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Donald Trump ist scharf auf Grönland – und schlug bizarren Tausch vor


Machtspiele in der Arktis
Trump ist scharf auf Grönland – und schlug bizarren Tausch vor

dpa, Steffen Trumpf, Jörn Petring und Christian Thiele

Aktualisiert am 20.08.2020Lesedauer: 4 Min.
Ein Eisberg in Grönland, Donald Trump und eine Palmenlandschaft in Puerto Rico: Offenbar wollte der US-Präsident Inseln tauschen. (Collage)Vergrößern des BildesEin Eisberg in Grönland, Donald Trump und eine Palmenlandschaft in Puerto Rico: Offenbar wollte der US-Präsident Inseln tauschen. (Collage) (Quelle: Karl Petersen, Matt York, robertharding/imago-images-bilder)
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Grönland statt Karibik? Das könnte dem US-Präsidenten so passen. Die Insel in der Arktis hat für ihn einen viel höheren Wert als ein bei ihm unbeliebtes US-Außengebiet.

Donald Trump will Grönland – und das aus gutem Grund. Die riesige Arktis-Insel, die zum kleinen Dänemark gehört, ist aus strategischen Gründen sehr gefragt. Auch Russland und China liebäugeln mit mehr Einfluss im hohen Norden. Dänemark allerdings will Grönland nach wie vor auf keinen Fall hergeben. Die Antworten aus Nuuk und Kopenhagen auf das Kaufangebot von Donald Trump vor einem Jahr waren unmissverständlich: Nein, Grönland stehe natürlich nicht zum Verkauf, machte die grönländische Regierung dem US-Präsidenten ebenso klar wie Dänemarks Ministerpräsidentin Mette Frederiksen, die von einer "absurden Diskussion" sprach.

Trump war beleidigt. "So spricht man nicht mit den Vereinigten Staaten – zumindest unter mir", sagte er, nachdem er am 21. August 2019 kurz zuvor – stilecht per Twitter – eine Reise nach Kopenhagen kurzfristig und mit ausdrücklichem Verweis auf Grönland abgeblasen hatte.

Laut Angaben eines ehemaligen US-Regierungsmitarbeiters wollte der Präsident einst sogar Grönland gegen Puerto Rico tauschen. Das sagte der frühere Heimatschutzministeriums-Mitarbeiter Miles Taylor dem Fernsehsender MSNBC. Im Gegensatz zu Grönland hat das US-Außengebiet für den Präsidenten keinen Mehrwert, er bezeichnet es als "arm und schmutzig".

Pompeo flog statt nach Berlin lieber nach Kopenhagen

All das ist erst ein Jahr her, im Trump-Universum erscheint das aber wie eine Ewigkeit. Die Aufmerksamkeit für das politisch zum dänischen Königreich gehörende Grönland ist seitdem rapide gestiegen. Und auch das Buhlen der US-Regierung um wachsenden Einfluss auf der größten Insel der Erde hat nicht aufgehört: Erst schickte sie umgerechnet über elf Millionen Euro für zivile Projekte dorthin, im Juni wurde dann nach fast 70 Jahren wieder ein US-Konsulat in der grönländischen Hauptstadt Nuuk eröffnet. Und anstatt auf einer Kurzreise nach Europa in Berlin oder Paris Halt zu machen, schaute US-Außenminister Mike Pompeo vor knapp einem Monat woanders vorbei – in Kopenhagen.

"Dänemark ist in der Tat ein starker und nobler Partner der Vereinigten Staaten", sagte Pompeo bei der Stippvisite in der dänischen Hauptstadt. Von Krise zwischen den Nato-Partnern wegen der Grönland-Sache keine Spur. Stattdessen: viele nette Worte.

Die betont gute Stimmung konnte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass hinter Trumps Kaufangebot viel mehr steckte als eine spontane, nichtssagende Offerte unter Freunden. Den USA geht es nicht nur um die wertvollen Rohstoffe Grönlands und die Schifffahrtsrouten, die mit zunehmendem Klimawandel in der Arktis immer freier passierbar werden. Vielmehr wollen Trump und seine Regierung vor allem einen fernhalten, der sich gerne als "arktisnaher Staat" bezeichnet: China.

China will mehr Einfluss in der Arktis

China ist zwar kein Anrainerstaat, versucht aber trotzdem, seinen Einfluss in der Arktis zu stärken. In einem Positionspapier bezeichnete sich die Volksrepublik vor zwei Jahren erstmals selbst als einen "arktisnahen Staat", der in Teilen der Region das Recht auf Forschungsaktivitäten, Seefahrten, Überflüge, das Verlegen von Pipelines sowie die Ausbeutung von Rohstoffen habe. China betreibt bereits Forschungsstationen in der Region und baut für die Gewässer gerüstete Eisbrecher. Mit einem auf den Namen "polare Seidenstraße" getauften Investitionsprogramm verspricht Peking den Arktisstaaten zudem neue Chancen für ihre wirtschaftliche Entwicklung.

