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"Günther Jauch": Ursula von der Leyen hat "Mordsrespekt" vor neuem Job


Ministerin bei Jauch-Talk
Von der Leyen: "Ich habe einen Mordsrespekt"

t-online, Von Marc L. Merten

Aktualisiert am 16.12.2013Lesedauer: 5 Min.
Die designierte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU): Nachdenklich bei Günther Jauch im StudioVergrößern des BildesDie designierte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU): Nachdenklich bei Günther Jauch im Studio (Quelle: Müller-Steuffenberg/imago-images-bilder)
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Die Große Koalition steht und Günther Jauch lädt zum ersten Regierungs-Talk. Das Ergebnis verblüfft: Zwei Ministerinnen im künftigen Kabinett sind sich so nahe wie nie. Jauch hat Spaß an seiner Sendung. Und Gregor Gysi findet lobende Worte für die neue Regierung. Jetzt muss nur noch regiert werden.

Eigentlich fehlte nur, dass Ursula von der Leyen und Andrea Nahles Händchen hielten. Die beiden Powerfrauen der CDU und SPD, die sich noch im Wahlkampf erbittert bekämpft und kaum mal hatten ausreden lassen, wenn sie aufeinander trafen, saßen in trauter Zweisamkeit neben Jauch im Gasometer zu Berlin. Und sie lächelten, scherzten, nickten, wenn die andere etwas sagte, und wollten aller Welt die neue Harmonie zwischen Union und Sozialdemokraten demonstrieren.

Es war der erste gemeinsame Talkshow-Auftritt der beiden Ministerinnen der "GroKo". Unter dem Titel "Merkels neue Mannschaft – wie werden wir jetzt regiert?" waren die künftige Verteidigungsministerin von der Leyen und die designierte Arbeits- und Sozialministerin Nahles Jauchs Einladung ebenso gefolgt wie der neue Oppositionsführer Gregor Gysi und die beiden Journalisten Elisabeth Niejahr und Ingo Zamperoni.

Mitgliederentscheid als Druckmittel?

Ganz "Ladies first", durften sich erst einmal die neuen Regierenden äußern. "Hart und gut verhandelt", habe die SPD, so Nahles, sonst wären über 75 Prozent Zustimmung der Parteibasis nie zu erreichen gewesen. "Eine solide Grundlage" habe man, "für vier Jahre!" Und von der Leyen ergänzte, dass Kompromisse nun mal "zur Demokratie dazu gehören". Es sei nicht gut, den potentiellen Koalitionspartner in den Verhandlungen "zu ducken", nur weil man ein überaus gutes Wahlergebnis erreicht habe. Wenn die Eine sprach, hörte man die Andere zustimmend "Ja" murmeln oder sah sie kopfnickend daneben sitzen. Deutschland einig Koalitionsland.

Die anderen drei Diskutanten wollten da nicht ganz mitmachen. Niejahr sah im Mitgliederentscheid ein "Druckmittel", das die SPD mit Sigmar Gabriel an der Spitze in den Verhandlungen mit der Union geschickt eingesetzt habe. Zamperoni fand die SPD "ausgefuchst, aber nicht mutig". Man hätte generell entscheiden lassen sollen, ob die SPD Verhandlungen über eine Große Koalition oder über Rot-Rot-Grün führen sollte. "Das wäre mal richtig spannend geworden", fand auch Gysi.

Von der Leyen: "Ich habe nicht gedient"

Spannend wurde es auch, als von der Leyen ihre Gefühle erklärte, als Merkel ihr das Ressort Verteidigung angeboten habe. "Da musste ich erst mal schlucken", gab sie offen zu. "Ich habe einen Mordsrespekt vor der Aufgabe." Jauch nutzte die Gelegenheit zur Nachfrage: Ob sie überhaupt etwas davon verstehe. Die Antwort von der Leyens war ausweichend, aber ehrlich und irgendwie eindeutig: "Ich habe nicht gedient."

Ihre Ausführungen klangen anschließend noch nicht überzeugend, bis auf die Passage, in der sie davon sprach, die Bundeswehr müsse mehr für die Familien ihrer Soldaten tun, für die Ehefrauen, für die Kinder, für die Soldaten, die physische oder psychische Schäden von Einsätzen heimbringen würden. Da war sie, die siebenfache Mutter, die ehemalige Familienministerin.

Gysi sieht in von der Leyen eine Chance

Sie erntete Lob. Niejahr brachte die Hoffnung zum Ausdruck, dass von der Leyen als erster Frau im Verteidigungsministerium gelinge, was Thomas de Maizière nicht gelungen sei. "Den Deutschen ihre neue Rolle in der Welt zu erklären", die dadurch entstehe, dass die siechende USA ein Machtvakuum hinterlassen habe, das auch Deutschland zu füllen habe.

