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Skeptische SPD: "Unter dem Strich bleiben wir bei unserem Nein"


Widerspruch in der SPD
"Unter dem Strich bleiben wir bei unserem Nein"

Von reuters, cwe

Aktualisiert am 14.01.2018Lesedauer: 3 Min.
Martin Schulz und Kevin Kühnert (r.): Der Juso-Vorsitzende ist klar gegen eine neue Große Koalition.Vergrößern des BildesMartin Schulz und Kevin Kühnert (r.): Der Juso-Vorsitzende ist klar gegen eine neue Große Koalition. (Quelle: Kay Nietfeld/dpa)

In den Verhandlungen mit der Union konnte die SPD zahlreiche Punkte durchsetzen – einige Herzensprojekte dagegen nicht. Genügt das Erreichte, um die Basis zu überzeugen? Reaktionen zeigen, wie schwer das werden dürfte.

Nach Abschluss der Koalitionssondierungen von Union und SPD wollen linke Sozialdemokraten eine Neuauflage der Großen Koalition noch verhindern. Der Vorsitzende der SPD-Nachwuchsorganisation Jusos, Kevin Kühnert, kündigte eine "No-GroKo"-Tour an. Auch andere SPD-Linke wollen vor dem Sonderparteitag am kommenden Wochenende gegen eine GroKo mit der Union von Kanzlerin Angela Merkel mobil machen.

"Der Spitzensteuersatz wird nicht erhöht, es gibt faktisch eine Obergrenze für Flüchtlinge, die Lösung zum Familiennachzug ist enttäuschend", begründete Juso-Chef Kühnert in der "Welt" seinen Widerstand gegen eine Große Koalition, für die seine Parteispitze in der Nacht zum Freitag mit der Union den Weg geebnet hatte: "Unter dem Strich bleiben wir bei unserem Nein zur GroKo."

Klingbeil betont die Chancen

SPD-Generalsekretär Klingbeil hielt auf einer Veranstaltung in Passau dagegen: 55 Punkte sollten einem Parteitagsantrag zufolge durchgesetzt werden. "47 davon haben wir in den Sondierungen erreicht." Ein wichtiges Thema wie die Bürgerversicherung sei zwar mit der Union nicht zu machen gewesen. "Trotzdem werden wir in möglichen Koalitionsverhandlungen darauf drängen, dass zum Beispiel Wartezeiten verkürzt werden. Wir lassen da nicht locker."

Am 21. Januar soll ein SPD-Parteitag auf Basis des Sondierungsergebnisses über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen abstimmen. Verlaufen diese erfolgreich, sollen die SPD-Mitglieder befragt werden, ob sie einer erneuten Großen Koalition zustimmen oder nicht.

Gabriel will gleich Mitglieder befragen

Der langjährige SPD-Chef Sigmar Gabriel kritisiert das parteiinterne Verfahren. Die Zwischenschaltung eines Parteitags vor der Mitgliederbefragung sei nicht nur ein Misstrauensbeweis gegenüber dem Parteivorstand. "Das ist auch ein Misstrauen gegenüber der eigenen Basis", sagte der Außenminister auf einem SPD-Parteitag in Sachsen-Anhalt. "Wenn wir die Basis immer hochhalten, dann muss ich sie auch entscheiden lassen."

Jeder zweite Bundesbürger glaubt nicht daran, dass SPD-Chef Martin Schulz seine Partei für eine Neuauflage der Großen Koalition gewinnen kann. In einer repräsentativen Civey-Umfrage für die Funke Mediengruppe beantworteten knapp 45 Prozent der Befragten eine entsprechende Frage mit "Eher nein" oder "Nein, auf keinen Fall". Rund 38 Prozent zeigten sich optimistischer für Schulz, 17 Prozent unentschieden in der Frage.

Stegner hat gemischte Gefühle

Die SPD-Linke Hilde Mattheis macht erheblichen Unmut an der Basis über das Ergebnis der Sondierungen aus. Bei vielen Parteimitgliedern herrsche große Skepsis, sagte die Vorsitzende der Linken-Gruppierung DL21 im Deutschlandfunk. So würden Bezieher hoher Einkommen nicht zur solidarischen Finanzierung der Infrastruktur herangezogen. "Der generelle Politikwechsel findet nicht statt und die Stärkung des rechten Randes darf nicht passieren."

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig erwartet kontroverse Debatten in ihrer Partei. "Die Skepsis in der SPD für eine erneute Große Koalition ist groß", räumte sie im Sender NDR Info ein. "Bei mir ist die Skepsis auch nicht ganz verflogen. Aber man muss jetzt den realistischen Bedingungen ins Auge schauen."

Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner kann die Bedenken vieler Parteifreunde verstehen. "So wie meine Grundskepsis gegen eine Große Koalition geblieben ist, so gemischt bleibt die Zwischenbilanz", twitterte er. Zwar gebe es viele Fortschritte bei Bildung, Pflege, Parität in der Krankenversicherung, Europa, Arbeit, Einwanderungsgesetz oder Rente, aber kein Vorankommen bei Themen wie Steuern und Bürgerversicherung. Dennoch werbe er für eine Zustimmung.

Wagenknecht schielt auf Sozialdemokraten

Linkspartei-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht hofft unterdessen darauf, unzufriedene Sozialdemokraten für eine neue Sammlungsbewegung zu gewinnen. "Es gibt heute im Bundestag keine Mehrheit für einen höheren Mindestlohn oder eine Vermögensteuer für Superreiche", sagte sie dem "Spiegel". "Es gibt diese Mehrheiten aber in der Bevölkerung." Solange dies alleine die Linke vertrete, könne daraus keine Regierungspolitik werden. "Deshalb wäre es gut, wenn Politiker unterschiedlicher Parteien, die für ein solches Programm zusammenstehen, sich zusammenschließen."

Führende Sozialdemokraten verteidigen derweil die mit der Union vereinbarten Kompromisse. "Die Qualität der Vereinbarung erschließt sich, je mehr man sich damit beschäftigt", sagte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil den Zeitungen der Funke-Gruppe laut Vorabmeldung vom Samstag. Die SPD habe fast alle ihrer 55 Ziele erreicht. "Das lässt sich sehen." Fraktionschefin Andrea Nahles will aktiv für eine Zustimmung werben. "Wir reisen auch", sagte sie in der ARD angesichts der geplanten "NoGroKo"-Tour von Juso-Chef Kühnert: "Ich bin da sehr zuversichtlich."

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Quelle:
- Reuters

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