Auch Russland spielt in der Region gehörig mit. Das zum Arktischen Rat zählende Land hat es vor allem auf die Rohstoffe abgesehen. Es geht um riesige Öl- und Gasreserven, die Moskau auf dem Festland der Arktis für sich beansprucht – und das auch schon bei der UN geltend gemacht hat. Das schmelzende Eis dürfte dabei gelegen kommen, weil es den Abbau von Rohstoffen erleichtert. Und Kremlchef Wladimir Putin betont immer wieder, für wie bedeutsam er die Polarregion in geopolitischer Hinsicht hält. Erst vor wenigen Monaten unterzeichnete er die "Nationale Arktis-Strategie", die bis 2035 reicht.

USA haben Koordinator für Arktis benannt

Die USA beklagen schon lange den aus ihrer Sicht wachsenden Einfluss der Russen, den diese auch mit deutlicher Militärpräsenz und Manövern untermauern. Noch misstrauischer blickt Washington aber nach Peking – auch wegen der Arktis, wie Pompeo in Kopenhagen betonte.

Pompeos Ministerium hat Ende Juli eigens einen US-Koordinator für die Arktis ernannt: Der erfahrene Diplomat Jim DeHart soll die arktischen US-Interessen voranbringen. Die Mission ist klar: "Die USA spielen innerhalb der internationalen Gemeinschaft eine entscheidende Führungsrolle bei arktischen Angelegenheiten", wie es vom State Department hieß. Grönland und auch die ebenfalls zum Königreich Dänemark zählenden Färöer-Inseln betonen derweil vermehrt, dass sie sich eine größere bilaterale Zusammenarbeit mit den USA wünschen.

Die Arktis als Spielball zwischen den Weltmächten

Wird die Arktis somit immer stärker in Streitigkeiten zwischen den Weltmächten hineingezogen? Vor diesem Risiko warnen dänische Forscher bereits seit längerem. In einem Bericht zeigten Wissenschaftler des Dänischen Instituts für Internationale Studien (DIIS) zuletzt die wachsende strategische und wirtschaftliche Bedeutung der Region für die Weltmächte auf, während das Eis schmilzt.

Interessieren Sie sich für die US-Wahl? Unser Washington-Korrespondent Fabian Reinbold schreibt über seine Arbeit im Weißen Haus und seine Eindrücke aus den USA unter Donald Trump einen Newsletter. die dann einmal pro Woche direkt in Ihrem Postfach landet.

Dabei gebe es zwei Arten von Konfliktpotenzial, sagte der Hauptautor Mikkel Runge Olesen. Zum einen konkurrierten Staaten in der Region um Teile des Meeresbodens, die Rohstoffgewinnung und den Zugang zu neuen Seerouten. Zum anderen handele es sich um großpolitische Konflikte, in denen es zunächst nicht direkt um die Arktis gehe, bei denen diese aber zum Spielstein bei größeren Machtspielen werden könnte. Bei letzterem sehe man das größte Konfliktpotenzial, so Runge Olesen.

Dänemark demonstriert Einigkeit

Dänemark ist sich der Lage nur allzu sehr bewusst. "Mit dem gewachsenen internationalen Fokus auf die Arktis und den Nordatlantik bekommt unsere Zusammenarbeit in der Reichsgemeinschaft eine neue Dimension", erklärte Frederiksen zu Jahresbeginn. Nicht umsonst saßen beim Pompeo-Besuch in Kopenhagen neben dem dänischen Außenminister Jeppe Kofod noch zwei weitere mit am Tisch: die Außenbeauftragten Grönlands und der Färöer-Inseln, Steen Lynge und Jenis av Rana.

Obwohl Trumps Kaufangebot laut Kofod nicht noch einmal zur Sprache kam, dürfte Lynge und av Rana besonders ein Satz gefallen haben. "Wir diskutieren die Arktis nur gemeinsam und koordiniert mit Grönland und den Färöer-Inseln, und das in allen Aspekten der Arktis, darunter auch die Sicherheitspolitik", sagte Kofod. Wenn Trumps Offerte also eines bewirkt hat, dann dieses: Dänemark muss sich angesichts des wachsenden Interesses der Weltmächte stärker zeigen bei seinen Brüdern im Norden.

Verwendete Quellen
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