Selbst Gysi fand positive Worte. Er habe anfangs zwar geglaubt, "das kann nicht gut gehen". Dann aber habe er erkannt, dass "wir neue Wege gehen müssen. Ich hoffe, dass Sie einen Beitrag dazu leisten können. Wenn Sie eine Anti-Kriegsministerin werden würden, wäre das top."

Wirtschaftsweise: "Rückwärtsgewandte Politik"

Anschließend ging es um das "Posten-Bingo" (Zamperoni), in dem die SPD sich mit dem Wirtschafts- und Energieministerium sowie dem Umweltministerium die Macht über die Energiewende hatte sichern können. Vor allem aber, und das war einem gelungen provokanten Einspieler der ARD-Redaktion zu verdanken, ging es um die geplanten Ausgaben der Großen Koalition in der kommenden Regierungsperiode.

Die ARD ließ den obersten Wirtschaftsweisen Christoph M. Schmidt zu Wort kommen, der der neuen Regierung vorwarf, die geplanten Zusatzinvestition in Höhe von 23 Milliarden Euro nicht "bis zum Ende durchgerechnet" zu haben. Er fürchte eine "rückwärtsgewandte Politik", in der nicht ausreichend berücksichtigt sei, dass es der deutschen Konjunktur in den nächsten vier Jahren auch mal wieder schlechter gehen könne.

Unsicherheitsfaktor Konjunktur

Es war eine Konstellation, in der die alte (von der Leyen) und neue (Nahles) Ministerin für Arbeit und Soziales den gemeinsamen Weg vor allem in Sachen Renten und soziale Sicherung verteidigten. Beide betonten, dass die Investitionen vor allem in Familien, Bildung und Infrastruktur gesteckt würden, was der ARD-Beitrag auch bestätigt hatte. "Das sind Investitionen in die Zukunft, sie sind nach vorne gedacht und nicht rückwärtsgewandt", kritisierte von der Leyen Schmidts Aussage.

Gysi hingegen nahm Schmidts Faden der konjunkturellen Unsicherheit auf und kritisierte die Rechnung der GroKo, die ausschließlich "in der Hoffnung gemacht wurde, dass die Wirtschaft floriert". Niejahr warf der Union vor, mit steigenden Sozialbeiträgen Wahlversprechen gebrochen zu haben und gleichzeitig nichts gegen Rentenarmut zu tun. Und Zamperoni rechnete vor, dass ihn als Familienvater dreier Kinder die geplanten Gesetze gut 2500 Euro im Jahr kosten würden.

Brisanter Brief der SPD-Parteizentrale

Es war eine geschickt ausgelegte Falle, in die von der Leyen tappte. Sie warf Zamperoni vor, in dieser Rechnung alles aufgelistet zu haben, was er gerne von der neuen Regierung bekommen hätte. Dieser erwiderte, dass es sich um die Wahlversprechen der Union handelte – Versprechen, die im neuen Koalitionsvertrag nicht eingehalten oder gar ins Gegenteil verkehrt würden. Gysi nutzte die Vorlage für eine Stichelei: "Niemand hat die Union vor der Wahl dazu gezwungen, all das zu versprechen."

Womit auf einmal wieder mit Blick auf die Europa-Wahl 2014 Wahlkampf-Zeit war. Von der Leyen und Nahles saßen in gleicher Haltung nebeneinander, das linke Bein über das rechte geschwungen, leicht im Sessel zurückgelehnt, missbilligend den Ausführungen ihrer Kritiker folgend. Auf Manche dürften sie wie Zwillinge gewirkt haben, auf manch Andere wie Pat und Patachon, mit sich ringend, den gerade erst lieb gewonnenen Partner durch Aussagen der parteipolitischen Profilierung nicht sofort wieder zu verprellen.

Das übernahm stattdessen die Jauch-Redaktion. Sie legte eine E-Mail vor, verfasst von der SPD-Parteizentrale in Berlin. Auf die Frage eines Mitglieds, welche Druckmittel Gabriel, Nahles und Co. hätten, um nicht von Angela Merkels Union dominiert zu werden, antwortete eine Vertreterin des SPD-Parteivorstandes: "Letztendlich gibt es noch immer die Möglichkeit, die Regierung zu verlassen, und dann gibt es Neuwahlen. Das will Frau Merkel auf keinen Fall. Es gibt also effektive Möglichkeiten, die Union an der kurzen Leine zu halten. Uns wird definitiv nicht das Schicksal der FDP ereilen." Nahles und von der Leyen lachten unisono auf. Wie harmonisch!

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