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"Maischberger": Jens Spahn schießt gegen Grüne – empört mit der Wortwahl


Schreckmoment für Jens Spahn
Bei einem Wort gerät Maischberger aus der Fassung


Aktualisiert am 17.05.2023Lesedauer: 5 Min.
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Jens Spahn (Archivbild): Bei "Maischberger" kritisierte er die Grünen scharf.Vergrößern des Bildes
Jens Spahn (Archivbild): Bei "Maischberger" kritisierte er die Grünen scharf. (Quelle: Jürgen Heinrich/imago-images-bilder)

Tarek Al-Wazir bremst Parteifreund Robert Habeck bei der Pflicht zur Wärmepumpe. Jens Spahn beschwört bei "Maischberger" empört den "Volkssturm" – und erschrickt selbst ein wenig.

Unionsfraktionsvize Jens Spahn steuerte bei "Maischberger" gerade einem rhetorischen Höhepunkt entgegen – der aber für ihn in einem Schreckmoment endete. Der ehemalige Bundesgesundheitsminister warnte vor fehlender Akzeptanz für das geplante Wärmepumpengesetz der Ampelkoalition. "Was macht mehr Sinn? Zig Milliarden Euro an Förderung, damit man den Volkssturm, sozusagen die Entrüstung wieder ruhig kriegt ...", hob der Christdemokrat an. Dann sah er den Gesichtsausdruck der Gastgeberin.

Die Gäste

Jens Spahn (CDU), Unionsfraktionsvize
Tarek Al-Wazir (Bündnis 90/Die Grünen), hessischer Wirtschaftsminister
Aydan Özoğuz (SPD), Vizepräsidentin des Bundestages
Oliver Mayer-Rüth, Ex-Leiter des ARD-Studios Istanbul
Kerstin Palzer, ARD-Journalistin
Jürgen Becker, Kabarettist
Alexander Kissler, "Neue Zürcher Zeitung"

Die Zuschauer vor dem Fernseher bekamen Maischbergers Mimik an dieser Stelle zwar leider nicht eingeblendet. Aber Spahn legte umgehend eine Vollbremsung hin. "Die Empörung ... ich korrigiere das Wort – Sie gucken schon so", sagte er mit Blick auf die Moderatorin und kam etwas ins Haspeln. Dann entschied er sich für eine klare Ansage: "Ich entschuldige mich. Ich wollte sagen: Die Empörung in der Bevölkerung wieder in den Griff bekommt."

Spahn vergreift sich bei der Wortwahl

Womöglich schaute Maischberger entsetzt, weil der Begriff "Volkssturm" aus der Zeit des Nationalsozialismus stammt. Er ist auch bekannt als "Hitlers letztes Aufgebot". Dabei wurden ab September 1944 Millionen Jugendliche ab 16 Jahren sowie ältere Männer eingezogen, um doch noch das Hirngespinst vom "Endsieg" Realität werden zu lassen.

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Al Wazir: Bürger geben Heizgesetz keinen Rückenwind

Der Grünen-Politiker Tarek Al-Wazir ließ Spahns Lapsus in ihrer Doppelrunde bei "Maischberger" unkommentiert. Er verteidigte zwar das Vorgehen seines Parteifreundes, Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. Aber der hessische Wirtschaftsminister und Spitzenkandidat bei der anstehenden Landtagswahl räumte indirekt ein: Noch mangelt es bei den Wärmepumpen in der Bevölkerung an Akzeptanz.

"Natürlich ist klar: Das ist kein Rückenwind", kommentierte Al-Wazir die Unzufriedenheit vieler Bürger mit Habeck und das schlechte Abschneiden der Grünen bei der Wahl in Bremen. Nun brauche es kluge Lösungen, um die Bürger an Bord zu holen. Das könnte für ihn bedeuten: Planungssicherheit plus Zeitpuffer.

"Ich bin sehr dafür, dass wir dieses Gesetz noch vor der Sommerpause beschließen", sagte Al-Wazir. "Aber ich bin auch dafür, dass man diskutiert, ob man alles zum 1.1.2024 in Kraft setzen muss. Ein halbes Jahr mehr oder weniger – davon geht die Welt nicht unter."

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Spahn holt zum nächsten Schlag aus

Spahn sah die grüne Geschlossenheit bröckeln. "Nachher will es keiner gewesen sein. Alle verabschieden sich so gerade von diesem Heizgesetz, wie es vorgeschlagen war. Das zeigt eben: 'Wahlen haben Folgen'", kommentierte er das Ergebnis in Bremen. Zwischenzeitlich hatte Spahn sich wieder gefangen und holte zum nächsten Schlag gegen Habeck aus. Wiederholt sprach er bei dessen umstrittenen Staatssekretär Patrick Graichen von einem "Netzwerk", etwa einem "über Jahre gewachsenen Netzwerk von Ideologen – engstirnig, einseitig, übergriffig".

