also Maßnahmen gegen Drittländer, Unternehmen oder Einzelpersonen, die weiterhin mit Russland Geschäfte machen. Er deutete auch an, Russland noch weiter vom internationalen Bankensystem abschneiden zu wollen. Ungewöhnlich scharfe Worte für Trump.
Und tatsächlich: Nach einem Bericht des "Wall Street Journal" plant der prominente republikanische Senator Lindsey Graham, ein enger Vertrauter von Donald Trump, zusätzliche Sanktionen gegen Russland. Zudem erwägt er die Einführung hoher Zölle für Staaten, die russisches Öl, Gas und Uran erwerben. Die Unterstützung im Senat ist breit.
Diese Maßnahmen "brechen Russlands Wirtschaft die Knochen", sagte Graham dem Bericht zufolge. "Die meisten Senatsmitglieder denken, dass Putin sich gegen eine Verhandlungslösung sträubt, und dass er barbarisch und schamlos gegen die Ukraine vorgeht", so Graham. Durch das Sanktionspaket werde deutlich, "wer hier der größte Übeltäter ist".
- Eigene Recherche
- Wall Street Journal: "Trump Ally Lindsey Graham Pushes Russia Crackdown" (englisch)
- Deutsche Welle: "Warum Russland Sekundärsanktionen so fürchtet"
- cbsnews.com: "U.S. and Ukraine sign minerals deal, Treasury Department announces" (englisch)
- home.treasury.gov: "Treasury Announces Agreement to Establish United States-Ukraine Reconstruction Investment Fund" (englisch)
- Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa und Reuters