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Trump respektiert Merz: Wie Deutschland von der Anerkennung profitiert


Transatlantische Partnerschaft
Deutschland ist Trumps neuer Liebling

  • Bastian Brauns
MeinungEin Kommentar von Bastian Brauns

Aktualisiert am 05.08.2025 - 08:09 UhrLesedauer: 4 Min.
Bundeskanzler Friedrich Merz und US-Präsident Donald Trump: Anerkennung mit Risiken.Vergrößern des Bildes
Bundeskanzler Friedrich Merz und US-Präsident Donald Trump: Anerkennung mit Risiken. (Quelle: LUDOVIC MARIN)
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Donald Trump denkt offenbar viel besser über Deutschland, als man lange meinen konnte. Das liegt auch an Bundeskanzler Friedrich Merz. Doch ausgerechnet das ist nicht unbedingt ein Vorteil für Deutschland – zumindest auf den ersten Blick.

Bastian Brauns berichtet aus Washington

Jahrelang schimpfte Donald Trump besonders gerne über Deutschland. Immer wieder teilte er aus gegen die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel, gegen Nord Stream 2, säumige Nato-Beiträge und die deutsch-amerikanische Außenhandelsbilanz.

Doch schon in seiner ersten Amtszeit verbarg sich hinter Trumps Polemik eine Art stiller Respekt. Nicht etwa für die deutsche Kultur oder bestimmte Landschaften. Berlin hat keinen prunkvollen Élysée-Palast wie Paris, für den der Präsident etwa Emmanuel Macron beneidet. Und auch keine menschenleeren, saftig-grünen Hänge wie über den Klippen von Schottland, wo er seine Golfplätze bauen kann.

Trump bewundert Deutschland für seine wirtschaftliche Stärke. Er ärgerte sich nie über deutsche Schwäche, sondern darüber, dass die USA Deutschland seiner Ansicht nach gewissermaßen auf eigene Kosten durchfüttern würden – verteidigungspolitisch, energiepolitisch, handelspolitisch.

Merz-Effekt? Wie sich alles wandelte

Diese Zeiten sind vorbei. Mit Friedrich Merz (CDU) als neuem Bundeskanzler hat sich das Verhältnis grundlegend gewandelt. Trump respektiert Merz – das berichten Menschen mit Kontakten im Umfeld des Präsidenten. Das zeigt sich aber auch in Trumps Umgang mit dem deutschen Regierungschef, etwa bei Merz' Antrittsbesuch im Oval Office Anfang Juni. Auch zuletzt der Antrittsbesuch von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) bei Pete Hegseth lief geräuschlos und wertschätzend ab.

Aktuell ist Finanzminister Lars Klingbeil auf explizite Einladung von Finanzminister Scott Bessent zu Gast in Washington. Und auch diesem SPD-Minister schlägt offenbar viel Sympathie entgegen. Scott Bessent soll Trump sogar vor einiger Zeit geraten haben, Deutschland in Wirtschaftsfragen zur Priorität zu machen. Mehr dazu lesen Sie bei meinem Kollegen Daniel Mützel, der Klingbeil auf seiner USA-Reise begleitet hat.

Am liebsten sähen die Amerikaner – und daraus machen sie kein Geheimnis – viel engere Beziehungen zur Bundesrepublik. Natürlich abseits der komplizierten Europäischen Union.

Strategisches Kalkül: Deutschland als europäischer Statthalter

Doch diese Wertschätzung hängt nur oberflächlich mit Merz' Person zusammen. Entscheidend sind strategische Erwägungen der Amerikaner: Schon die Biden-Regierung, aber nun auch Kräfte in Trumps Team wollen Deutschland als Hauptansprechpartner in Europa etablieren – wirtschaftlich wie militärisch. Ganz eigennützlich, schließlich will man sich vorrangig um China kümmern.

Die Voraussetzungen dafür haben sich dramatisch verbessert: Nord Stream 2 ist Geschichte, Deutschland kauft amerikanisches Flüssiggas (LNG), unterstützt die Ukraine massiv und hat sich für das Fünf-Prozent-Verteidigungsziel des Nato-Bündnisses starkgemacht. Trotz eigener Nachteile für die deutsche Industrie stimmte Berlin nun sogar fast ohne öffentliches Murren dem umstrittenen EU-Zolldeal mit den USA zu.

Video | Trump schwärmt von dieser Schauspielerin
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Quelle: t-online

Das Trump-Paradoxon

Trumps Respekt vor Deutschland wächst jetzt womöglich paradoxerweise noch weiter, weil Merz sich nicht hat ködern lassen. Statt bilateraler Sonderwege ließ die Bundesregierung die EU-Kommission verhandeln und betonte Europas Bedeutung für Deutschland. Eine Lektion lässt sich aus dem Umgang mit dem oft wechselhaft agierenden Trump tatsächlich ableiten: Er schätzt Standhaftigkeit, auch wenn sie gegen ihn gerichtet ist.

Aber was nützt diese amerikanische Anerkennung, wenn die deutsche Wirtschaft jetzt unter erschwerten Exportbedingungen, schwächerem Wachstum und höheren Schulden leidet?

Der Preis der Anerkennung

Hier zeigt sich das Dilemma: Ohne die EU wäre Deutschland niemals so stark geworden, wie es heute ist. Die Bundesrepublik verdankt ihre wirtschaftliche Macht dem Binnenmarkt, der gemeinsamen Währung und auch der kollektiven Verhandlungsstärke einer Region mit 450 Millionen Menschen. Das bedeutet bisweilen aber auch: kurzfristiges Zurückstecken, um langfristig zu profitieren. So zumindest lautet die riskante Wette.

Sie einzugehen, ist nicht falsch. Denn Trump erkennt längst, dass die EU als Ganzes eine Supermacht darstellt. "They are tough", sagt er in den vergangenen Monaten immer wieder anerkennend über die Europäer. Militärisch mag Europa zwar noch verwundbar sein. Daher kann Trump Europa angesichts der russischen Bedrohung auch nach wie vor wirksam erpressen. Wirtschaftlich aber sieht er die Europäer als extrem starken Wettbewerber.

Gemeinsam stark statt einsam respektiert

Darum war es strategisch klug, dass Europa diese Stärke zunächst nicht voll ausgespielt hat. Und dass auch Deutschland diese Entscheidung mitgetragen hat. Denn gelingt es der EU, unter deutscher Führung, die gewonnene Zeit zu nutzen, um insbesondere die gemeinsame militärische Eigenverantwortung konsequent zu stärken, ist das gut für alle Staaten.

Wenn sich die Partner jetzt nicht in nationalen Einzelinteressen verlieren, könnte Trumps Anerkennung am Ende für ganz Europa so groß werden, wie sie für Deutschland bereits ist. Das wäre am Ende ein Gewinn für beide Seiten des Atlantiks.

Deutschland profitiert von Trumps Respekt nur dann nachhaltig, wenn es ihn nicht isoliert genießt, sondern als Teil eines starken Europas. Die Bundesregierung hat hier bislang geschickt agiert, auch wenn das nicht einfach zu vermitteln ist – weder der heimischen Industrie noch der eigenen Bevölkerung.

Wichtig ist es jetzt, diesen Weg immer weiter zu beschreiten. Nur dann wird aus der Durststrecke wieder ein Spaziergang. Auch wenn bei Trump immer alles anders kommen kann. Fürs Erste aber läuft es für Europa und Deutschland besser, als viele zu hoffen wagten.

Verwendete Quellen
  • Eigene Überlegungen und Recherchen
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