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Ukraine | Baerbock ist in Butscha: "Diese Opfer könnten wir sein"


Außenministerin in der Ukraine
Baerbock in Butscha: "Diese Opfer könnten wir sein"

Von afp, reuters, dpa, pdi, cck

Aktualisiert am 10.05.2022Lesedauer: 4 Min.
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Baerbock in Butscha: Die deutsche Außenministerin zeigte sich erschüttert. (Quelle: reuters)
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Als erste deutsche Ministerin seit dem Beginn des Krieges ist Annalena Baerbock in die Ukraine gereist. Sie besuchte Butscha und Irpin und traf auch den ukrainischen Präsidenten Selenskyj.

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat sich bei einem Besuch in dem schwer zerstörten Kiewer Vorort Irpin beeindruckt vom Mut der Ukrainer im Kampf gegen die russische Aggression gezeigt. "Sie sind ein sehr tapferes Land, und alles, was wir tun können ist, an Ihrer Seite zu stehen", sagte Baerbock am Dienstag. Bei den Gesprächen, die Baerbock als erstes deutsches Regierungsmitglied in der Ukraine führte, ging es auch um die Notwendigkeit, das Land von russischen Minen zu befreien. Große Teile des Gebiets um die Hauptstadt seien vermint, sagte Militärgouverneur Olexander Pawljuk.

Irpins Bürgermeister Olexander Markuschyn sagte bei dem Treffen mit Baerbock, dass viele Minenräumer in Zukunft gebraucht würden – auch für die Gebiete im Osten der Ukraine. Nach dem Abzug der russischen Truppen sind nach Darstellung des Bürgermeisters inzwischen wieder 25.000 Menschen in die Stadt zurückkehrt, 5.000 waren es demnach zur Zeit der russischen Besatzung. 2.000 Wohnungen und 35 Hochhäuser seien zerstört worden durch russische Angriffe.

"Irpin hat einen hohen Preis für den Sieg bezahlt", sagte Markuschyn. Er hatte der russischen Armee nach deren Abzug schwere Kriegsverbrechen vorgeworfen. Es seien Zivilisten erschossen, Frauen vergewaltigt und Wohnungen geplündert worden.

Baerbock betrat auch ein völlig zerbombtes Mehrfamilienhaus in der Stadt. "Außenministerin eines Landes im Frieden zu sein, ist einfach. Aber eine ganz andere Sache ist es, Bürgermeister im Krieg zu sein. Mein ganz großer Respekt!", sagte die Grünen-Politikerin.

Schrecken von Butscha

Baerbock war am Vormittag in der Ukraine angekommen. Die Grünen-Politikerin verschaffte sich zunächst einen Eindruck in Butscha, einem Vorort der Hauptstadt Kiew, in dem russische Soldaten Gräueltaten an der Zivilbevölkerung begangen haben sollen.

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Die Außenministerin sicherte dort Unterstützung bei der Aufklärung von Kriegsverbrechen zu. "Wir sind es diesen Opfern schuldig, dass wir hier nicht nur gedenken, sondern dass wir die Täter zur Verantwortung bringen und ziehen", sagte sie. "Das werden wir als internationale Gemeinschaft tun. Das ist das Versprechen, was wir hier in Butscha geben können und geben müssen", betonte sie.

"Diese Opfer könnten wir sein"

Baerbock, die von schwer bewaffnetem Sicherheitspersonal geschützt wurde und eine Splitterschutzweste trug, zeigte sich erschüttert. Man spüre in Butscha eindringlich: "Diese Opfer könnten wir sein." Man sehe Spielplätze, Supermärkte, Menschen, die zur Arbeit gingen. "Und dann sieht man die schlimmsten Spuren von Verbrechen genau daneben." Eine Bombe sei direkt in den Supermarkt eingeschlagen.

Die Außenministerin sprach mit Bewohnern der Stadt, die zum Synonym für mutmaßliche Kriegsverbrechen der russischen Streitkräfte in der Ukraine geworden ist. Vor wenigen Wochen waren dort nach dem russischen Abzug Hunderte tote Zivilisten auf den Straßen gefunden worden – teils mit den Händen hinter dem Rücken gefesselt.

