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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Große Militärparade zum "Tag des Sieges" Putin springen die ersten Staatsgäste ab

Am 9. Mai sollen wieder Panzer durch Moskau rollen und Soldaten aufmarschieren: Der "Tag des Sieges" steht an. Mehr als 20 Staatschefs sollten kommen. Doch nun stehen erste Absagen im Raum.
Für den Kremlchef ist es wohl die Veranstaltung des Jahres. Am kommenden Freitag begeht Russland zum 80. Mal den "Tag des Sieges" über Nazideutschland im Zweiten Weltkrieg.
Zu diesem Anlass lässt Wladimir Putin traditionell eine große Militärparade in Moskau abhalten. Der Kreml erklärte Mitte April, dass mehr als 20 Staatschefs ihre Teilnahme angekündigt hätten. Doch wenige Tage vor der Veranstaltung springen offenbar die ersten Gäste ab.
Indien im Konflikt mit Pakistan: Modi und Minister sagen ab
Den Anfang machte Indiens Premierminister Narendra Modi bereits am vergangenen Mittwoch. Wegen wachsender Spannungen mit dem Nachbarn Pakistan, nach einer tödlichen Attacke auf Touristen in der Konfliktregion Kaschmir, könne Modi nicht teilnehmen, hieß es aus Regierungskreisen. Stattdessen wies der indische Premier seinen Verteidigungsminister Rajnath Singh an, am 9. Mai nach Moskau zu reisen.
Doch am vergangenen Samstag sagte dann auch Singh ab – mit derselben Begründung wie Modi. Stattdessen soll nur noch der Vizeverteidigungsminister Sanjay Seth der Kreml-Militärparade beiwohnen. Experten warnen vor einem großen Eskalationsrisiko zwischen Indien und Pakistan. Befürchtet wird, dass Indiens Militär mutmaßliche Basen von Terrorgruppen im Nachbarland angreifen und das Nachbarland danach einen Gegenschlag unternehmen könnte.
Indien gilt als wichtiger, wenn auch indirekter Unterstützer Russlands im Krieg gegen die Ukraine. Nachdem westliche Staaten wegen der russischen Vollinvasion in die Ukraine weitreichende Sanktionen gegen Moskau verhängt hatten, steigerte Russland seine Rohöl-Exporte nach Indien deutlich. Ferner arbeiten beide Länder schon seit Jahrzehnten im Rüstungsbereich zusammen. Beide sind Mitglieder des Brics-Staatenbündnisses.
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Serbien und Slowakei nicht dabei? Vučić und Fico haben wohl gesundheitliche Probleme
Auch zwei europäische Staats- und Regierungschefs hatten sich für Putins Parade angekündigt: der serbische Präsident Aleksandar Vučić und der slowakische Premierminister Robert Fico. Doch hinter der Reise der beiden Europäer nach Moskau steht mittlerweile zumindest ein großes Fragezeichen. Denn sowohl Vučić als auch Fico plagen wohl plötzlich gesundheitliche Probleme.
Vučić reiste Mitte der Woche in die USA, um sich dort über mehrere Tage hinweg mit führenden Politikern zu treffen. Auch eine Visite bei US-Präsident Donald Trump stand auf dem Programm – doch dazu sollte es nicht mehr kommen. Am Samstag brach der serbische Präsident seine Reise wegen eines medizinischen Notfalls ab und kehrte nach Serbien zurück.
In der Hauptstadt Belgrad kam Vučić dann kurzzeitig in ein Militärkrankenhaus. Der Kardiologe Dragan Dinčić erklärte daraufhin, dass der Präsident in "stabilem" Zustand sei. In den USA habe er über "heftige Schmerzen in der Brust" geklagt, Ärzte hätten einen hohen Blutdruck festgestellt. Laut Dinčić sei es unwahrscheinlich, dass der serbische Präsident in den kommenden Tagen seine normalen Tätigkeiten wiederaufnehmen könne. Auch eine Reise nach Moskau am 9. Mai scheint also unwahrscheinlich zu sein. Vučić habe in den vergangenen zehn Jahren mindestens dreimal "ähnliche Probleme" gehabt, so der Kardiologe.
Plagt Fico noch die Verletzung durch das Attentat?
Auch den slowakischen Premier Robert Fico plagen offenbar alte Probleme. Wie das slowakische Nachrichtenportal "TV Noviny" berichtet, habe Fico in den vergangenen Tagen mehrfach Termine abgesagt. Zum 1. Mai sollte er eigentlich mehrere Veranstaltungen anlässlich des Tags der Arbeit wahrnehmen, meldete sich dann aber kurzfristig ab. Stattdessen veröffentlichte er lediglich ein kurzes Video in den sozialen Medien.
Es ist nicht das erste Mal, dass Fico in den vergangenen Wochen kurzfristig Termine absagt. Bereits im April reiste er weder wie geplant nach Großbritannien, noch nahm er an einem gemeinsamen Interview mit dem tschechischen Präsidenten Miloš Zeman teil. Der Tscheche erklärte später, dass Fico noch immer an Folgen des Attentats von vor knapp einem Jahr leide. Der slowakische Premier war am 15. Mai 2024 von einem Mann angeschossen und schwer verletzt worden. An der Moskau-Reise hält Fico offiziell aber noch fest.
