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Internationale Presse zur Bayern-Wahl: "Sehr viele Wähler hatten die CSU satt"


Internationale Presse zur Bayern-Wahl
"Die CSU ist reduziert auf das, was sie immer war"

Von dpa
Aktualisiert am 15.10.2018Lesedauer: 4 Min.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder am Tag nach der Wahl: "Diese historische Ohrfeige zwingt die allmächtige Partei, eine Koalition einzugehen."Vergrößern des BildesBayerns Ministerpräsident Markus Söder am Tag nach der Wahl: "Diese historische Ohrfeige zwingt die allmächtige Partei, eine Koalition einzugehen." (Quelle: Michael Kappeler/dpa-bilder)
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Warum ist die CSU so abgestürzt? Kann Merkel weiterregieren? Wie geht es weiter in Europa? Die Landtagswahl in Bayern aus Sicht der internationalen Presse.

Die "Neue Zürcher Zeitung" kommentiert den Ausgang der Landtagswahl in Bayern so: "Ohne personelle Konsequenzen kann eine solche Niederlage nicht bleiben. Ministerpräsident Söder gilt zwar als unpopulär, doch Bundesinnenminister und CSU-Chef Seehofer stand bei sämtlichen Streitereien, welche die große Koalition in den vergangenen Monaten erschütterten, im Zentrum des Geschehens. Seine Zeit als Minister könnte bald schon zu Ende sein.

Dass die Wahl darüber hinaus unmittelbare Auswirkungen auf die deutsche Regierung haben wird, ist eher unwahrscheinlich: Merkel konnte in Bayern ohnehin nur verlieren. Interesse an einem Bruch der Koalition und darauffolgenden Neuwahlen können derzeit weder die Unionsparteien noch die SPD haben."

Die in Warschau erscheinende "Gazeta Wyborcza" schreibt: "Die deutsche Politik steht nach der Flüchtlingskrise im Schatten der AfD. Doch auch die bayerischen Grünen sind stärker geworden. Es ist der Verdienst der 33-jährigen Katharina Schulze, der Wahllokomotive der Partei. Die junge Politikerin hat nach 13 Jahren starrer Politik Angela Merkels die Chance, die deutsche politische Szene zu verjüngen. Und sie war es, die ein erfolgreiches Rezept gegen das Programm der AfD ausarbeitete, die sich von den Ängsten der Deutschen vor Einwanderern und den Veränderungen der Gesellschaft nährt."

Die französische Regionalzeitung "Sud-Ouest" aus Bordeaux sieht es so: "Das Augenzwinkern von Seehofer in Richtung der extremen Rechten hat sich nicht ausgezahlt – was Bundeskanzlerin Merkel nicht missfällt. Mittelfristig könnte Frau Merkel sehen, dass die gemäßigte Linie, die sie verteidigt und verkörpert, gestärkt wird."

Die in Straßburg erscheinenden "Dernières Nouvelles d'Alsace" kommentieren: "Mit dem Debakel der CSU ist ein ganzer Teil des Nachkriegssystems verschwunden. Diese historische Ohrfeige zwingt die allmächtige Partei des mächtigsten deutschen Bundeslandes, eine Koalition einzugehen – und damit auch ihren Blick auf die Machtausübung zu ändern."

t-online.de Chefredaktuer Floran Harms meint: "Die CSU rühmt sich seit Jahren, Bayern erst industrialisiert und dann als Hochtechnologie-Standort etabliert zu haben. Was sie dabei übersah: Mit den vielen Menschen, die nach Bayern zogen, wuchs das Problem der Verknappung. Immer mehr Leute konkurrieren in den boomenden Städten um Wohnungen, Kitaplätze, nahegelegene Schulen. Die CSU versäumte es lange, massiv in den Wohnungsbau zu investieren. Hinzu kam der Amigo-Filz: Wer das CSU-Parteibuch hat, bekommt leichter Zugang zu politischen Entscheidern, profitiert wohl eher von öffentlichen Bauvorhaben. Das nervt viele Leute, die das Parteibuch nicht haben."

"Der Standard" aus Wien kommentiert: "Sehr viele Wählerinnen und Wähler hatten die CSU einfach satt, obwohl das Land wirtschaftlich boomt. Doch das aktionistische Kreuzaufhängen in den Amtsstuben hing ihnen ebenso zum Hals heraus wie das umstrittene Polizeiaufgabengesetz. Unerträglich war das Schauspiel, das der neue Ministerpräsident Markus Söder und CSU-Chef Horst Seehofer aufführten: Sie kämpften gegeneinander und veranstalteten daneben peinliche Schmuseshows."

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In der spanischen Zeitung "El Mundo" ist zu lesen: "Ein neues politisches Erdbeben – wie viele hat es bereits gegeben? – erschüttert die Europäische Union. Es ist naiv zu glauben, dass das, was in der Lokomotive der EU passiert, den Fortschritt bei der Integration nicht bremsen wird. Der Absturz der CSU geht mit dem beunruhigenden Aufstieg der extremen Rechten in diesem Bundesland einher, die ein großartiges Ergebnis erzielt. Und, nicht weniger wichtig, ist der Untergang der SPD, die fast in die Irrelevanz stürzt und einen historischen Schlag erleidet."

In der tschechischen Zeitung "Hospodarske noviny" heißt es: "Offen bleibt vorerst die Frage, ob das Wahldebakel der CSU auch das politische Ende für den 69 Jahre alten Horst Seehofer bedeutet – ein Matador nicht nur der bayerischen, sondern auch der gesamtdeutschen Politik. Der Mann ist seit zehn Jahren CSU-Vorsitzender."

Die niederländische Zeitung "de Volkskrant" meint: "In den kommenden Wochen wird in Berlin die Frage zu beantworten sein, wie viel Überzeugungskraft die ohnehin schon taumelnde große Koalition noch hat. Jetzt, wo dieser Verlust die CSU wieder auf das reduziert hat, was sie eigentlich immer war: eine regionale Partei. In der SPD, die bereits auf Bundesebene eine krachende Niederlage erlitten hat, wird die Debatte über die destruktive Auswirkung einer Koalition mit der CDU/CSU wieder aufleben.

Es kann durchaus sein, dass die CSU Konsequenzen aus diesem Wahlergebnis ziehen wird. Aber das wird erst im November passieren, denn das bayerische Recht schreibt die Bildung einer neuen Regierung binnen eines Monats nach den Wahlen vor. Ein Führungswechsel würde die Koalitionsbildung nur erschweren. Außerdem wird in zwei Wochen in Hessen gewählt. Dort hofft die Schwesterpartei CDU, an der Macht zu bleiben."

Verwendete Quellen
  • dpa
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