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Covid-Pille: AfD zeigt Karl Lauterbach wegen Corona-Arznei an


Kontroverse um Paxlovid
AfD zeigt Lauterbach wegen Aussagen zu Corona-Arznei an


Aktualisiert am 30.11.2022Lesedauer: 4 Min.
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Gesundheitsminister Karl Lauterbach im Bundestag Ende November: Dass der Minister ein großer Fan der Corona-Pille Paxlovid ist, ruft nun die AfD auf den Plan.Vergrößern des Bildes
Gesundheitsminister Karl Lauterbach im Bundestag Ende November: Dass der Minister ein großer Fan der Corona-Pille Paxlovid ist, ruft nun die AfD auf den Plan. (Quelle: dpa)

Seit seiner eigenen Infektion rührt der Gesundheitsminister die Werbetrommel für die Covid-Pille. Aus Sicht der AfD hat er sich damit strafbar gemacht.

Die AfD-Fraktion im Bundestag hat Strafanzeige gegen Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) gestellt. Das teilte die Partei in einer Pressemitteilung am Dienstag mit. Mehrere Abgeordnete um den rechtspolitischen Sprecher der Fraktion, Thomas Seitz, begründen diesen Schritt mit einem mutmaßlichen Verstoß gegen das Heilmittelwerbegesetz: Lauterbach äußerte sich in den vergangenen Monaten wiederholt positiv über das Covid-Medikament Paxlovid, das er bei seiner Erkrankung im Sommer eingenommen hatte.

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Paxlovid kann in Deutschland seit dem 25. Februar 2022 ärztlich verordnet werden und ist die erste antivirale Arznei zur oralen Einnahme, die in der EU zugelassen ist. Hergestellt werden die Tabletten, die bei einer Infektion mit dem Corona-Virus vor schweren Verläufen schützen können, vom amerikanischen Pharmaunternehmen Pfizer.

Während das Medikament in den USA bis zu 40.000 Mal täglich zum Einsatz kommt – auch US-Präsident Joe Biden nahm es zur Vorbeugung gegen Komplikationen –, ist es in Deutschland ein Ladenhüter. Nur wenige Ärzte verschreiben es bisher.

Wegbereitung oder Werbung?

In mehreren Tweets betonte Lauterbach während seiner Covid-Erkrankung im August die Vorteile von Paxlovid. So schrieb er unter anderem: "Mit 4. Impfung plus Paxlovid im Erkrankungsfall lassen sich bei Älteren fast alle Todesfälle vermeiden." Und ergänzte einige Wochen später, dass "Hausärzte das antivirale Medikament Paxlovid [ab sofort] selbst dem Patienten abgeben dürfen, auch ohne Gang zur Apotheke".

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Auch eine telefonische Verordnung und Lieferung per Bote sei nun möglich, schrieb Lauterbach damals. Der Gesundheitsminister hatte sich selbst für diese Verschreibungs- und Liefererleichterungen eingesetzt, die Mitte August in Kraft traten. Sein Ziel sei es, die Arznei zu einem zentralen Mittel in der Pandemiebekämmpfung zu machen, wie er es dem Nachrichtenmagazin "Spiegel" sagte. Außerdem führte er eine Vergütung von 15 Euro für jede ärztliche Verordnung ein. Nachdem dieser Anreiz erst bis zum 30. September begrenzt war, erhalten verschreibende Ärzte den Zuschlag nun bis zum 7. April 2023.

Darüber hinaus riet Lauterbach dazu, dass jedes Pflegeheim neben einem Impf- auch einen Paxlovid-Beauftragten ernennen und einen Vorrat des Medikaments einlagern solle, um dieses bei Bedarf schnellstmöglich einsetzen zu können. Im ersten Monat nach Inkrafttreten der geänderten Rahmenbedingungen lieferte der Großhandel mehr als zweimal so viele Paxlovid-Packungen aus wie zuvor. Ein treibender Faktor für Lauterbachs Bemühungen um das Medikament dürfte unter anderem die hohe Vorratshaltung der Bundesregierung sein.

Nach der Zulassung der Covid-Tabletten hatte das Bundesgesundheitsministerium Anfang des Jahres vorsorglich eine Million Packungen eingekauft. Bis zur Intervention des Ministers waren davon gerade einmal 460.000 vom Großhandel abgerufen und nur rund 43.000 an Apotheken ausgeliefert worden, berichtete das Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Knapp die Hälfte der im Großhandel vorrätigen Packungen hätten bereits im Februar 2023 ihr Verfallsdatum erreicht – ein potenzieller Verlust von 17 Milliarden Euro. Um dies zu verhindern, verlängerte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte die Haltbarkeitsdauer kürzlich von einem Jahr auf 18 Monate.

Dass Paxlovid für bestimmte Gruppen tatsächlich sehr effektiv ist, belegt unter anderem eine großangelegte Studie aus Israel: So konnte ein Forscherteam an mehr als 100.000 Patientinnen und Patienten zeigen, dass die Tabletten bei Menschen über 65 das Risiko für einen schweren Verlauf von Covid-19 deutlich senken können – unabhängig davon, ob diese geimpft oder ungeimpft sind. Die Wahrscheinlichkeit, im Krankenhaus behandelt werden zu müssen, war bei Paxlovid-Patientinnen und -Patienten demnach um 73 Prozent geringer als bei der Vergleichsgruppe.

Kritik an Lauterbach ist nicht neu

Wiederholt haben Ärzte- und Apothekervertreter sich jedoch kritisch über die vollmundigen Beschwörungen des Gesundheitsministers zu Paxlovid geäußert. Die Vorsitzende der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, Gabriele Regina Overwiening, sprach angesichts der direkten Ausgabe des Mittels über die Hausärzte von "verantwortungslosem Aktionismus".

Dass Ärzte das Medikament in den ersten Monaten nach der Zulassung nur sehr zurückhaltend verschrieben hätten, habe medizinische Gründe und nichts mit der Verfügbarkeit oder der Abgabe durch Apotheken zu tun gehabt. Der ärztliche Geschäftsführer der Facharztklinik am Hamburger Universitätsklinikum Eppendorf, Torsten Hemker, kritisierte im "Abendblatt" sogar Lauterbachs Arzt dafür, dass dieser ihm Paxlovid verordnet hatte: Der Minister zähle zu keiner der Risikogruppen, für die das Medikament ausschließlich empfohlen sei.

Auch der Vorwurf, dass es sich bei Lauterbachs Tweets und Interviewäußerungen zu Paxlovid um Werbung handeln könnte, kam bereits auf. Als er das Medikament im September in der Polit-Talkshow von Markus Lanz lobte, kommentierte dieser die Aussagen des Ministers scherzhaft mit dem Satz: "Gut, soweit der Werbeblock für Paxlovid." Doch Lauterbach ist nicht der einzige Fan des Mittels in der Bundesregierung.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) soll bei seiner Covid-Infektion im September von Paxlovid profitiert haben. Ebenso der 43-jährige Bundesfinanzminister Christian Lindner, der davon ausgeht, dass ihm die Arznei bei seiner Erkrankung im April die Quarantänezeit verkürzt habe. "Ich glaube, das sollte in Deutschland öfter genutzt werden", so der FDP-Chef bei einer Pressekonferenz Ende September.

Wie weit die AfD-Bundestagsfraktion mit ihrer Strafanzeige gegen Lauterbach kommt, muss nun die Staatsanwaltschaft Berlin entscheiden.

Verwendete Quellen
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