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Tagesanbruch: Friedrich Merz und die "gehobene Mittelschicht"


Tagesanbruch
Was heute Morgen wichtig ist

MeinungVon Florian Wichert

Aktualisiert am 19.11.2018Lesedauer: 5 Min.
Meinung
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Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.

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Millionär: Friedrich Merz.Vergrößern des Bildes
Millionär: Friedrich Merz. (Quelle: Mauersberger/imago-images-bilder)

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

falls Ihnen vor Schreck gerade das Brötchen aus der Hand gefallen ist, weil der Tagesanbruch heute nicht von Chefredakteur Florian Harms kommt: Zumindest heiße ich auch Florian mit Vornamen und freue mich sehr, für Sie vertretungsweise die Ereignisse des Tages kommentieren zu dürfen:

WAS WAR?

Friedrich Merz ist Millionär. Was eh jedem seit Jahren klar ist, hat er nun zum ersten Mal öffentlich bestätigt. In der "Bild am Sonntag" sagte der Kandidat für den CDU-Vorsitz: "Heute verdiene ich rund eine Million Euro brutto". In Wahrheit dürften seine Einkünfte noch höher liegen. Ist es verwerflich? Nein, denn Merz war – zumindest offiziell – raus aus der tagesaktuellen Politik.

Fragwürdig ist nur das Rumgeeier, das am Ende zu den Aussagen geführt hat. Merz druckste herum und bezeichnete sich zunächst als Teil der "gehobenen Mittelschicht" in Deutschland. Viele fragten sich: Gehört jemand zur Mittelschicht, der ein eigenes Flugzeug hat? Merz bekam für seine Einordnung viel Spott.

Nun erklärte Merz, was ihn dazu verleitet hat: "Wenn ich 'Oberklasse' oder 'Oberschicht' höre, denke ich an Menschen, die viel Geld oder eine Firma geerbt haben und damit ihr Leben genießen. Das ist bei mir nicht der Fall." Er stehe für Werte, die "die Mittelschicht prägen: Fleiß, Disziplin, Anstand, Respekt und das Wissen, dass man der Gesellschaft etwas zurückgeben muss." Auch wenn es sicher neu ist, dass man sich nach Gefühl einer Schicht zuordnen kann, ist das zumindest nachvollziehbar. Warum erklärt er das nicht gleich so?

Merz will Parteivorsitzender der CDU werden und alles besser machen als seine Vorgängerin Angela Merkel. Warum sagt er nicht einfach von Beginn an: "Ich habe wahnsinnig viel Geld verdient – aber ich muss mich dafür nicht schämen"? So ist das ein denkbar ungünstiger Start in eine mögliche CDU-Zukunft mit Merz. Mit Rumgeeier überzeugt er weder die Basis der Partei noch die Wähler, will er erst Kanzler werden.

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Wer die frühere First Lady Michelle Obama derzeit auf einer Lesetour zu ihrer Autobiografie ("Becoming") in Amerikas großen Arenen beobachtet – wie es unser USA-Korrespondent Fabian Reinbold für Sie getan hat – stellt fest: Es ist ein beispielloser Hype um sie losgebrochen. Beim gefeierten Auftritt in Washington gab es auch noch einen Überraschungsbesuch ihres Mannes: Ex-Präsident Barack Obama. Wer sie zusammen beobachtet und vorher US-Präsident Donald Trump in Paradise in Kalifornien dabei zugeschaut hat, wie er nach den heftigen Bränden mal wieder den Klimawandel leugnet, wünscht sich die Obamas zurück ins Weiße Haus.

Die Chance auf eine Rückkehr hätten sie, wenn Michelle Obama ihre Meinung ändern und entgegen ihrer Ankündigungen doch für das höchste Amt der USA kandidieren würde. Die Obamas sind auch ohne politisches Amt in der Öffentlichkeit das Gegengewicht zu Trump. Das sollten sie nutzen.

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WAS STEHT AN?

Es ist das Ende des Länderspieljahres: Deutschland empfängt in Gelsenkirchen die Niederlande im letzten Spiel der Nations League (ab 20.45 Uhr im Liveticker bei t-online.de). Es hätte ein spannender Kampf um den Klassenerhalt werden können – wenn die Nationalmannschaft nicht schon vorher abgestiegen wäre, nachdem die Niederlande Frankreich geschlagen haben (2:0).

