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Hamas-Angriff auf Israel: Westlichen Experten zufolge ist Iran involviert


Wer bewaffnet die Hamas?
Die Spuren führen nach Teheran

Von t-online, mk

11.10.2023Lesedauer: 4 Min.
urn:newsml:dpa.com:20090101:231010-99-516170Vergrößern des BildesEin israelischer Feuerwehrmann in Ashkelon: "Der Angriff aus der Luft wurde ganz sicher außerhalb des Gazastreifens trainiert". (Quelle: Ohad Zwigenberg)
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Seit den 90er-Jahren hilft Iran der Hamas dabei, Israelis zu ermorden. Aber ist Teheran auch in die Planung der Massaker vom Wochenende verwickelt?

Der Terrorangriff der Hamas gegen Israel ist beispiellos. Mindestens 1.200 Menschen haben die Islamisten bei dem Überfall am Wochenende ermordet, fast 3.000 zum Teil schwer verletzt und Dutzende als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Westliche Regierungsexperten sind sich sicher: Ohne Hilfe von außen können die Palästinenser die Attacke nicht geplant und vorbereitet haben – und sie äußern einen klaren Verdacht.

"Ohne Zweifel ist der Iran in diesen Angriff verwickelt", sagte schon am Montag Jonathan Finer, der stellvertretende Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden. "Der Iran ist seit Jahrzehnten der Hauptunterstützer der Hamas. Der Iran liefert ihnen Waffen. Der Iran finanziert und trainiert die Terroristen." Die Regierung in Teheran bestreitet eine Beteiligung an den Massakern der Hamas in Israel, doch die Beweislage gegen das Mullah-Regime erscheint als erdrückend.

Training außerhalb des Gazastreifens?

Hamas-Chef Ismail Haniyya selbst hat in einem Interview bestätigt, dass seine Organisation allein voriges Jahr knapp 66 Millionen Euro aus Teheran erhalten habe, berichtet die "Washington Post". Einem Bericht des US-Außenministeriums von 2020 zufolge überweist der Iran jedes Jahr etwa 95 Millionen Euro an palästinensische Terrorgruppen, neben der Hamas beispielsweise auch an den Islamischen Dschihad, der ebenfalls in Gaza operiert. Doch die Unterstützung Teherans endet nicht bei Finanzhilfen.

Angesichts der Komplexität des palästinensischen Überfalls gehen Militärexperten davon aus, dass die Aktion auch außerhalb des gut überwachten Gazastreifens geübt worden sein muss. Hunderte Terroristen überwanden am Samstagmorgen gleichzeitig die Grenzbarrieren nach Israel. Die Angreifer kamen in Fahrzeugen, aber auch in Booten über das Wasser und in motorisierten Paraglidern aus der Luft. "Der Angriff aus der Luft wurde ganz sicher außerhalb des Gazastreifens trainiert", sagte CIA-Nahostexperte Marc Polymeropoulos der "Washington Post".

Hamas feuert Tausende Raketen ab

Der Zeitung zufolge gehen westliche Regierungsvertreter davon aus, dass zumindest einige Hamas-Terroristen im Libanon ausgebildet wurden – von den iranischen Revolutionsgarden und ihren engen Verbündeten, der Terrororganisation Hisbollah. "Sie verfolgen dabei den Ansatz, Ausbilder auszubilden", sagt Michael Knights, der sich mit den Aktivitäten iranisch-unterstützter Milizen im Nahen Osten beschäftigt. "Es braucht ja nicht viel Training, um eine Drohne bedienen zu können", so Knights. Der koordinierte Großangriff vom Samstag brauche dagegen viel Übung, so der Militärexperte.

"Sie haben eine ganze Reihe stark befestigter Posten durch einen sehr ausgefeilten Angriff mit verschiedenen Waffen erobert", so Knights. "Das gelingt nicht einfach so ohne Training." Während des Überraschungsangriffs feuerte die Hamas auch etwa 4.000 Raketen und Kamikazedrohnen auf Israel ab. Die Menge der Geschosse übertraf jeden bisherigen Raketenangriff der Hamas und führte zeitweise zur Überlastung des israelischen Abwehrschirms "Iron Dome", sodass viele Raketen und Drohnen einschlugen. Bei der Herstellung der Geschosse soll ebenfalls der Iran geholfen haben.

