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Ukraine: Ampel könnte Milliarden-Hilfe aus der Kaffeekasse mobilisieren


Extra-Geld für die Ukraine
Plötzlich sind da doch noch einige Milliarden


Aktualisiert am 22.05.2024Lesedauer: 4 Min.
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Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (Archivbild): Deutschland ist für die Bündnisverteidigung eine Rolle als Drehkreuz zugedacht, über das ein Truppenaufmarsch der Verbündeten laufen soll.Vergrößern des Bildes
Boris Pistorius: Deutschland will die Ukraine kurzfristig mit weiteren Milliarden unterstützen. (Quelle: Christoph Hardt/imago-images-bilder)

Die Ukraine steht stark unter Druck. Die Bundesregierung will kurzfristig mit Milliarden helfen. Doch das könnte in der Ampel zu weiterem Streit führen.

Annalena Baerbock (Grüne) muss ihren Plan ändern, es ist Krieg. Die Außenministerin ist am Dienstag nach Kiew gereist, doch sie kann nicht wie geplant nach Charkiw in die Ostukraine. Die Situation nahe der Front: viel zu unsicher.

"Ich sehe", sagt Baerbock, als sie im gut beschützten Präsidentenpalast in Kiew Wolodymyr Selenskyj gegenübersitzt, "dass viel mehr getan werden muss bei der Unterstützung". Auch von Europa. So zeigt es ein Video, das die ukrainische Regierung verbreitet.

Es sieht nicht besonders gut aus für die Ukraine im Verteidigungskrieg gegen Russland. Es fehlen Soldaten, es fehlen Waffen, es fehlt Munition. Und zwar nicht erst übermorgen, sondern jetzt. Deutschland will seine Ukraine-Hilfe für dieses Jahr deshalb aufstocken. Doch was der Ukraine kurzfristig hilft, könnte mittelfristig zu weiterem Streit in der Ampel um den Etat 2025 führen.

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Milliarden aus der Kaffeekasse

Konkret geht es nach t-online-Informationen um eine Summe von rund 3,8 Milliarden Euro, die das Verteidigungsministerium als Zusatzbedarf sieht und die noch aus dem laufenden Haushalt 2024 an die Ukraine fließen sollen. Es wäre ein deutliches Plus, bislang sind für die Ukraine für dieses Jahr rund 7 Milliarden Euro eingeplant. Eine finale Einigung zwischen Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) steht zwar noch aus, allerdings soll sich Lindner für die Hilfen offen zeigen.

Dem Vernehmen nach soll das Geld im Einzelplan 60 des Bundeshaushalts mobilisiert werden. Dieser Teil des Bundeshaushalts läuft unter dem Namen "Allgemeine Finanzverwaltung" und ist so etwas wie ein Sondertopf, in dem Ausgaben des Bundes zusammengefasst sind, die sich nicht einem einzelnen Ministerium zuordnen lassen. Eine Art Kaffeekasse.

Um das Geld locker zu machen, stehen dem Bund zwei Wege offen. Die Regierung kann dem Bundestag entweder einen Nachtragshaushalt vorlegen und mit den Stimmen der Koalition beschließen lassen – das wäre die umständlichere Variante, die mehr Zeit in Anspruch nimmt und potenziell zu größeren Diskussionen führt.

Oder sie kann mit der Einwilligung des Finanzministeriums im Falle eines "unvorhergesehenen und unabweisbaren Bedarfs" eine "überplanmäßige Ausgabe" vornehmen. Der Charme dieses Vorgehens: Der Haushaltsausschuss würde darüber lediglich unterrichtet, eine formelle Zustimmung der Parlamentarier braucht es nicht. Nach t-online-Informationen gilt der zweite Weg deshalb als wahrscheinlicher.

Möglichst Material aus Beständen

In beiden Fällen gilt: Die Gegenfinanzierung soll weitgehend stehen, offenbar lassen sich spezielle Spielräume im Haushalt nutzen. Offen aber ist noch die Frage, wofür genau die Milliarden in der Ukraine genutzt werden sollen.

