Aufrüstung und Investitionen Klingbeil will Schuldenberg weiter erhöhen

Der Bundestag hat noch vor der schwarz-roten Regierungsübernahme den Weg für neue Schulden freigemacht. Diesen Spielraum will die Koalition schon in diesem Jahr ausnutzen.
Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) will innerhalb von zwei Jahren neue Schulden in Höhe von 170 Milliarden Euro aufnehmen. Das geht aus dem Haushaltsentwurf für das Jahr 2025 hervor, den das Kabinett von Kanzler Friedrich Merz (CDU) am Dienstag beschließen will. Laut den Plänen, die t-online vorliegen, sollen allein in diesem Jahr 81,8 Milliarden Euro an neuen Krediten aufgenommen werden. Für 2026 sind weitere 89,3 Milliarden Euro eingeplant. Hinzu kommen Kredite aus zwei Sondervermögen für Infrastruktur, Klimaschutz und die Bundeswehr, die den Schuldenstand noch deutlich erhöhen.
Schon im laufenden Jahr summiert sich die staatliche Nettokreditaufnahme auf mehr als 140 Milliarden Euro. Das sind gut viermal so viel wie noch 2024. Bis 2029 soll sie laut Finanzplan auf 185 Milliarden Euro jährlich steigen. Als Grund nennt das Bundesfinanzministerium den "Start der Modernisierung unseres Landes" sowie die geopolitische Lage. Deutschlands Sicherheit sei "bedroht", heißt es in der Vorlage: "Erstmals seit Ende des Zweiten Weltkrieges müssen Deutschland und Europa in der Lage sein, ihre Sicherheit selbst zu gewährleisten."
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Klingbeil kann auf neue Verschuldungsspielräume zurückgreifen, die das schwarz-rote Bündnis vor der Kanzlerwahl durch Grundgesetzänderungen geschaffen hatte. Dazu zählt ein Sondertopf von 500 Milliarden Euro für Infrastruktursanierung, der über zwölf Jahre laufen soll. 2025 will Klingbeil daraus 37,2 Milliarden Euro abschöpfen, 2026 sollen es 57,9 Milliarden Euro sein. Die Schuldenbremse gilt für diesen Topf nicht.
Rüstungsausgaben sollen stark steigen
Ein Großteil der neuen Mittel fließt in die Verteidigung. Bereits 2025 sind im Kernhaushalt 62,4 Milliarden Euro dafür vorgesehen. Bis 2029 sollen sich diese Ausgaben auf 153 Milliarden Euro verdreifachen. Laut der Vorlage plant Finanzminister Klingbeil mit einer Nato-Quote von 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts im Jahr 2029. 2025 liegt sie bei 2,4 Prozent. In diesem Jahr fließen insgesamt 75 Milliarden Euro in Bundeswehr, Bevölkerungsschutz, Nachrichtendienste und internationale Hilfen.
Ermöglicht wird das durch die erwähnte Grundgesetzänderung, die vorsieht, dass Verteidigungsausgaben nur bis zu einem Prozent des BIP auf die Schuldenbremse angerechnet werden. Laut Ministerium werden allein 32,1 Milliarden Euro in diesem Jahr über neue Kredite finanziert.
In seiner eigenen Partei stößt Klingbeil damit jedoch auf Widerstand. Mehrere prominente Sozialdemokraten fordern eine Abkehr von der Aufrüstungspolitik und lehnen neue US-Mittelstreckenraketen ebenso ab wie höhere Rüstungsausgaben.
Auch Investitionen steigen deutlich
Zweiter Schwerpunkt der Haushaltspläne ist die Sanierung der Infrastruktur. "Es muss Schluss sein mit der Phase des Kaputtsparens", heißt es aus dem Finanzministerium. Für 2025 sind Investitionen in Höhe von 115,7 Milliarden Euro vorgesehen, für 2026 123,6 Milliarden. Finanziert wird dies über das Sondervermögen sowie aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF), gespeist aus dem Emissionshandel.
Laut Haushaltsentwurf steigt das gesamte Etatvolumen 2025 um rund sechs Prozent auf 503 Milliarden Euro. 2026 soll es auf 519,5 Milliarden Euro anwachsen. Enthalten ist auch eine Kapitalspritze von 8,5 Milliarden Euro für die Deutsche Bahn.
Zwei Etats in kurzer Zeit
Für Klingbeil ist es ein Kaltstart: Noch keine zwei Monate im Amt, muss er gleich zwei Haushalte vorlegen. Zuerst jenen für das laufende Jahr, den die Ampel nicht mehr fertiggestellt hatte. Parallel laufen die Arbeiten am Etat für 2026, der Ende Juli im Kabinett beraten werden soll.
Die Verhandlungen mit den Ministerien liefen ohne Kanzler am Tisch. Dem Vernehmen nach überstiegen die Wunschlisten der Ressorts den Finanzrahmen um rund 50 Milliarden Euro. Klingbeil habe das "abgewendet" und die Ausgabenwünsche heruntergehandelt, heißt es.
Das Kabinett will am Dienstag neben dem Haushalt 2025 auch die Eckwerte für 2026 und den Finanzplan bis 2029 beschließen. Es ist die erste umfassende Finanzplanung der Regierung Merz. Finanzminister Klingbeil betont, es gehe um "Wachstum, Sicherheit, Wettbewerbsfähigkeit und Entlastung".
- Eigene Recherchen
- Mit Material der Nachrichtenagenturen afp, dpa und reuters