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AfD-Aussteigerin: "Man wünscht, dass ich von Flüchtlingen vergewaltigt werde"


Ex-AfD-Mitglied Franziska Schreiber
"Man wünscht mir, dass ich von Flüchtlingen vergewaltigt werde"

  • Jonas Mueller-Töwe
InterviewVon Jonas Mueller-Töwe, Marc von Lüpke

Aktualisiert am 11.08.2018Lesedauer: 3 Min.
Interview
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Der Gesprächspartner muss auf jede unserer Fragen antworten. Anschließend bekommt er seine Antworten vorgelegt und kann sie autorisieren.

Zum journalistischen Leitbild von t-online.
Franziska Schreiber: Die 27-Jährige war vier Jahre bei der AfD und hat in ihrem Buch "Inside AfD – Der Bericht einer Aussteigerin" Insiderwissen über die Partei veröffentlicht.Vergrößern des Bildes
Franziska Schreiber: Die 27-Jährige war vier Jahre bei der AfD und hat in ihrem Buch "Inside AfD – Der Bericht einer Aussteigerin" Insiderwissen über die Partei veröffentlicht. (Quelle: Europa Verlag)

Franziska Schreiber hat die Treffen des Geheimdienst-Chefs mit der damaligen AfD-Vorsitzenden publik gemacht. Mit t-online.de spricht sie über die Partei und Alexander Gauland.

t-online.de: Frau Schreiber, wie gefährlich ist die AfD?

Franziska Schreiber: Die AfD ist sehr gefährlich. Sie will einen autoritären Staat. Sie will demokratische Freiheiten und bürgerliche Rechte abbauen. Die Partei will "ausmisten", wenn sie an die Macht kommt. Darüber wird in der AfD offen gesprochen.

Will die AfD die Demokratie abschaffen?

Wenn die AfD an die Macht käme, erhielten alle Journalisten ein Berufsverbot, die sich kritisch zur Partei geäußert haben. Die AfD will die Medien gleichschalten, um das Volk im Sinne der Parteipropaganda umzuerziehen.

Nach außen hin stellt sich die Partei als basisdemokratisch dar.

In der AfD gibt es die Vorstellung, eine basisdemokratische Partei zu sein. Weil sie angeblich den Willen des Volkes verkörpert. Das sogenannte Volk wisse nur noch nichts davon, weil linksgrünversiffte Journalisten es manipulierten. Die Idee: Sind die Journalisten erst beseitigt, wird das sogenannte Volk schon aufwachen. Jeder, der dann noch gegen die AfD ist, ist ein Volksfeind. Das betrifft auch Minderheiten.

Wo verorten Sie sich politisch?

Ich bin liberal.

Franziska Schreiber trat 2013 in die Alternative für Deutschland (AfD) ein. Zuvor beendete die heute 27-Jährige ein Studium der Rechtswissenschaften. Bei der AfD wurde sie unter anderem Vorsitzende der Jungen Alternative in Sachsen und stellvertretende Pressesprecherin. Vor der Bundestagswahl im September 2017 trat sie aus der Partei aus. Am 3. August 2018 veröffentlichte sie das Buch "Inside AfD", in der sie ihre Erfahrungen schildert und einen Blick hinter die Kulissen der Partei wirft. Unter anderen die frühere CDU-Politikerin Erika Steinbach geht gegen den Vertrieb des Buches juristisch vor.

Was sie beschreiben, klingt aber nach Faschismus – wie konnten Sie das so lange mittragen?

Damals war ich selbst im radikalen Lager. In der Jungen Alternative dachte ich aber noch, dass sich die Leute mit der Zeit mäßigen würden. Wir waren ja noch jung. Aber das Radikale war Strategie.

Erklären Sie das bitte näher.

Die extremistischen Äußerungen waren gezielt und strategisch. Man rückte die Partei damit nach rechts und schreckte andere Leute ab. Der rechtsradikale Flügel in der Partei gewann immer mehr Macht.

Die Partei war auch unter dem Vorsitz von Frauke Petry radikal.

Nicht in diesem Maße. Als Frauke Petry schließlich gezielt angegriffen wurde, bin ich mit ihr sozusagen in die parteiinterne Opposition gegangen. Wir haben uns dem Machtkampf gestellt – aber das war komplett aussichtslos. Nach dem Parteitag in Köln stand fest: Ich will austreten.

Hätten Sie diesen Schritt nicht viel früher gehen müssen?

Wir wollten die Partei nicht aufgeben. Meine Überlegung damals war: Wenn ich austrete, überlasse ich den Rechtsradikalen das Feld. Petry hatte zumindest theoretisch eine Chance, die Radikalen zu stoppen. Auch wenn sie nur das kleinere Übel war. Das gemäßigte Lager hat sich aber viel zu spät gewehrt.

Wieso war Frauke Petry für Sie das kleinere Übel?

Wie gesagt, ich bin eher liberal, Petry eher christlich-konservativ.

Sie haben Parteichef Alexander Gauland als einen der gefährlichsten Politiker der AfD bezeichnet. Warum?

Gauland verfügt über die Gabe, stets so zu wirken, als würde er missverstanden. Er lässt die Leute denken: Das meint er jetzt nicht so böse. Und das stimmt einfach nicht. Er bricht Tabus ganz bewusst. Aufgrund seines Alters von 77 Jahren lässt man ihm Dinge durchgehen wie niemand anderem. Das macht ihn so gefährlich.

Was treibt ihn Ihrer Meinung nach an?

Am Anfang war es die Rache gegen die CDU. Mittlerweile ist er ganz vom radikalen Flügel und Björn Höcke vereinnahmt. Gauland möchte als Symbolfigur des rechtsnationalistischen Widerstands in Erinnerung bleiben. Gauland ist kein Konservativer.

Können sie das näher begründen?

Ein Konservativer verteidigt Bürgerrechte. Gauland will Bürgerrechte einschränken. Er will einen autoritären Staat und weniger demokratische Freiheit.

Ist Herr Gauland nicht zu klug, um sich vereinnahmen zu lassen?

Er ist klug, aber auch eitel. Die jungen Rechtsradikalen in der AfD verehren ihn und er genießt das sehr.

Sie nennen sich selbst Aussteigerin. Das klingt nach Sekte.

Ich habe den Begriff Aussteigerin bewusst gewählt. Innerhalb der AfD gibt es den sogenannten Einheitsfrontgedanken: Wir müssen zusammenhalten gegen die da draußen. Jeder Kritiker ist für die AfD ein Verräter. Parteiinterne Kritiker trifft es am schlimmsten – das sind für die AfD Kollaborateure, Feinde der Sache. Das ist mit einer Sekte absolut vergleichbar.


Wie sind die Reaktionen auf Ihr Buch?

Auch die sind ähnlich wie bei einem Sektenaustritt. Ich werde bedroht. Ich werde beleidigt. "Du weißt ja, was mit Verrätern passiert", gibt man mir zu verstehen. Zum Teil sehr grafisch. Man wünscht mir, dass ich von Flüchtlingen vergewaltigt werde. Für die AfD bin ich eine Verräterin und kollaboriere mit dem Feind.

Vielen Dank für das Gespräch.

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