"Kann jemand bitte den Gesichtsausdruck von Herrn Al-Wazir einblenden?", regte Maischberger an dieser Stelle an. Aber auch hier bleib die Regie lieber auf Distanz. Wärmepumpen, Elektroautos, Verbrenner-Aus – "das wird aus diesem Netzwerk heraus seit Jahren vorbereitet und das wird jetzt umgesetzt", behauptete Spahn.

Maischberger stellt Habeck infrage

Maischberger trug zwar an diesem Abend einen grünen Blazer. Das hielt sie aber nicht von der Frage an Al-Wazir ab: "Sind Sie sicher, dass bei Habeck im Ministerium wirklich Profis sitzen?" Kurz darauf regte sie an: "Wäre es nicht besser, wenn Robert Habeck diesen Mann aus dem Verkehr ziehen würde oder er sich selber, damit man wieder über die Sache redet und nicht über die Vetternwirtschaft?"

"Stellen Sie sich alle mal vor, Peter Altmaier hätte die Energiekrise managen müssen", startete der hessische Wirtschaftsminister den Gegenangriff. "Deswegen kann ich nur sagen: Ich bin heilfroh, dass Robert Habeck in den letzten anderthalb Jahren auf dieser Position war."

Zur Wortwahl aus Reihen der Union meinte er, die Opposition müsse die Regierung natürlich kontrollieren und kritisieren. "Aber diese Worte 'Mafia' und 'Clan' und in drei Monaten sagt ihr dann wieder: 'Die Leute haben kein Vertrauen in die Politik'", meinte er an Spahn gewandt. "Das nützt Euch doch auch nichts. Das landet bei Rechtspopulisten und Rechtsradikalen, diese Form der Auseinandersetzung."

"Implosion einer Regierungspartei namens Grüne"

Gräben taten sich auch unter den Kommentatoren bei "Maischberger" auf. "Wir erleben momentan die Implosion einer Regierungspartei namens Grüne, die sich schon auf dem Sprung zur Volkspartei erlebten und jetzt selbst zurückstutzen zur Klientelpartei, in der orthodoxe Klimaschützer den Ton angeben", meinte Alexander Kissler von der "Neuen Zürcher Zeitung". "So ein Quatsch", warf da der Kabarettist Jürgen Becker ein. "Das ist nur eine These. Für Quatsch sind Sie ja zuständig", schlug der Journalist zurück.

Becker hatte gleich zu Beginn der Talkshow in der ARD Klebeproteste der sogenannten "Letzten Generation" mit alltäglichen Staus auf eine Stufe gestellt. "Wenn die ('Letzte Generation') Gewalttäter sind, ist jeder, der vorsätzlich Auto fährt, ein Gewalttäter", sagte der Kabarettist – schließlich würden auch Autofahrten zu Staus führen.

Kissler äußerte wie Spahn Unverständnis darüber, dass Habeck eisern an seinem Staatssekretär festhält. "Warum sind die beiden auf Gedeih und Verderb aneinandergekettet?", fragte der NZZ-Redakteur. "Da gibt es verwandtschaftliche, familiäre, sonstige Vertrautheitsverhältnisse, die offenbar wichtiger sind als ein vernünftiges politisches Handeln."

"Habeck ist kein Opfer"

Kerstin Palzer aus dem ARD-Hauptstadtbüro wies Habecks Vorwurf zurück, er sei Ziel einer Kampagne der Opposition. Der Minister sei kein Opfer, stellte sie klar. "Er wird hart rangenommen, aber das finde ich richtig." Sie nannte es "fast schon tragisch", wie die einst breite Zustimmung für Klimaschutz derzeit untergehe, während Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) "gottgleich" über allen Auseinandersetzungen schwebe. "Die Fortschrittsampel verzweifelt aneinander und entscheidet nicht", monierte Palzer.

"Man merkt die Spaltung", kommentierte am Ende von "Maischberger" auch die SPD-Politikerin Aydan Özoğuz, meinte hier aber die Stimmung in der Türkei. Diese Spaltung hat längst auch türkischstämmige Deutsche erreicht. Warum ist bei denen von Mal zu Mal die Zustimmung für den zunehmend autoritär regierenden Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan gewachsen, wollte Maischberger wissen.

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Für die Bundestagsvizepräsidentin und ehemalige Integrationsbeauftragte der Bundesregierung ist dies längst nicht mehr "nur" eine Frage gescheiterter Integration. Nicht allen Erdoğan-Wählern in Deutschland gehe es schlecht, viele hätten einen Job und seien Teil der Gesellschaft. Von dieser würden sie aber oft immer noch nicht anerkannt, kritisierte die in Hamburg geborene Sozialdemokratin.

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Wenn man mitansehen müsse, wie die Eltern schlecht behandelt werden oder man die Wohnung oder den Ausbildungsplatz wegen des türkischen Namens nicht bekommt, hinterlasse das Spuren, warnte Özoğuz bei "Maischberger". Hinzu kämen ganz reale Gefahren, siehe die Mordanschläge des sogenannten Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU). "Wir alle waren potenzielle Opfer dieses NSU – ganz normal integrierte Türkeistämmige. Das vergessen Menschen nicht", sagte die Politikerin.

Verwendete Quellen
  • "Maischberger" vom 16. Mai 2023
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