Einem Bericht des "Spiegel" zufolge soll die Summe militärische Anschaffungen finanzieren, die noch im laufenden Jahr einen Unterschied an der Front machen können, also zusätzliche Munition, aber auch Flugabwehrkanonen wie etwa die von der Ukraine immer wieder geforderten Patriot-Systeme. Ein solches hatte Deutschland der Ukraine erst kürzlich geliefert, viel mehr geht gerade nicht. Das Geld könnte also jetzt zum Einsatz kommen, damit die Ukrainer Gerät an anderer Stelle einkaufen kann.

Die Hilfe muss angesichts der Lage möglichst zügig ankommen, sollte also bestenfalls auch aus Beständen der Bundeswehr stammen. Das betont auch der Grünen-Haushälter Sebastian Schäfer. "Wichtig ist, dass konkrete Unterstützung schnell in der Ukraine ankommt und eingesetzt werden kann", sagt er t-online.

Das Milliardenplus aus der Kaffeekasse hält Schäfer für eine gute Idee. "Weitere internationale Unterstützung für die Ukraine ist angesichts der dramatischen Situation dort dringend notwendig", sagt er. Deutschland habe mit der Lieferung eines dritten Patriot-Systems einen wichtigen Schritt unternommen. "Eine weitere Mittelzusage wäre dann hoffentlich auch beispielgebend für die großen Länder in Europa."

Denn die – das betonen auch Kanzler Olaf Scholz und seine Minister immer wieder – könnten für die Ukraine noch deutlich mehr tun.

Der komplizierte Haushalt 2025

Auf die internationalen Partner Deutschlands stellt auch FDP-Fraktionsvize Christoph Meyer ab. "Gemeinsam mit unseren Nato-Partnern werden wir auf Grundlage des Materialbedarfs der Ukraine schauen, wer was liefern kann", sagt der Haushaltspolitiker t-online.

Zugleich betont er: "Für die zusätzlichen Ukraine-Hilfen lässt sich im Bundeshaushalt eine schuldenbremsenkonforme Lösung finden. Dafür ist aber das Verteidigungsministerium in der Pflicht, sauber darzulegen, welches Material in diesem Jahr noch geliefert oder neu angeschafft werden soll."

An dieser Stelle wird klar: So sehr die kurzfristigen Milliarden der Ukraine im besten Fall helfen würden – sie könnten den komplizierten Streit der Ampelregierung um den Haushalt 2025 noch einmal komplizierter machen.

Anders als die FDP, die auf die Einhaltung der Schuldenbremse pocht, betont man bei den Grünen nämlich nun, dass es mit mehr kurzfristigem Geld für die Ukraine nicht getan sei. Was ist mit Cybersecurity? Was mit den Nachrichtendiensten? Humanitärer Hilfe und Katastrophenschutz? Der Inneren Sicherheit? Und überhaupt: Mit allen anderen Investitionen, zum Beispiel für Klimaschutz und Infrastruktur?

Bei aller grundsätzlichen Einigkeit in der Regierung, der Ukraine nun schnell zusätzliche Hilfe zukommen zu lassen, bleibt der Grundkonflikt der Ampel also bestehen: Braucht es neue Schulden für den Haushalt 2025 – oder nicht?

Das lässt auch Annalena Baerbock in Kiew durchblicken. Als sie in einem Interview mit der "Bild"-Zeitung nach den 3,8 Milliarden für Pistorius gefragt wird, antwortet die Außenministerin, sie sei sich "da mit dem Verteidigungsminister ganz einig, und nicht nur mit ihm, auch mit der Innenministerin: Wir brauchen einen Sicherheitshaushalt."

Finanzminister Christian Lindner nennt sie nicht. Denn da hört die Ampeleinigkeit auf.

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