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Polnische Regierung bestätigt schlimmste Befürchtungen


Rechtsruck wie in Ungarn
Berlin: Polnische Regierung bestätigt schlimmste Befürchtungen

Von dpa, t-online
Aktualisiert am 19.12.2015Lesedauer: 3 Min.
Die konservative Führung in Warschau: Ministerpräsidentin Beata Szydlo und Chef der "Partei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS), Jaroslaw Kaczynski.Vergrößern des BildesDie konservative Führung in Warschau: Ministerpräsidentin Beata Szydlo und Chef der "Partei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS), Jaroslaw Kaczynski. (Quelle: Reuters-bilder)
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Die deutsch-polnischen Beziehungen sind historisch bedingt äußerst sensibel. Sowohl Warschau als auch Berlin bemühten sich in der jüngeren Vergangenheit um diplomatisches Geschick und Zurückhaltung, wenn es um Interessengegensätze und Befindlichkeiten ging. Das könnte sich nun ändern - zumindest in Warschau.

Die Politik der neuen national-konservativen Regierung Polens sorgt für Entsetzen bei der Bundesregierung.

"Spiegel online" zitiert ein namentlich nicht genanntes Kabinettsmitglied mit den Worten: "Was sich derzeit in Warschau abspielt, bestätigt unsere schlimmsten Befürchtungen." Der Versuch, Einfluss auf Justiz und Presse zu nehmen, erinnere an den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán.

Warschau wirft Berlin pro-russische Politik vor

Besondere Empörung habe im Kanzleramt und im Auswärtigen Amt ein Interview des neuen Außenministers Witold Waszczykowski mit der "Berliner Zeitung" hervorgerufen. Dieser hatte der Bundesregierung vorgeworfen, sie kümmere sich mehr um die Interessen Russlands als um die Sicherheitsinteressen Polens. "Wir dachten, diese Phase sei eigentlich überwunden", sagte ein Spitzenbeamter der Bundesregierung.

Polens Außenminister hatte unter anderem erklärt, sein Land stelle "einen Stimmungseinbruch der Deutschen gegenüber Polen" fest. "Wir aber wollen gute Beziehungen und mehr Verständnis für unser Anliegen, in Polen Nato-Einheiten zu stationieren", so Waszczykowski.

Merkel wartet auf Besuchstermin

Für Verwunderung sorgt in Berlin laut "Spiegel online" auch die Tatsache, dass Ministerpräsidentin Beata Szydlo trotz Einladung noch keinen Termin für ein Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vorgeschlagen habe. Das sei ein "höchst ungewöhnliches Vorgehen". Eine offizielle Reaktion zu dem Bericht gab es zunächst allerdings nicht.

Rechtsprechung und Pressefreiheit eingeschränkt

Die polnische Regierung will zudem das Gesetz über die Kompetenzen des Verfassungsgericht ändern. Menschenrechtler und Juristen sehen darin einen Angriff auf den Rechtsstaat. Die Regierung hat bereits mit der Ernennung von fünf regierungsnahen Verfassungsrichtern für Empörung gesorgt. Letzte Woche demonstrierten rund 50.000 Menschen in Warschau gegen eine "Schleifung der Demokratie".

Darüber hinaus soll die Direktoren-Wahl bei den öffentlich-rechtlichen Medien künftig stärker von der Warschauer Regierung beeinflusst werden.

Nato-Zentrum gestürmt

Unterdessen hat die Warschauer Regierung ein von der Nato betreutes Spionageabwehrzentrum in Warschau stürmen lassen, um dort die Kontrolle zu übernehmen. Beamte des Verteidigungsministeriums und der Militärpolizei seien kurz nach Mitternacht in das polnisch-slowakische Zentrum eingedrungen, berichtete dessen bisheriger Chef Krzysztof Dusza im Fernsehen.

"Ich habe ihnen gesagt, dass ihre Anwesenheit hier illegal ist", sagte Oberst Dusza nach der nächtlichen Besetzung. Außenminister Waszczykowski, ein Hardliner der neuen Regierung, sagte im Radio, dass die bislang in dem Zentrum beschäftigten polnischen Beamten ihre Berechtigung verloren hätten, vertrauliche Dokumente einzusehen. "Sie mussten durch andere ersetzt werden, die solche Rechte haben." Das polnische Verteidigungsministerium veröffentlichte eine knappe Mitteilung, wonach ein neuer Übergangschef für das Zentrum eingesetzt worden sei. Die Slowakei hat sich zu dem Vorfall bislang nicht geäußert.

Walesa schämt sich - und warnt vor Bürgerkrieg

Polens Ex-Präsident Lech Walesa kritisierte im polnischen Fernsehen, Reformen seien sicherlich erforderlich - "aber nicht so". Er plädierte für eine "offene und demokratische Form" von Veränderungen. Die Regierung dürfe nicht "brutal" vorgehen. Wenn sie dies nicht beachte, so warne er davor, dass "das in einem Bürgerkrieg enden wird". Als Walesa Präsident war, zählte der jetzige PiS-Vorsitzende Jaroslaw Kaczynski zu seinen Beratern.

Der aktuelle parteilose Präsident Andrzej Duda wurde mit Unterstützung der PiS im Mai gewählt, im Oktober gewann Kaczynskis Partei die Parlamentswahlen, im November trat die neue Regierung an. Inzwischen beginne er sich für diese demokratischen Wahlen zu "schämen", sagte Walesa. Das werde er auch "im Ausland sagen".

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