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Machtkampf in der CDU: Wann sich die Merkel-Nachfolge wirklich entscheidet


CDU-Machtkampf
Wann sich die Merkel-Nachfolge wirklich entscheidet

MeinungVon Gerhard Spörl

Aktualisiert am 28.09.2020Lesedauer: 4 Min.
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Kanzlerin Merkel und Armin Laschet: Wird der NRW-Ministerpräsident ihr Nachfolger? Das klärt sich noch nicht auf dem CDU-Parteitag im Dezember.Vergrößern des Bildes
Kanzlerin Merkel und Armin Laschet: Wird der NRW-Ministerpräsident ihr Nachfolger? Das klärt sich noch nicht auf dem CDU-Parteitag im Dezember. (Quelle: imago-images-bilder)

Im Machtkampf in der CDU hat sich Noch-Parteichefin Kramp-Karrenbauer mit den drei Kandidaten auf ein Verfahren geeinigt. Doch inmitten der Pandemie drohen die Bewerbungen zur Farce zu werden.

Die CSU ist eine moderne Partei. 800 Mitglieder haben am Samstag einen tadellosen Parteitag hingelegt. 800 Mitglieder fassten Beschlüsse, wonach ihre Partei weiblicher und grüner werden soll und Bayern sich in das deutsche Kalifornien verwandeln wird, ohne Brennmotoren ab 2035.

Unter der Regie von Markus Söder geht es machtvoll voran. Seine größte Leistung besteht darin, was er uns vergessen macht: dass er Bayern keineswegs alleine regiert, sondern in einer Koalition mit den Freien Wählern; und dass er gestern noch aus der CSU eine Über-AfD machen wollte.

Die Vorsitzendenwahl ist ein Problem

Jetzt also Frauen in herausgehobene Ämter und mehr Ökologie. Erinnert uns das an jemanden? Das ist die Methode Merkel: Übernimm von den ernstzunehmenden Gegnern, was die auszeichnet. Die Bundeskanzlerin sammelte-SPD-Substanz, Söder greift bei den Grünen ab.

Zugleich erzählte der CSU-Chef auf dem digitalen Parteitag, dass die CDU über drei hervorragende Kandidaten verfügt und er mit jedem von ihnen zusammen zu arbeiten gedenkt. Ansonsten behält er sich das Vorschlagsrecht für den Kanzlerkandidaten vor. Hat er das? Natürlich nicht. Weist ihn irgendjemand in die Schranken? Natürlich nicht.

Den Koryphäen der CDU dämmert schon länger, dass die Auswahl unter Laschet/Merz/Röttgen keine Auszeichnung ist, sondern ein Problem. Vor knapp zwei Jahren mochte das noch angehen, als Annegret Kramp-Karrenbauer das Schaulaufen in einer Hamburger Halle gewann. Unter Corona-Bedingungen ist die Dreier-Konkurrenz allerdings ein Alptraum.

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Stellen Sie sich das doch mal vor: Friedrich Merz sitzt oder steht irgendwo, ein paar Claqueure um sich, und hält eine flammende Rede ins Leere, denn die Großzahl der Delegierten sitzen im digitalen Irgendwo verteilt. Dann folgt ihm Armin Laschet aus dem Irgendwo und Norbert Röttgen spricht zu guter Letzt Bedeutungsvolles in den virtuellen Raum.

Es kann noch anders werden. Die Zahl der Kandidaten lässt sich schrumpfen. Zuerst könnte ein Kandidat einsehen, dass er nicht werden wird, was er werden wollte, und die Konsequenz ziehen. Und in Nähe zum 3. Dezember könnte es ihm ein zweiter nachmachen und die CDU vom Gespenst des digitalen Dreikampfs auf einem digitalen Parteitag befreien.

Röttgen schraubt seinen Preis in die Höhe

Auf Annegret Kramp-Karrenbauer kommt es jetzt an. Sie ist Parteichefin, auch wenn wir sie an den Rand unseres Bewusstseins gerückt haben. Als sie im Februar ihren Verzicht erklärte, sagte sie, sie werde den Übergang zu ihrem Nachfolger organisieren. Soll sie mal. An diesem Montag einigte sie sich mit den drei Kandidaten zumindest auf einen Fahrplan für den internen Wahlkampf.

