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Anne Will: Analyse der Landtagswahlen – "Die AfD ist demokratisch gewählt"


Schonungslose Analyse
"Muss man dann auch mal zur Kenntnis nehmen"


Aktualisiert am 09.10.2023Lesedauer: 4 Min.
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"Welt"-Journalist Robin Alexander wirbt für mehr Akzeptanz der AfD im politischen Diskurs (Archivbild).Vergrößern des Bildes
"Welt"-Journalist Robin Alexander wirbt für mehr Akzeptanz der AfD im politischen Diskurs (Archivbild). (Quelle: IMAGO/Uwe Koch/Eibner-Pressefoto)

Ist der politische Diskurs wirklich verroht oder würde selbst Mutter Teresa als CDU-Kandidatin unter Rechtsextremismusverdacht geraten?

Moderatorin Anne Will hatte am Sonntagabend in der ARD zur Analyse der Landtagswahlergebnisse in Bayern und Hessen eingeladen. Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken versuchte bei ihrem Talkshow-Auftritt erst gar nicht, das doppelte historische Wahldesaster ihrer Partei zu erklären. Stattdessen kam es zu einer Diskussion über die demokratische Legitimation der AfD, den Anteil der Migrationsfrage am Wahlausgang und den Umgang der politischen Parteien miteinander.

Die Gäste:

  • Saskia Esken, SPD-Parteivorsitzende
  • Karin Prien, stellvertretende CDU-Vorsitzende
  • Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft
  • Nicole Deitelhoff, Politikwissenschaftlerin
  • Robin Alexander, stellvertretender "Welt"-Chefredakteur

Der Journalist Robin Alexander riet einleitend dazu, angesichts des starken Abschneidens von Parteien rechts der Mitte nicht gleich die Demokratie in Gefahr zu wähnen. "Auch die AfD ist demokratisch gewählt", argumentierte der stellvertretende "Welt"-Chefredakteur und fügte hinzu: "Das muss man dann auch mal zur Kenntnis nehmen."

Das wollte Esken so nicht stehen lassen. "Die AfD mag eine demokratisch gewählte Partei sein, aber sie ist keine demokratische Partei. Sie ist eine regelrecht antidemokratische Partei", hielt die SPD-Chefin ihrem Mitdiskutanten entgegen. Auf Alexanders Einwand, dass niemand ernsthaft den Zusammenhang zwischen der gegenwärtigen Migrationssituation und den Erfolgen von Rechtspopulisten anzweifeln könne, ging die Sozialdemokratin ebenfalls ein.

Sie sei nicht sicher, ob Migration und Migrationspolitik die Menschen tatsächlich mehr bedrückten als die Zukunftsängste anlässlich der vielen aktuellen Krisen, so Esken. Auf diese allgemeine Veränderungsmüdigkeit und Verunsicherung gebe die AfD "eine emotionale, auf Empörung ausgerichtete Antwort, nämlich: Die Migranten sind schuld." Die eigenen komplexen Antworten der Bundesregierung seien hingegen "nicht so leicht transportierbar".

CDU-Vize Prien: Ampel ohne Antworten auf drängende Fragen

Eine Einschätzung, die die stellvertretende CDU-Vorsitzende Karin Prien nicht teilte. "Es geht darum, den Menschen zu zeigen, dass man Lösungen hat für die Probleme, die sie bewegen. Und es zu leugnen, dass die Menschen Migration für eines der entscheidenden Themen halten, das halte ich wirklich für total kurzsichtig", kritisierte die Christdemokratin.

Man dürfe zwar nicht den Rattenfängern auf den Leim gehen und einfache Lösungen versprechen, müsse aber doch auf die Sorgen angesichts von Migrationsbewegungen nach Deutschland und Probleme wie den wirtschaftlichen Abschwung oder die Inflation reagieren. "Offensichtlich ist es der Ampel nicht gelungen, die Antworten zu geben, sonst wären die Ergebnisse heute Abend anders ausgefallen", resümierte Prien mit Blick auf das schwache Abschneiden der Regierungsparteien SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen.

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Tatsächlich zeigte sich das einzige Regierungsmitglied in der Runde, Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir, zerknirscht und einsichtig. "Das ist nicht in Hessen vergeigt worden, sondern das waren schon auch wir, das war die Ampel", kommentierte der Grünen-Politiker die Stimmenverluste für seine Parteikollegen. "Die Wahlergebnisse sind einfach eindeutig, auch wenn die Grünen vielleicht mit einem blauen Auge davongekommen sind. Alle drei Ampelparteien haben verloren", resümierte Özdemir. Auf die toxische Kombination aus wirtschaftlichen Schwierigkeiten und der Angst vor Abstieg und Zuwanderung habe die Regierung nicht überzeugend geantwortet.

Özdemir sieht Söder als Wahlverlierer

Ganz ohne Attacke auf die politische Konkurrenz wollte Özdemir seinen Auftritt allerdings auch nicht verstreichen lassen. So bezeichnete er den bayerischen CSU-Ministerpräsidenten Markus Söder als weiteren Verlierer der Wahl. Söder sei allerdings zu frei von Demut und jeder Art von Selbstkritik, um die Niederlage einzugestehen. Özdemir warf dem bayerischen Regierungschef außerdem vor, einen polemischen und stark gegen die Grünen ausgerichteten Wahlkampf geführt zu haben.

Angesichts der massiven Störungen bei Wahlkampfveranstaltungen, von denen der Grünen-Politiker berichtete, schlug er vor, im Umgang der demokratischen Parteien untereinander die Grundregeln des Anstands einzuhalten. "Ich bin fest davon überzeugt, das würde uns wahnsinnig helfen gegenüber den Gegnern der Demokratie."

Die Politologin Nicole Deitelhoff teilte die Kritik an Söder und beklagte mit Blick auf dessen Aussage, die Grünen hätten kein Bayern-Gen, eine "Verrohung des politischen Diskurses". Man tue immer so, "als wäre das ein Phänomen der sozialen Medien oder irgendwelcher Menschen mit niedrigem Bildungsgrad", so Deitelhoff. Dabei sei es "auch ein Problem politischer Eliten und wie sie übereinander sprechen, sich nicht mehr als Gegner wahrnehmen, sondern sich als Feinde markieren", bemängelte die Professorin der Frankfurter Goethe-Universität.

Alexander erkannte in dieser Kritik hingegen ein Symptom für eine ganz andere Tendenz, nämlich den Versuch, politische Konkurrenten "demokratisch auszubürgern", also ins Abseits zu stellen. Zwar gebe es den Grünen gegenüber einen Ton, der "einfach ungehörig" sei, allerdings habe Söder keineswegs einen Wahlkampf mit extremer Ausrichtung geführt.

Als weiteres Opfer des von ihm konstatierten Vorgehens sah der Journalist den CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz. Dieser könne machen, was er wolle, er werde am Ende doch immer als politisch rechtsaußen gelten. "Und die CDU könnte auch Mutter Teresa aufstellen und sie würde als Rechtsaußen gezeichnet, und das ist ein Unglück, weil es nämlich echte Rechtsaußen gibt", überspitzte der "Welt"-Redakteur seinen Vorwurf.

Verwendete Quellen
  • ARD: "Sendung 'Anne Will' vom 8. Oktober 2023"
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