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"Anti-Abschiebe-Industrie": Kritik an Dobrindts Aussage in Asyldebatte


"Anti-Abschiebe-Industrie"
Wegen Äußerung: Kritiker vergleichen Dobrindt mit Trump

Von dpa
Aktualisiert am 07.05.2018Lesedauer: 3 Min.
Alexander Dobrindt, Vorsitzender der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, hatte in einem Zeitungsinterview über eine regelrechte Anti-Abschiebe-Industrie geklagt. Dafür bekommt er nun Kritik.Vergrößern des BildesAlexander Dobrindt, Vorsitzender der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, hatte in einem Zeitungsinterview über eine regelrechte Anti-Abschiebe-Industrie geklagt. Dafür bekommt er nun Kritik. (Quelle: Peter Kneffel/dpa-bilder)
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Alexander Dobrindt beklagt eine "Anti-Abschiebe-Industrie". Anwälte, SPD und Grüne laufen Sturm gegen die Aussagen des CSU-Politikers.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt gerät nach seinen umstrittenen Aussagen in der Asyldebatte unter Druck. Der Deutsche Anwaltverein (DAV) warf ihm vor, den Rechtsstaat auszuhöhlen. Scharfe Kritik kam auch von SPD und Grünen. Dobrindt hatte der "Bild am Sonntag" mit Blick auf Anwälte und Hilfsorganisationen gesagt, wer mit Klagen versuche, die Abschiebung von Kriminellen zu verhindern, arbeite nicht für das Recht auf Asyl, sondern gegen den gesellschaftlichen Frieden. Er hatte von einer "aggressiven Anti-Abschiebe-Industrie" gesprochen.

DAV-Präsident Ulrich Schellenberg sagte daraufhin: "Das Einlegen von Rechtsmitteln und das Erheben von Klagen steht jedem im Rahmen der geltenden Gesetze zu. Gerade das macht den Rechtsstaat aus. Mit seinen Aussagen schwächt Herr Dobrindt den Rechtsstaat und stärkt ihn nicht."

Gerichte haben das letzte Wort

Auch der politische Wille müsse sich an den bestehenden Gesetzen orientieren. "In Deutschland haben eben die Gerichte das letzte Wort und nicht die Politik, wer das nicht akzeptieren will, hat das Wesen des Rechtsstaates nicht verstanden."

Auch SPD und Grüne attackierten Dobrindt wegen seiner Aussagen. Der CSU-Politiker betreibe eine "Politik der Spaltung" und sei im bayerischen Landtagswahlkampf offenkundig "bereit, das geistige Volumen eines Donald Trump vollstens auszufüllen", sagte Bayerns SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher der "Welt". Der SPD-Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs sagte der Zeitung, Dobrindt betreibe den "verzweifelten Versuch, einige AfD-Wähler zurückzuholen".

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sagte der "Mitteldeutschen Zeitung": "Statt Probleme wirklich anzupacken, macht Herr Dobrindt mit plumpen AfD-Sprüchen Bayern-Wahlkampf." Wenn sich Anwälte und Bürgerinitiativen für die Einhaltung von rechtsstaatlichen Grundsätzen und Humanität einsetzten, dann hielten sie die Rechtsordnung hoch.

Seehofer verteidigt Dobrindt

Rückendeckung bekam Dobrindt von Parteikollege Horst Seehofer: "Niemand will den Rechtsstaat infrage stellen", betonte Innenminister Seehofer vor einer CSU-Präsidiumssitzung am Montag in München. "Das ist ein Argument, das aus der Luft gegriffen ist." Seehofer sagte , man müsse "schon auf die Tatsache hinweisen, dass die Asylbescheide in ungewöhnlich hoher Zahl beklagt werden". "Fast jeder zweite Asylbescheid landet vor Gericht. Das kostet Zeit, bindet Ressourcen, oft in absolut vergleichbaren Sachverhalten."

Zum von Dobrindt verwendeten Begriff einer "Anti-Abschiebe-Industrie" wollte sich Seehofer aber auf Nachfrage nicht äußern. "Ich fahre nicht durchs Land, um pausenlos über eigene Parteifreunde zu reden."

Am Montag treffen sich die Unionsfraktionschefs aus Bund und Ländern in Frankfurt/Main. Eines der wichtigsten Themen der Konferenz ist die Flüchtlings- und Migrationspolitik. Erwartet wird auch Kanzlerin Angela Merkel.

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil forderte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) auf, ein Konzept vorzulegen, um einen erneuten Vorfall wie in Ellwangen zu verhindern. Man brauche "ein schlüssiges Konzept, das verhindert, dass die Menschen dort ohne Perspektiven und ohne sinnvolle Beschäftigung sich selbst überlassen werden", sagte Klingbeil der "Heilbronner Stimme".

Polizei fordert strenges Sicherheitskonzept in Ankerzentren

Wer nicht als Flüchtling anerkannt wird, soll aus den sogenannten Ankerzentren bald direkt abgeschoben werden können. Bislang haben allerdings erst wenige Bundesländer Interesse signalisiert, am Pilotprojekt zu den Ankerzentren teilzunehmen. Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) forderte ein Sicherheitskonzept mit strengen Auflagen für die Zentren. Es müsse eine umfassende Überwachung durch Videokameras geben, sagte der DPolG-Vorsitzende Rainer Wendt der "Neuen Osnabrücker Zeitung".

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte nach den Vorgängen in Ellwangen gemahnt, den Bürgern kein Versagen des Staats einzureden. Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) schloss sich dem an. "Das Gerede vom Staatsversagen ist wirklich verantwortungsloses Geschwätz", sagte er der "Passauer Neuen Presse".

Im baden-württembergischen Ellwangen hatten vor einer Woche 150 bis 200 Flüchtlinge – einige von ihnen gewaltsam – verhindert, dass die Polizei einen Mann aus Togo aus einer Flüchtlingsunterkunft abholen konnte. Der 23-Jährige wurde bei einem Großeinsatz wenige Tage später doch noch gefasst, sitzt nun in Abschiebehaft und wehrt sich mit rechtlichen Mitteln. Er soll nach Italien abgeschoben werden.

Verwendete Quellen
  • dpa
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