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Streit um Familiennachzug: „SPD hat unfassbar schlecht verhandelt“


Streit um Familiennachzug für Flüchtlinge
"Die SPD hat unfassbar schlecht verhandelt"

Von Patrick Diekmann

Aktualisiert am 31.01.2018Lesedauer: 3 Min.
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Martin Schulz kommt zu den Koalitionsverhandlungen: Bei der Einigung zum Familiennachzug für Flüchtlinge gibt es zunehmend Kritik aus der SPD.Vergrößern des Bildes
Martin Schulz kommt zu den Koalitionsverhandlungen: Bei der Einigung zum Familiennachzug für Flüchtlinge gibt es zunehmend Kritik aus der SPD. (Quelle: dpa-bilder)

Nach der Einigung beim Thema Migration bricht bei der SPD Streit über die Bewertung der Einigung aus. Besonders Juso-Chef Kühnert und der Deutsche Anwaltverein üben scharfe Kritik an der SPD-Spitze.

Ein erster Kompromiss von Union und SPD beim Familiennachzug stößt in den Reihen der Sozialdemokraten auf Widerstand. Beide Seiten interpretierten die Lösung jeweils unterschiedlich – und aus der SPD gab es harte Attacken auf die CSU. Während die Christsozialen erklärten, der Anspruch auf Familiennachzug für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus sei endgültig abgeschafft, hob die SPD eine deutlich weitergehende Härtefallregelung hervor. Von Linken, Grünen, Flüchtlingsgruppen und Sozialverbänden kam scharfe Kritik.

"Nicht wirklich was Neues" gelungen

Teile der SPD äußerten sich zunehmend kritisch über den Kompromiss beim Familiennachzug. Juso-Chef Kevin Kühnert warf den SPD-Verhandlungsführern mit Parteichef Martin Schulz an der Spitze im Deutschlandfunk vor, den Auftrag des SPD-Parteitages in diesem Punkt nicht erfüllt zu haben. Bei der Härtefallregelung habe der Parteitag ganz klar eine "weitergehende" Regelung als bisher gefordert. "Dieser Auftrag ist nicht erfüllt worden", sagte Kühnert. Wenn es in den Verhandlungen insgesamt nicht gelinge, mehr herauszuholen, müsse man Gespräche gegebenenfalls abbrechen.

Kühnert warf der SPD-Spitze zudem vor, mit unterschiedlichen Bewertungen des Kompromisses verwirrt zu haben. "Ich glaube, hier fehlt manchmal so ein bisschen das Fingerspitzengefühl auch für die Mitglieder, die sehr skeptisch gegenüber diesem ganzen Prozess sind". Beim Familiennachzug sei noch "nicht wirklich was Neues" gelungen. Er setze aber darauf, dass hierzu noch weiter gesprochen werde. Was ihn zudem störe, sei, dass die SPD in dieser Woche bei der Entscheidung im Bundestag zu dem Thema in Vorleistung gehe, als Gegenleistung aber nur eine vage Härtefallregelung erhalte.

Kühnert ist gegen eine Neuauflage der großen Koalition. Die SPD-Basis wird nach Abschluss der Verhandlungen über einen Koalitionsvertrag abstimmen.

In dasselbe Horn bläst Gisela Seidler, die Vorsitzende des Ausschusses für Ausländer- und Asylrecht beim Deutschen Anwaltverein. Die SPD habe den Familiennachzug "unfassbar schlecht verhandelt", sagte Seidler dem Deutschlandfunk. Sie kritisiert die Abschaffung des Rechtsanspruches auf Familiennachzug – dieser würde von Union und SPD zu Ermessenssache gemacht. Die Deckelung auf 1.000 Personen im Monat sei außerdem willkürlich und man wisse überhaupt nicht, wie diese ausgewählt werden sollten, so Seidler.

Stegner schießt gegen CSU

SPD-Vize Ralf Stegner nannte die CSU in den ARD-"Tagesthemen" scheinheilig: Er sei "sehr befremdet, dass eine Partei, die sich christlich nennt, mit einer solchen Inbrunst gegen die Zusammenführung von Familien" kämpfe. Die CSU sei "geradezu in blindwütigem Wettbewerb mit der AfD über die Deutungshoheit über den Stammtischen". Bei einer Neuauflage von Schwarz-Rot gehe es "maximal" um eine Lebensabschnittspartnerschaft, "die dann hoffentlich bald auch wieder enden wird".

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Die Reaktion aus der CSU folgte am Mittwoch prompt. Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) forderte die SPD auf, sich zum ausgehandelten Kompromiss zu bekennen. Eines der Probleme der Sozialdemokraten sei, "dass man sich einerseits auf etwas einigt, es aber anschließend Teile der SPD gibt, die dann erklären, dass sie nicht zufrieden sind", sagte der beim Thema Migration federführende CSU-Unterhändler im ZDF-"Morgenmagazin". "Wenn man etwas vereinbart, dann muss man auch mit Überzeugung anschließend dazu stehen und es so vertreten. Wenn man es anschließend immer wieder infrage stellt, ist das für eine künftige Regierung nicht ganz einfach."

Abstimmung am Donnerstag

Beim Familiennachzug hatten sich die Unterhändler darauf verständigt, dass Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus ab August in begrenztem Umfang wieder Angehörige nach Deutschland nachholen dürfen. Bis dahin bleibt der Familiennachzug ausgesetzt. Ab August gilt eine Grenze von 1.000 Menschen pro Monat. Hinzu kommt eine Härtefallregelung. Damit dürfte der Bundestag an diesem Donnerstag einer entsprechenden Verlängerung der Aussetzung des Familiennachzuges zustimmen.

CDU-Chefin Angela Merkel bezeichnete die Einigung in der Unionsfraktion nach Teilnehmerangaben als "gute Nachricht". SPD-Chef Martin Schulz und Fraktionschefin Andrea Nahles begrüßten den Kompromiss als Umsetzung der Forderungen des SPD-Parteitags. Dagegen kündigten SPD-Fraktionsvize Eva Högl und Ralf Stegner – beide sitzen für ihre Partei in der Arbeitsgruppe Migration – an, weiter über das Thema verhandeln zu wollen.

Anders als die SPD betonte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt: "Mit der Neuregelung wird der Anspruch auf Familiennachzug für subsidiär Geschützte endgültig abgeschafft." Das sei ein zentraler Baustein zur weiteren Begrenzung der Zuwanderung. "Neue Härtefallregelungen, die ein Mehr an Zuwanderung bedeutet hätten, gibt es nicht." Die Integrationsfähigkeit des Landes dürfe nicht überfordert werden.

Verwendete Quellen
  • dpa
  • afp
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