Selenskyj warnte Staatschefs vor Teilnahme an Putins Parade
Kurz vor der Siegesparade kam zudem eine Warnung aus Kiew: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte am Samstag Staats- und Regierungschefs davor gewarnt, an der Siegesparade teilzunehmen.
"Wir wissen nicht, was Russland an diesem Tag tun wird. Es könnte verschiedene Maßnahmen ergreifen, wie Brände, Explosionen, und uns dann die Schuld zuzuschieben", sagte Selenskyj in einem Gespräch mit Journalisten unter anderem der Nachrichtenagentur AFP. Kiew könne daher nicht für die Sicherheit der Besucher der Veranstaltung in der russischen Hauptstadt garantieren, sagte Selenskyj weiter. Moskau wies die Warnung zurück und drohte der Ukraine mit Vernichtung, sollte die Parade angegriffen werden. Auch Fico bezeichnete Selenskyjs Aussage als Drohung.
Ungarn sagte gar nicht erst zu
Ein weiterer europäischer Russland-Freund hatte seine Teilnahme an der Moskauer Militärparade gar nicht erst angekündigt: der ungarische Premier Viktor Orbán. Kein ungarischer Vertreter werde den Feierlichkeiten beiwohnen, hieß es bereits Mitte April in einem Bericht der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass. Der Chef von Orbáns Büro erklärte dazu: "Selbst wenn die westeuropäischen Länder gute Beziehungen zu Russland hätten, wäre es für Ungarn nicht sinnvoll, an den Feierlichkeiten teilzunehmen, da das Ende des Zweiten Weltkriegs für das Land eine bittere Niederlage bedeutete." Ungarn stand im Zweiten Weltkrieg auf der Seite Nazideutschlands.
Der Slowake Fico und der Ungar Orbán gelten als engste Verbündete Moskaus innerhalb der EU. Beide Staaten haben sich in der Vergangenheit wiederholt gegen Hilfen für die Ukraine gewehrt. Fico besuchte Putin im vergangenen Dezember in Moskau, Orbán reiste zuletzt im vergangenen Juli in die russische Hauptstadt. Auch der serbische Präsident Vučić unterhält enge Beziehungen zu Russland.
Doch der Serbe wagt dafür einen diplomatischen Spagat – denn sein Land ist auch EU-Beitrittskandidat. Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas hatte die Staats- und Regierungschefs von EU-Ländern und Beitrittskandidaten vor einer Teilnahme an der Siegesparade auf dem Roten Platz gewarnt. Die EU werde dies angesichts des großangelegten russischen Kriegs in der Ukraine nicht als Bagatelle betrachten, hatte sie gesagt.
Staatschefs von China und Brasilien reisen nach Moskau
Ihre Anwesenheit bei der Militärparade haben neben Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping und Brasiliens Präsident Lula da Silva unter anderem auch Armeniens Regierungschef Nikol Paschinjan zugesagt. Auch Armenien strebt in die EU. In Eriwan wurde Paschinjans Teilnahme nach der Warnung aus Brüssel nochmals bestätigt. "Das ist auch unser Sieg, 300.000 Armenier sind für den Sieg gestorben", sagte Parlamentschef Alen Simonjan. Der Besuch Paschinjans in Moskau stehe in keinem Zusammenhang mit der EU.
Xi Jinping reist nach russischen Angaben schon am Mittwoch zu einem viertägigen Besuch nach Russland. Bei dem Besuch sollen nach Angaben des Kreml auch mehrere Verträge zwischen beiden Ländern unterzeichnet werden. "Es wird erwartet, dass die Regierungen und Minister eine Reihe bilateraler Dokumente unterzeichnen", teilte der Kreml am Sonntag mit. Weiter hieß es, während Xis Besuchs von 7. bis 10. Mai würden er und Russlands Präsident Wladimir Putin zudem über die "Entwicklung von Partnerschaften und strategischen Beziehungen" sprechen.
Außerdem wird der venezolanische Machthaber Nicolás Maduro in Moskau erwartet sowie Vertreter anderer mit Russland befreundeter Staaten wie Aserbaidschan, Burkina Faso, Kasachstan, Kirgisistan, Kuba, Tadschikistan und Usbekistan.
- Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa und AFP
- pravda.com.ua: "Serbian president not well enough to fly to Moscow for Victory Day, doctor says" (englisch)
- thehindu.com: "Rajnath Singh to skip Russia's Victory Day parade amid tensions between India and Pakistan" (englisch)
- tvnoviny.sk: "Otázniky nad Robertom Ficom: Premiér za posledné dni viackrát náhle zrušil svoj program. Vysvetlenie chýba" (slowakisch)
- united24media.com: "Over 20 World Leaders to Attend Russian Victory Day Parade in Moscow, Kremlin Says" (englisch)
- tass.com: "Hungarian officials not to come to Victory Day parade in Moscow — Orban’s office" (englisch)