Vielleicht nimmt sie bald auch das Sinnvolle auf sich und wendet sich an Norbert Röttgen. Sie könnte an die Größe erinnern, die im Verzicht liegt, und an die Priorität, der CDU nicht durch Sturheit zu schaden.

Dass er nicht gewinnt, weiß der Kandidat Röttgen natürlich auch. Wie es auf diesen Höhen der Politik üblich ist, schraubt er den Preis für den Rückzug höher, indem er noch ein bisschen im Rennen bleibt. Das liegt ebenso in der Logik des Metiers wie diese Logik schal und abstoßend wirkt.

Merz müsste der Nächste sein

Aus meiner Sicht wäre Friedrich Merz der Nächste, den es treffen sollte. Wie sehr er aus der Zeit gefallen ist, hat er mit der Analogie bewiesen, dass Homosexualität an Pädophilie grenzt. Dass er sich durch Nachinterpretation herauswinden wollte, machte ihn vollends unglaubwürdig. Hat er keine Berater? Bereitet er sich nicht auf Interviews vor? Der nahtlose Übergang von Lässigkeit zu Fahrlässigkeit lässt sich an ihm studieren.


Einsicht gehört nicht zu seinen größten Stärken. Das Reden über das große Ganze liegt ihm näher, Appelle an Europa inbegriffen, auch die Forderung nach dem Primat der Wirtschaft, aber sein Nachteil ist das Schweben im luftleeren Raum, ohne Amt, ohne Verantwortung.

Laschet bekommt mit Söder plötzlich einen Fürsprecher

Damit bliebe Armin Laschet alleine übrig. Bei seinen Auftritten in der vorigen Woche bei Maischberger und vor der Jungen Union in Hannover legte er wieder seine sympathische Souveränität an den Tag, die ihn auszeichnet und die für ihn wirbt. Seine schwächere Phase mit aufgeregten Haspeleien liegt vielleicht ja schon hinter ihm, und sofern er grobe Schnitzer bis zum 3. Dezember in Stuttgart vermeidet, dürfte er sich ohne große Schwierigkeiten durchsetzen.


Als Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen steht ihm die große Bühne offen. Neuerdings nutzt er sie, um seine Verbundenheit mit Markus Söder herauszustellen. Hört man ihm zu, dann ist der Unterschied zu Bayern im Zeichen der Pandemie minimal und die Wertschätzung für den Ministerpräsidenten richtig groß.

Da fügt sich günstig, dass gerade eine wohlwollende Biographie über Armin Laschet erschienen ist, geschrieben von zwei Journalisten. Solche Werke, egal wie gut sie sind, werden gerne prominent vorgestellt in nettem Rahmen. Und wer ist an diesem Mittwoch der Laudator für Laschet? Richtig, Markus Söder nimmt liebend gerne die Rezension auf sich und siedelt sie dort an, wohin sie gehört: im Kosmos der Pandemie und der Kanzlerkandidatenkür.

Echte Entscheidungen werden im stillen Kämmerlein gefällt

Wieder werden die beiden Nähe vorführen, selbstverständlich mit Ironie gewürzt. Wieder wird Markus Söder süffisante Bemerkungen über seine Heimat Bayern, die er nicht zu verlassen gedenkt, fallen lassen. Wieder wird jedes Wort von Armin Laschet gewogen werden. Und das Politikum, dass sich beide gegenseitig loben, wird ausführlich in den Zeitungen und im Fernsehen kommentiert werden.

Wirkliche Entscheidungen werden in der Öffentlichkeit vorbereitet und im stillen Kämmerlein gefällt. So ist das, und deshalb sollten wir genau hinhören. Nicht nur AKK dürfte nach und nach auf ein schlankeres Feld aus weniger Kandidaten dringen, auch Markus Söder, der Allzuständige, wird bald schon seinem Wunsch und Willen nach geklärten Verhältnissen Ausdruck verleihen.

Königsmacher ist eine schöne Aufgabe. König zu sein ist natürlich noch viel schöner, aber darüber können sich Armin Laschet und Markus Söder tief im nächsten Jahr verständigen.

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