NS-Verbrechen relativiert? Wagenknecht-Anhängerin sorgt mit Mail für Aufsehen
Eine Linken-Politikerin hat in einem Schreiben an Parteikollegen die Kundgebung von Sahra Wagenknecht verteidigt. Das sorgt für Empörung, denn sie zieht krude Vergleiche zur NS-Zeit.
Eine Woche nach der von Sahra Wagenknecht organisierten Kundgebung "Aufstand für Frieden" sorgt ein Schreiben im Landesverband Nordrhein-Westfalen für Aufsehen.
Es handelt sich dabei um eine intern verschickte Verteidigung gegenüber dem Landesvorstand NRW und der Bundesparteiführung, die Wagenknecht mangelnde Abgrenzung nach rechts vorgeworfen hatten. Verfasserin ist Isabelle Casel, Sprecherin der Bundesarbeitsgemeinschaft "Frieden und Internationale Politik" der Linken und treue Wagenknecht-Anhängerin. Das berichtet der "Spiegel", dem das Schreiben vorliegt.
Für Aufsehen sorgt dabei Casels Argumentation: Sie schreibt, es handele sich um eine "scheinheilige Solidarität" mit der Ukraine. Wenn Russland besiegt werden solle, würde das bedeuten, "dass dann mindestens auch die Ukraine, möglicherweise ganz Europa oder die ganze Welt in Schutt und Asche liegt und ruiniert ist". Russische Interessen hingegen würden "nicht ernst genommen oder ignoriert".
Bei der Demonstration von Wagenknecht habe es keine "Nationalfahnen" gegeben, so Casel. Dass einige Menschen dort "Lügenpresse" gerufen hätten, könne sie angesichts der Berichterstattung dazu "sogar irgendwie nachvollziehen".
Linkenpolitiker: "Naziverharmlosung"
Dann bemüht sie einen Vergleich zum Zweiten Weltkrieg und dem Sieg der Alliierten über Nazideutschland. "Und wer da nun wieder mit Hitler kommt. Nein es war nicht richtig ganz Deutschland mit seiner Zivilbevölkerung in Schutt und Asche zu legen mit den Bombardierungen der Alliierten sogar noch nach Kriegsende", schreibt Casel. Es habe "Kriegsverbrechen auf ALLEN Seiten" gegeben. Und: Gewalt führe nie zu einer Lösung.
Einige Parteikollegen sehen in diesen Äußerungen Relativierungen der NS-Verbrechen. Es handele sich um "Naziverharmlosung", so ein Linkenmitglied im "Spiegel".
Auf Nachfrage des Nachrichtenportals antwortete Casel, sie relativiere keine NS-Verbrechen. "Die Atombombenabwürfe von Hiroshima und Nagasaki durch die USA töteten bis zu 120.000 Menschen sofort und doppelt so viele durch die Spätfolgen – ganz überwiegend Zivilisten, völlig ohne militärischen Nutzen. Allein das zeigt, dass es Kriegsverbrechen auf allen Seiten gegeben hat", heißt es in ihrer Antwort weiter.
Casel hatte 2021 erfolglos für den Wahlkreis Rheinisch-Bergischer Kreis für den Bundestag kandidiert. Damals kamen Wagenknecht und die Abgeordnete Sevim Dağdelen zum Wahlkampf vorbei.
Wagenknecht wegen Demo-Teilnehmern in der Kritik
An der Kundgebung "Aufstand für den Frieden" hatten bekannte Rechtsextreme und AfD-Politiker teilgenommen – in entsprechenden Kreise war zuvor dazu aufgerufen worden. Da Wagenknecht und ihre Mitorganisatoren sich davon nicht klar distanziert hatten, unterstützte der Parteivorstand die Veranstaltung nicht. Die Kundgebung hatte sie zudem nicht mit der Parteiführung abgestimmt und wollte auch bis kurz vor der Veranstaltung keine Rednerliste bekannt geben.
Wagenknecht selbst hatte zuletzt angekündigt, bei der nächsten Bundestagswahl nicht mehr kandidieren zu wollen. Ob sie eine neue Partei gründen will, ist weiter unklar.