Der Iran hilft Hamas beim Raketenbau

Schon früher soll der Iran Raketen und Waffen von Ägypten aus in den Gazastreifen geschmuggelt haben. Vor einigen Jahren zerstörte Ägypten dann die Schmugglertunnel zwischen der Halbinsel Sinai und dem Gazastreifen. In der Folge soll der Iran dazu übergegangen sein, eine heimische Raketenproduktion im Gazastreifen aufzubauen. "Aus Sicht des Iran ist es besser, seine Verbündeten mit der Fähigkeit auszustatten, selbst Waffen zu produzieren, als auf Lieferwege angewiesen zu sein, die geschlossen werden können", zitiert die "Washington Post" den US-Militärexperten Michael Eisenstadt.

Die ersten selbst hergestellten Raketen habe die Hamas im Jahr 2001 abgefeuert, aus Abflussrohren und mit Treibstoff, der aus Zucker und anderen leicht verfügbaren Materialien gewonnen wurde. "Seitdem hat der Iran die Hamas bei der Entwicklung ihres Raketenprogramms massiv unterstützt", so Michael Eisenstadt. "Raketen sind die Hauptwaffe aller iranischen Verbündeten von der Hamas im Gazastreifen über die Hisbollah im Libanon bis zu den Huthi-Rebellen im Jemen."

Gaza ist nicht hermetisch abgeriegelt

Zu den an die Hamas gelieferten Waffen gehören offenbar auch schultergestützte Flugabwehrsysteme, wie dieses auf Twitter verbreitete Video vom Wochenende zeigen soll:

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Ganz zum Erliegen kam der Waffenschmuggel nach Gaza aber auch nach der Zerstörung vieler Tunnel durch das ägyptische Militär nicht. So haben in der Vergangenheit immer wieder Schiffe aus dem Iran, aber auch aus Syrien, wasserdicht verpackte Waffenladungen vor dem Gazastreifen ins Meer geworfen, die dann mit der Strömung an die Küste gespült wurden. So konnten die Hamas und ihre Helfer die Kontrollen der israelischen Marine vor dem Gazastreifen umgehen.

Waffen dürften aber auch mit dem regulären Warenverkehr übers Land nach Gaza gelangt sein: Allein über den Grenzposten Erez fahren normalerweise Hunderte Lkw jeden Tag in das Gebiet – eine gründliche Kontrolle all dieser Lieferungen durch den israelischen Grenzschutz ist schon logistisch unmöglich.

"Keine iranischen Militärberater im Gazastreifen"

Michael Eisenstadt zufolge haben sich Teheran und die Hamas seit den 1990er-Jahren immer weiter angenähert. Damals hätten die Mullahs nach Wegen gesucht, den Friedensprozess zwischen Israelis und Palästinensern zu torpedieren. Es seien die Iraner gewesen, die der Hamas die ersten Sprengstoffwesten für Selbstmordattentate geliefert hätten, so Eisenstadt. Während der sogenannten Zweiten Intifada zwischen 2000 und 2005 verübten palästinensische Terroristen 143 Selbstmordattentate in Israel, bei denen 513 Menschen getötet und 3.380 verletzt wurden.

Angesichts dieser Geschichte überrascht es nicht, dass iranische Staatsmedien und Machthaber Ali Khamenei persönlich den Überfall der Hamas und den Mord an Hunderten Israelis gefeiert haben. Ein Beweis für eine direkte Verwicklung des Iran in die Vorbereitung des Angriffs liegt bislang aber nicht vor – und könnte auch schwer zu finden sein.

"Der Iran unterstützt zwar die Hamas in ihrem Krieg gegen Israel, aber ihre Entscheidungen trifft die Hamas eigenständig", sagte CIA-Terrorexperte Bruce Riedel der "Washington Post". Die Hamas sei relativ selbstständig im Vergleich zu anderen von Teheran unterstützen Milizen, so Riedel. "Es gibt auch keine iranischen Militärberater im Gazastreifen, die mit der Hamas in Kontakt stehen und dann an Teheran berichten. Das macht es für westliche Geheimdienste umso schwieriger, ihre Kommunikation zu überwachen und einen Beweis für ihre Zusammenarbeit zu finden."

Verwendete Quellen
  • washingtonpost.com: Hamas received weapons and training from Iran, officials say (englisch)
  • state.gov: Country Reports on Terrorism 2020 (englisch)
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