Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Frieden mit Iran verkündet Damit hat Trump politischen Instinkt bewiesen
Trump inszeniert sich als Friedensbringer im Nahen Osten. Doch hinter der optimistischen Fassade lauern alte Fehler, neue Gefahren und ein Präsident, der womöglich viel lieber triumphiert als nachhaltig verhandelt.
Bastian Brauns berichtet aus Washington
Noch ist es viel zu früh, von einem Erfolg des US-Präsidenten zu sprechen. Donald Trump kündigt bereits einen Waffenstillstand an – und sogar Frieden zwischen Israel, den USA und dem Iran. Wie die Regierung in Teheran darüber denkt, ließ sich aus ihrem Schweigen nicht ablesen. Von einer Vereinbarung wollte der Außenminister des Iran nicht sprechen.
Was sich in den vergangenen zwei Wochen abspielte, war geopolitisch betrachtet ein wahrer Sturm. Alles ging atemberaubend schnell, schien unberechenbar und hatte zugleich eine enorme Tragweite. In nur zwölf Tagen eskalierte ein jahrelang schwelender und immer wieder aufflammender Konflikt zwischen der Islamischen Republik Iran und der Allianz aus Israel und den USA.
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Die offene militärische Konfrontation drohte jederzeit, in einem Flächenbrand im Nahen Osten zu enden. Dieser hätte das Machtgefüge der ganzen Welt in Mitleidenschaft ziehen können. Während Experten darüber brüteten, ob ein neuer amerikanischer Krieg in der Region noch verhindert werden kann, preschte Trump plötzlich vor und verkündete im Alleingang Frieden und Harmonie.
Trump steht an einem Wendepunkt
Das ist keine klassische Diplomatie, es wirkt vollkommen verrückt. Aber vielleicht ist es genau das, was in diesem Moment wirkt. Und die Welt kann dankbar sein, dass offenbar weder der Iran, noch Israel oder die USA weiter eskalieren wollen, beziehungsweise weiter eskalieren können.
Das entlastet Trump und sein Vorgehen keineswegs. Berechtigterweise werden Fragen dazu gestellt, ob er mit seinem Militärschlag gegen den Iran völkerrechtswidrig gehandelt oder gegen die US-Verfassung verstoßen hat.
Klar ist: Der amerikanische Präsident steht nun an einem Wendepunkt. Er hat die seltene Gelegenheit, einen mutmaßlichen militärischen Erfolg in strategische Stabilität zu überführen. Diese Chance muss er jetzt ergreifen. Ob ihm das gelingt, ist zur Stunde offen und wird sich ohnehin erst langfristig zeigen.
Iran wirkt extrem geschwächt
Der Augenblick dafür scheint günstig. Denn das iranische Regime wirkt so schwach wie lange nicht. Teherans Entscheidung, nur mit einem symbolischen, aber militärisch wirkungslosen Raketenangriff auf US-Streitkräfte in Katar und im Irak zu antworten, war entlarvend. Die Mullahs warnten ihren anvisierten Gegner sogar vor; die amerikanischen Raketenabwehrsysteme neutralisierten den Angriff ohne Probleme.
Das tat das iranische Regime keineswegs aus Freundlichkeit gegenüber dem verhassten Feind. Es war vielmehr eine versteckte Kapitulation, bei der der iranische Führer Ali Chamenei vielleicht ein letztes Mal versuchte, das Gesicht zu wahren und an der Macht zu bleiben. Er muss wissen, dass ein direkter Krieg mit den USA einem Selbstmord gleichkäme.
Davon profitiert zwar auch Trump, denn eine solche, womöglich langwierige Auseinandersetzung könnte ihm im kriegsmüden Amerika politisch gefährlich werden. Doch in diesem Fall saß er wohl am längeren Hebel und hat die Signale der Schwäche richtig gedeutet. Ob das von strategischer Klarheit zeugt, muss sich, wie gesagt, langfristig zeigen. Politischen Instinkt aber hat Trump zumindest bewiesen.
Jetzt bloß keine Überheblichkeit
Wie also nun umgehen mit einer iranischen Regierung, die durch koordinierte israelisch-amerikanische Angriffe enorm geschwächt worden ist? Das Kräfteverhältnis im Nahen Osten hat sich zumindest vorübergehend extrem verschoben. Große Teile der iranischen militärischen Führung wurden getötet, die Raketenkapazitäten reduziert und sogar der Repressionsapparat gegen das eigene Volk wurde schwer getroffen. Zudem sind die Terror-Stellvertreter des Iran in einem jämmerlichen Zustand – die Hamas im Gazastreifen, die Huthis im Jemen und die Hisbollah im Libanon.
Die erste Gefahr aber lautet angesichts des momentanen Erfolgs: vorzeitiges Triumphieren. Der Iran ist nicht besiegt. Mutmaßlich besitzt er noch immer angereichertes Uran, verfügt über weitere, verdeckte Kapazitäten und offenkundig auch über einen ausgeprägten Willen zum Wiederaufbau. Überheblichkeit ist fehl am Platz, weshalb der US-Präsident auch schleunigst aufhören sollte, über einen möglichen Regimewechsel zu fabulieren. Das ging schon viele Male in der Geschichte schief.
Den USA und auch Israel ist womöglich ohnehin besser damit gedient, weiter mit dem bisherigen iranischen Regime zu arbeiten. Es ist zumindest eine bekannte Größe, erscheint berechenbar – und schwach. Chaos im Land würde die Lage aus sicherheitspolitischer Sicht wohl nur verschlimmern.
Was nun folgen sollte
Trump sollte nun erstens darauf bestehen, dass der Iran die internationalen Inspektoren der IAEA (Internationale Atomenergie-Organisation) wieder ins Land lässt und mit diesen auch in jeder Hinsicht kooperiert. Nur so besteht eine Chance, dass die Welt künftig über den Stand der zivilen und nicht zivilen nuklearen Ambitionen des Iran Bescheid weiß.
Zweitens sollte Trump, wenn er seine Forderung nach "Frieden und Harmonie" im Nahen Osten ernst meint, dem Iran auch etwas anbieten. Das von den jahrelangen (berechtigten) Sanktionen stark in Mitleidenschaft gezogene Land – und vor allem seine Bevölkerung – muss Licht am Ende des Tunnels sehen. Die Erleichterungen sollten aber mit konkreten Forderungen verbunden werden. Der Iran sollte vorher etwa jegliche militärische Unterstützung für völkerrechtswidrige Aktionen einstellen. Das gilt für Waffenlieferungen an Terroristen ebenso wie für den Einsatz iranischer Drohnen im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine.
Drittens müsste Trump eine andere Sprache verwenden, um nicht weiter Wut und Revanchegedanken bei den Besiegten zu schüren.
Und viertens sollte der US-Präsident all diese Punkte unbedingt durchhalten.
Was wohl kaum folgen wird
Doch hier wird die Freude über einen greifbaren Frieden auch schon getrübt. Denn Donald Trump ist Donald Trump. Voraussichtlich wird er weder seine Sprache ändern, noch wird er die Fokussierung und jenen langen Atem aufbringen wollen, die für eine langfristige Friedenssicherung notwendig sind.
Es liegt also an Trump: Entweder wird er der Zerstörer aller Abkommen bleiben oder er wird wirklich zum Architekten einer neuen Ordnung im Nahen Osten. Nur dann kommt er seinem heimlichen Traum vom Friedensnobelpreis zumindest ein Stückchen näher.
- Eigene Überlegungen