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Gefahr durch Russland? Experte mahnt: "Das hängt nicht nur von Putin ab"


Gefahr durch Russland und China
"Das ist momentan unsere größte Herausforderung"

InterviewVon Marc von Lüpke

Aktualisiert am 14.06.2023Lesedauer: 3 Min.
Interview
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Der Gesprächspartner muss auf jede unserer Fragen antworten. Anschließend bekommt er seine Antworten vorgelegt und kann sie autorisieren.

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Xi Jinping und Wladimir Putin: Experte Carlo Masala sieht in China zurzeit die größte Herausforderung.Vergrößern des Bildes
Xi Jinping und Wladimir Putin: Experte Carlo Masala sieht in China zurzeit die größte Herausforderung. (Quelle: Pavel Byrkin/AP/dpa)

Russlands Krieg, Chinas Aufstieg und die Klimakrise verändern die Welt, mit einer Nationalen Sicherheitsstrategie will die Regierung den Herausforderungen begegnen. Experte Carlo Masala erklärt, was nötig ist.

Die globale Ordnung steht unter Druck: China wird immer mächtiger, Russland will sich die Ukraine einverleiben und die Klimakrise wird neue Konflikte verursachen. Eine Nationale Sicherheitsstrategie hat die Bundesregierung angesichts dieser Herausforderungen entwickelt, an diesem Mittwoch wird sie vorgestellt. Carlos Masala, Experte für Außen- und Sicherheitspolitik, analysiert, welche Fragen dringend beantwortet werden müssten.

t-online: Professor Masala, lange hat es gedauert, nun stellt die Bundesregierung ihre Nationale Sicherheitsstrategie vor. Was sollte darin stehen?

Carlo Masala: Zwei wichtige Fragen müssen in diesem Papier beantwortet werden. Was sind die größten Herausforderungen für die deutsche Außenpolitik? Und wie will die deutsche Außenpolitik diesen Herausforderungen begegnen? Und zwar inhaltlicher Art, möglicherweise aber struktureller Art.

An Herausforderungen mangelt es nicht. Russland bekriegt die Ukraine, China stößt Drohungen gegen Taiwan aus, von der Klimakrise noch ganz zu schweigen.

Richtig. Daran zeigt sich, dass wir uns auf zwei Ebenen bewegen. Einerseits müssen wir mit Staaten wie Russland, China und Iran umgehen. Andererseits kann die Nationale Sicherheitsstrategie aber durchaus an übergeordneten Themen ausgerichtet sein: Was ist mit der Klimakrise und ihren Folgen? Was ist mit den Formen hybrider Kriegsführung?

Zunächst muss man sich darauf verständigen, dass es diese Gefahren gibt, dann darauf basierend eine Strategie entwickeln, wie man ihnen begegnen kann. Die Gefahr, die Russland unter Wladimir Putin bedeutet, wurde allerdings lange Zeit zu wenig beachtet.

In Konturen sehen wir durchaus eine Entwicklung, es wird ja auch noch eine Chinastrategie folgen. Russland werden wir eindämmen und abschrecken müssen in den nächsten Jahren – das ist ziemlich klar. Was ist China aber eigentlich für uns? Ein Konkurrent, ein systemischer Rivale? Diese entscheidende Frage muss die Bundesregierung beantworten. Eine völlige Entkopplung von China wird nicht möglich sein, aber eine Diversifizierung von Märkten wäre eine Option.

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(Quelle: teutopress GmbH/imago-images-bilder)

Carlo Masala, Jahrgang 1968, lehrt Internationale Politik an der Universität der Bundeswehr in München. Der Politikwissenschaftler gibt unter anderem die "Zeitschrift für Internationale Beziehungen" mit heraus, zugleich diskutiert er regelmäßig im Podcast "Sicherheitshalber" über Sicherheitspolitik. Ende 2022 ist sein Buch "Weltunordnung. Die globalen Krisen und das Versagen des Westens" in der 6. Auflage erschienen.

Was ist China denn Ihrer Meinung nach?

China ist momentan unsere größte Herausforderung – und ein systemischer Rivale. Ob die Nationale Sicherheitsstrategie das auch so vorsehen wird, weiß ich nicht. Russland hingegen wird ein Gegner bleiben, solange diese imperialistische Ideologie existiert. Das hängt ja nicht nur von Wladimir Putin ab.

Gerade in der regierenden SPD tat man sich lange Zeit schwer damit, die durch den Überfall auf die Ukraine einmal mehr bewiesene Gegnerschaft seitens Russlands anzuerkennen.

Das ist vorbei. Schauen Sie, wie klar und deutlich Bundeskanzler Olaf Scholz über die Ukraine spricht, seit er Wolodymyr Selenskyj in Berlin begrüßt hat. Der Regierung ist bewusst, dass Russland ein Gegner ist. Auch in der SPD werden die Stimmen, die Russland eine Rolle in einem Postkriegsszenario einräumen, immer leiser.

Was wäre Ihre Hoffnung in Bezug auf die Ukraine in der Nationalen Sicherheitsstrategie?

Die Nationale Sicherheitsstrategie wird sich irgendwie zur Ukraine verhalten müssen. Etwa in dem Sinne, dass die Ukraine ein fester Bestandteil der transatlantischen Welt ist. So würde ihr eine Perspektive in Hinsicht auf eine Mitgliedschaft in Nato und Europäische Union offengehalten. Aber als Dokument wird die Sicherheitsstrategie nicht derart konkret werden, weil sie das gar nicht kann.

Für eine gewisse Zeit war zudem ein Nationaler Sicherheitsrat im Gespräch, den es allerdings nicht geben wird. Ist das problematisch?

In der gegenwärtigen Form, in der wir Außen- und Sicherheitspolitik betreiben, würde ein Nationaler Sicherheitsrat keinerlei Vorteil bringen für eine kohärente deutsche Außenpolitik. Solange sich das Bundeskanzleramt und das Auswärtige Amt in einer Koalitionsregierung in unterschiedlichen parteipolitischen Händen befinden, würden sich auch sämtliche Konflikte zwischen diesen beiden Häusern in einem Nationalen Sicherheitsrat widerspiegeln. Eine Nationaler Sicherheitsrat hat nur dann Sinn, wenn er Kompetenzen im Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik entweder vom Bundeskanzleramt oder vom Auswärtigen Amt wegzieht. Das ist in Deutschland aber nicht der Fall. Daher ist das kein Verlust, dass wir keinen bekommen.

Sprechen wir über die größte Herausforderung der Zukunft, die Klimakrise. Wie kann die Nationale Sicherheitsstrategie ihr begegnen?

Zwei Punkte sind wichtig, beiden ließen sich thematisieren. Erstens muss man zu Regulierungen kommen, um den Ausstoß von Kohlenstoffdioxid zu verringern – um die zu erwartenden Effekte im Bereich der Erderwärmung zu verzögern. Zweitens muss es um konkrete Strategien gehen. Wie gehen wir mit Migrationsbewegungen um? Wie und wo übernehmen wir Verantwortung bei möglichen Klimakonflikten? Diese Fragen stellen sich.

Die bisherigen Bemühungen zur Eindämmung der Klimakrise verlaufen wenig erfolgreich.

Ich bin kein Klimaexperte – weiß aber, dass die Folgen der Erderwärmung in bestimmten Weltregionen wiederum Auswirkungen auf die Sicherheit haben werden. Denen muss man sich dann halt auf mittelfristige Perspektive auch stellen.

Professor Masala, vielen Dank für das Gespräch.

Verwendete Quellen
  • Persönliches Gespräch mit Carlo Masala via Telefon
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