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Frauke Brosius-Gersdorf: Debatte um Richterwahl wird fortgeführt


Streit um die gescheiterte Richterwahl
"Gibt es noch einen Funken Anstand?"

Von t-online, pmi

13.07.2025 - 12:44 UhrLesedauer: 4 Min.
Frauke Brosius-GersdorfVergrößern des Bildes
Frauke Brosius-Gersdorf ist eine der von der SPD vorgeschlagenen Richter-Kandidatinnen. (Quelle: Britta Pedersen/dpa/dpa-bilder)
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Der Konflikt um die gescheiterte Wahl der neuen Richter am Verfassungsgericht wird koalitionsintern wie -extern mit unverminderter Härte weitergeführt.

Nach der abgesetzten Wahl von drei Verfassungsrichtern durch den Bundestag am Freitag bemühen sich Politiker von Union und SPD weiter um eine Lösung des Konflikts, während Vertreter aller Oppositionsparteien den Finger in die offene Regierungswunde legen. Zuletzt hatte sich Bundesinnenminister Dobrindt offen für Gespräche mit der Partei Die Linke gezeigt.

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Linkspartei reagiert zurückhaltend auf Dobrindts Angebot

Die Linkspartei nahm das Angebot zurückhaltend auf. "Wenn Dobrindt nach dem Wahlchaos plötzlich mit der Linken reden will, ist das so, als würde einem Bäcker nach dem Backen auffallen, dass er die Hefe vergessen hat", sagte Linken-Chefin Ines Schwerdtner am Sonntag der Nachrichtenagentur AFP. "Nach dem beispiellosen Fiasko bei der Richterwahl steht die Union nun in der Pflicht, weiteres Chaos zu verhindern."

Voraussetzung für Gespräche mit der Linken sei eine klare Abgrenzung der Union von der AfD. "Wir machen keine faulen Kompromisse und lassen uns nicht auf schmutzige Deals ein", sagte Schwerdtner. Hier müsse sich die Union ehrlich machen: "Will sie mit Spahn & Co ernsthaft auf Stimmen von der AfD setzen – oder gibt es in der Union noch einen Funken Anstand?" Ihre Erwartungen an eine klare Abgrenzung der Union von der AfD seien "gering", so Schwerdtner weiter.

Tilmann Kuban ruft Brosius-Gersdorf zum Rückzug auf

Tilmann Kuban, ehemaliger Bundesvorsitzender der Jungen Union und für die CDU aktuell im Bundestag, forderte die umstrittene Kandidatin der SPD indirekt zum freiwilligen Rückzug auf. "Wenn ich in der Lage von Frauke Brosius-Gersdorf wäre, würde ich mir die Frage stellen, ob ich meine Kandidatur aufrechterhalte", sagte Kuban dem Berliner "Tagesspiegel". Es liege in ihrer Verantwortung, weiteren Schaden vom Bundesverfassungsgericht abzuwenden. Brosius-Gersdorf müsse sich diesbezüglich hinterfragen.

Gegen Brosius-Gersdorf gab und gibt es in der CDU/CSU Vorbehalte. Dabei geht es unter anderem um Brosius-Gersdorfs befürwortende Haltung gegenüber einer Impfpflicht während der Corona-Pandemie, andererseits um ihre aus Sicht mancher Abgeordneter zu liberale Haltung zu Abtreibungen. Zuletzt kam auch noch ein Plagiatsverdacht gegen sie auf. Dieser ziehe ihre fachliche Expertise in Zweifel, hieß es aus der Unionsfraktion. Diese sei aber zentrales Argument für die Wahl der Kandidatin gewesen.

Zudem hätte die CDU/CSU für die Wahl ihres Kandidaten auf Stimmen der AfD angewiesen sein können. Denn Gespräche mit der Linken lehnt die Unionsfraktion bislang ab. Ohne die Stimmen der Linken hätten jene der AfD entscheidend werden können. Die Wahlen selbst wären allerdings geheim gewesen.

Banaszak: Union beugt sich dem Druck von rechts

Der Bundes-Co-Vorsitzende der Grünen, Felix Banaszak, sprach der Union die Fähigkeit ab, eine staatstragende Rolle in Deutschland spielen zu können. Sie habe sich dem Druck von rechts gebeugt. Den Staat zu tragen heiße, ihn in seinem demokratischen Kern vor Rechtspopulisten zu schützen, sagte Banaszak beim Landesparteitag der Grünen in Hamburg. "Wer in dieser Zeit staatstragend ist, nimmt nicht in Kauf, dass rechte Demokratiefeinde die Führung in diesem Land, zumindest in einem solchen Moment, übernehmen."

Kritik an der Unionsspitze wird auch parteiintern lauter

Auch innerhalb der Union wird die Kritik an der Partei- und der Fraktionsspitze und der schwarz-roten Koalition insgesamt deutlicher. Von einem "Autounfall in Zeitlupe", sprach der Chef des CDU-Sozialflügels, Dennis Radtke, in der "Welt am Sonntag". "Vielleicht sollte man in den Fraktionsräumen und Parteizentralen von Union und SPD die Balken vom Wahlabend ausdrucken und aufhängen als Mahnung, dass das Eis verdammt dünn ist, auf dem wir tanzen."

Kritik gab es in den Reihen der Unionsfraktion auch am eigenen Fraktionschef Jens Spahn, der die Absetzung der für Freitag geplanten Wahl der SPD-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf im Bundestag zur Verfassungsrichterin mit Zweifeln an ihrer wissenschaftlichen Integrität begründet hatte. "Die plötzlich auftauchenden Plagiatsvorwürfe lösten bei mir ein ganz ungutes Störgefühl aus", sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Bareiß dem "Tagesspiegel" vom Sonntag. Die Vorwürfe seien fragwürdig und hätten besser geprüft werden müssen: "Gerade an uns Christdemokraten habe ich in solchen Fragen einen hohen Anspruch."

AFD erneuert Fundamentalkritik an Brosius-Gersdorf

Im Gegensatz dazu erneuerte die AFD ihre fundamentale Kritik an Frauke Brosius-Gersdorf und ihren progressiven Positionen. Der ehemalige Europa-Spitzenkandidat Maximilian Krah attestierte ihr auf der Online-Plattform X eine "Kultur des Todes". Ihre Thesen verrieten, dass sie keine Kinder habe: "Deshalb sind Erbrecht, Ehegattensplitting, Witwenrente für sie störend, denn es geht um Frauenerwerbstätigkeit und rein ökonomisches Leistungsverständnis."

Brosius-Gersdorf gebe dem Kulturkampf ein Gesicht, schrieb die stellvertretende AfD-Fraktionsvorsitzende Beatrix von Storch auf X. Dass die SPD an ihr festhalte, sei eine "Ohrfeige ins Gesicht ihres Koalitionspartners". Die SPD wolle ihre "linksradikale Agenda gegen die bürgerlich-konservative Mehrheit im Land" kompromisslos durchziehen: "Wenn die Union das mitmacht, ist sie fertig." Von Storch rief die Union dazu auf, die Brandmauer aufzugeben und den Weg für neue bürgerlich-konservative Mehrheiten freizumachen. Deutschland brauche eine geistig moralische Wende und die gebe es nur mit der AfD.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen dpa und AFP.
  • Posts von Maximilian Krah und Beatrix von Storch auf X.

Quellen anzeigenSymbolbild nach unten

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