"Die schlimmsten Verbrechen, die man sich nur vorstellen kann"

Die Ministerin wurde von der ukrainischen Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa begleitet. Nachdem Baerbock in einer Kirche eine Kerze entzündet hatte, sagte sie, man glaube, in einer ganz normalen Kirche zu sein. Zugleich sei dies ein Ort, an dem "die schlimmsten Verbrechen, die man sich nur vorstellen kann, nicht nur sichtbar geworden sind, sondern passiert sind". Der größte Wunsch der Menschen sei es, der Welt deutlich zu machen, welche Verbrechen passiert seien und wie groß der Schmerz sei.

Diesen Schmerz könne niemand nehmen, "aber wir können für Gerechtigkeit sorgen", sagte Baerbock. Man könne einen "kleinen Beitrag dadurch leisten, dass wir diese Aufklärung von Kriegsverbrechen, von Verbrechen gegen die Menschlichkeit unterstützen, als internationale Gemeinschaft Beweise sammeln, dafür sorgen, dass die Täter zur Rechenschaft gezogen werden. Das sind wir den Opfern schuldig."

Baerbock will deutsche Botschaft wiedereröffnen

Baerbock traf im Laufe des Tages auch den ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba. Hier lesen Sie mehr dazu. Zudem verkündete sie die Wiedereröffnung der deutschen Botschaft in Kiew. Dort werde es zunächst einen eingeschränkten Betrieb geben.

Deutschland war damit eines der letzten westlichen Länder, das die Wiedereröffnung seiner Botschaft in Kiew angekündigt hat. Am Sonntag hatten die USA und Kanada die Rückkehr von Botschaftsmitarbeitern verkündet. Davor waren bereits Vertretungen der EU, Frankreichs, Italiens, Großbritanniens, Österreichs und anderer Staaten in Kiew wiedereröffnet worden. Aus der Gruppe der G7-Staaten der führenden demokratischen Industrienationen fehlt nur noch Japan, das die Wiedereröffnung seiner Botschaft noch nicht angekündigt hat.

Selenskyj empfängt Baerbock

Am Nachmittag empfing der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die deutsche Außenministerin und ihren niederländischen Kollegen Wopke Hoekstra. Er dankte ihr für die Unterstützung im Krieg gegen Russland. Es sei von großem Wert für das Land, dass sich Deutschland solidarisch zeige mit dem ukrainischen Volk, sagte Selenskyj einem von der Präsidialverwaltung veröffentlichten Video zufolge.

Baerbock informierte Selenskyj außerdem darüber, dass in wenigen Tagen mit der Ausbildung ukrainischer Soldaten an der modernen Panzerhaubitze 2000 begonnen werde, die Deutschland gemeinsam mit den Niederlanden an die Ukraine liefern werde.

Diskussionen um Besuche in der Ukraine

In den vergangenen Wochen hatte es um Besuche deutscher Politiker in der Ukraine viele Diskussionen gegeben. Eine Ausladung von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der zusammen mit den Präsidenten Polens und der drei baltischen Staaten nach Kiew reisen wollte, sorgte in Berlin für erhebliche Verstimmung.

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Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte die Ausladung Steinmeiers als Hindernis für eine eigene Reise nach Kiew bezeichnet. Nachdem Steinmeier und Selenskyj die Irritationen vergangene Woche in einem Telefonat ausgeräumt hatten, kündigte Scholz an, dass Baerbock bald reisen werde. Ob und wann Scholz nach Kiew reisen wird, blieb zunächst unklar.

Selenskyj lud Scholz ein

Am Sonntag hatte Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) als zweithöchste Repräsentantin des Staates nach dem Bundespräsidenten Kiew besucht. Vor ihr war am vergangenen Dienstag der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz in Kiew.

Selenskyj hatte den Kanzler für den 9. Mai eingeladen – an diesem Montag feierte Russland den sowjetischen Sieg über das nationalsozialistische Deutschland im Zweiten Weltkrieg. Selenskyj hatte erklärt, Scholz könne einen "sehr starken politischen Schritt" unternehmen und an diesem Tag in die ukrainische Hauptstadt kommen. Der Bundeskanzler hatte allerdings auf eine Reise verzichtet.

Verwendete Quellen
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