Nach dem ersten Aus in einer WM-Vorrunde überhaupt und der schlechtesten Bilanz aller Zeiten mit sechs Niederlagen in einem Jahr, hat die Nationalelf also auch den neuen Wettbewerb verbockt. Noch schlimmer: Sie hat ihre Fans verloren. In Leipzig gegen Russland (3:0) blieben trotz günstiger Ticketpreise mehr als 7.000 Plätze leer, auch heute Abend wird das Stadion auf Schalke nicht ausverkauft sein.

Warum? Weil Bundestrainer Löw den geplanten Neuaufbau mit jungen Spielern verschleppt – und erst in den letzten beiden Spielen vorangetrieben hat. Da hatte er aufgrund des zunehmenden Drucks schon überhaupt keine andere Wahl mehr. Dieser Neuanfang war einfach nicht ehrlich und konsequent. Noch immer gehören verdiente, aber satte Spieler zum Aufgebot. Und auch an der DFB-Spitze hat sich bis heute nichts getan. Präsident Reinhard Grindel hat die Kritik einfach ausgesessen und klebt bis heute an seinem Sessel. Der Verband wollte die verloren gegangene Fannähe wiederherstellen. Passiert ist wenig.

Zumindest Löw muss den Umbruch jetzt wirklich durchziehen und sich konsequent von seiner alten Achse trennen, die aus fünf Weltmeistern besteht. Es wird Jahre dauern, bis die Fans wieder richtig Lust auf die Nationalmannschaft haben. Ein Anfang wäre es, wenn sie sich heute Abend zumindest für das 0:3 im Hinspiel in Amsterdam revanchieren würde.

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Weitere Termine in aller Kürze:

Die Haushaltswoche im Bundestag beginnt heute. Was passiert mit den Steuergeldern? In vier Tagen Beratung wird endgültig über den Haushalt 2019 entschieden – und über die Finanzplanung des Bundes bis 2022. Die Bundesregierung sollte endlich Geld in einen Bereich stecken, der lange vernachlässigt wurde: die Digitalisierung.

Markus Söder kandidiert für den CSU-Vorsitz und will die Nachfolge von Horst Seehofer antreten. Heute spricht er darüber ab 12.30 Uhr auf einer Pressekonferenz des bayerischen Landtags.

Der russische Präsident Wladimir Putin trifft sich mit seinem türkischen Amtskollegen Recep Tayyip Erdogan in Istanbul. Anlass des Besuchs ist nach Angaben türkischer Medien die Fertigstellung eines Teilabschnitts der Gaspipeline Turkish Stream.

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WAS LESEN?

Er hat das Skateboard-Fahren in Deutschland groß gemacht und mit seiner Modemarke "Titus" eine ganze Generation Jugendlicher ausgestattet: Skateboard-Pionier Titus Dittmann hat meinen Kollegen Alexander Kohne zu sich in seinen Garten in Münster eingeladen und ihm erzählt, warum er mit fast 70 Jahren noch heute in Syrien und Afghanistan auf dem Board steht.

Der Tod eines TV-Auswanderers hat am Wochenende Millionen Deutsche berührt. Sie haben den Namen Jens Büchner mal gehört, aber können sich die unglaubliche Anteilnahme nicht erklären? Elke Habekost erklärt, warum der 49-jährige Familienvater so polarisierte – und überwiegend beliebt war.

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Finanz- und Wirtschaftsermittler müssen vor Mafia, Clans und Steuerbetrügern kapitulieren. Dietmar Seher hat sich erklären lassen, woran das liegt. Das Ergebnis ist ein echter Irrsinn.

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WAS BEGEISTERT MICH?

Ein Publikumsliebling war das Hamburger Tennis-Talent Alexander Zverev (21) bis zuletzt nicht unbedingt. Er galt als schwieriger Charakter, überheblich und arrogant. Mit Starallüren, ohne je einen wirklich großen Titel gewonnen zu haben. Zumindest das ist seit gestern Abend anders. Zverev gewann ein spektakuläres Endspiel der ATP-Finals gegen den Weltranglistenersten Novak Djokovic und ist damit inoffizieller Tennis-Weltmeister. Ein riesiger Schritt auf dem Weg zu seinem Ziel: Irgendwann in die Fußstapfen von Boris Becker zu treten.

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in die Woche – morgen schreibt wie gewohnt Florian Harms den Tagesanbruch.

Ihr Florian Wichert
Stellvertretender Chefredakteur t-online.de
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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