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Tagesanbruch: Deutsche Bahn – So wird sie attraktiver für Kunden


Was heute wichtig ist
Wie die Bahn wirklich attraktiver wird

MeinungVon Florian Wichert

Aktualisiert am 29.07.2019Lesedauer: 7 Min.
Meinung
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Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.

Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.
Blick auf die Skyline und den Hauptbahnhof in Frankfurt/Main.Vergrößern des Bildes
Blick auf die Skyline und den Hauptbahnhof in Frankfurt/Main. (Quelle: Frank Rumpenhorst/dpa-bilder)

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

hier ist der kommentierte Überblick über die Themen des Tages:

WAS WAR?

Die Diskussionen werden hitziger. Erst hatte die klimapolitische Sprecherin der Grünen, Lisa Badum, ein Verbot für Inlandsflüge ab 2038 ins Gespräch gebracht. In einem Autorenpapier aus der Bundestagsfraktion der Grünen hieß es zuletzt, man wolle die Flüge bis 2035 zumindest überflüssig machen, indem man den Ausbau des Schienenverkehrs der Bahn subventioniere. Nun forderte Linken-Chef Bernd Riexinger am Wochenende sogar eine Verstaatlichung, um den Preiskampf zwischen Fluggesellschaften zu beenden. Die Idee nannte CSU-Generalsekretär Markus Blume "gruselig", die "DDR 2.0" scheine durch.

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Das Ziel aller Beteiligten scheint auch durch: Weniger fliegen, den CO2-Ausstoß verringern, den Klimazielen näherkommen. Aber wie?

Zielführender klangen die Vorschläge von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder in der "Welt am Sonntag", Bahntickets sollten "so weit wie möglich von der Mehrwertsteuer befreit werden". Neu ist das natürlich auch nicht. Aber immerhin: Das Echo beim Koalitionspartner SPD war erst mal positiv. Auch die Grünen hatten zumindest eine Absenkung der Mehrwertsteuer für Zugfahrkarten gefordert.

Auf der einen Seite also: die Flüge. Dass ein Verbot von Inlandsflügen Quatsch ist, das haben auch die Grünen erkannt. Zum einen kommen Verbote bei niemandem gut an. Zum anderen gibt es Auslandsflüge, die über eine kürzere Strecke gehen als beispielsweise die Verbindung zwischen Hamburg und München. Gibt es deshalb vielleicht künftig eine Flugbenzinsteuer, um sie zumindest unattraktiver zu machen?

Auf der anderen Seite: die Bahnfahrten, die günstiger und attraktiver werden sollen. Bereits Ende vergangener Woche hatte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer verkündet, dass eine neue Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung zwischen dem Bund und der Bahn für die kommenden zehn Jahre ein Gesamtvolumen von rund 86 Milliarden Euro vorsieht – also deutlich mehr Geld als bisher. Alles für ein leistungsfähiges, hochwertiges Schienennetz.

Doch das löst nicht automatisch die Probleme. Für weitere Schienen mitten in Ballungszentren und Innenstädten müssen so viele Hürden überwunden werden, dass es eher Jahrzehnte dauert als Jahre, um die angepeilten Strecken wirklich ausgebaut zu bekommen. Eine Modernisierung der vorhandenen Schienen wird kaum ausreichen.

Die Bahn wird sich auf allen Ebenen verbessern müssen, um zum unangefochtenen Hauptverkehrsmittel in Deutschland zu werden. Es gilt, Probleme wie Verspätungen und Zugausfälle irgendwie in den Griff zu bekommen. Wer gerade bei längeren Strecken keine Gewissheit mehr hat, ob er einen Termin einhalten kann, nimmt lieber den Flieger.

Helfen soll dabei grundsätzlich der "Deutschlandtakt", der spätestens 2030 dafür sorgen soll, dass Züge zwischen zwei Großstädten zeitgleich starten und ankommen – um Wartezeiten und Verspätungen zu minimieren. Die Umstellung kostet und dauert, aber sie ist wichtig.

Nur ein weiteres Beispiel: Die Reservierungen sind viel zu teuer. Selbst wer sich 4,50 Euro problemlos leisten kann, überlegt sich dreimal, ob das Geld nicht anderswo besser investiert ist. Für Studenten, Schüler, Rentner oder Geringverdiener ist das eine Zumutung. Hart formuliert: Für zwei Sitzplatz-Reservierungen im Zug (9 Euro) ohne ein Ticket bekomme ich ungefähr einen Ryanair-Flug von Berlin nach Köln (9,99 Euro). Da kann man es kaum jemandem übel nehmen, wenn er fliegt.

Auch der nächste Schritt bei der Modernisierung ist notwendig. Das WLAN funktioniert nach wie vor längst nicht auf allen Strecken, die mobilen Daten bei der Fahrt erst recht nicht. Das liegt auch an zu vielen veralteten Zügen und Waggons. Ob für einen Versicherungskaufmann, Bankberater oder zahlreiche andere Berufstätige ist das genauso unbefriedigend wie für Privatreisende, die eine Netflix-Serie schauen wollen.

Auch kaputte Klimaanlagen machen Bahnreisenden zu schaffen – gerade jetzt im Sommer.

Es braucht mehr – und teilweise freundlicheres Personal, um besser auf die Bedürfnisse der Kunden eingehen zu können. Allein das Bordbistro ist derzeit gefühlt häufiger geschlossen als geöffnet, aus verschiedensten Gründen.

Die Bahn hat eigentlich einen riesigen Vorteil: Sie erspart ihren Kunden langwierige Sicherheitskontrollen und lange Anfahrten, weil die Bahnhöfe im Gegensatz zu Flughäfen meist mitten in der Stadt sind – zum Beispiel in Hamburg, München, Berlin, Köln, Frankfurt oder Düsseldorf. Es wird Zeit, dass die Bahn diesen Vorteil auch ausspielt.

Es gibt auch durchaus schon Ansätze für mehr Attraktivität – beispielsweise mit dem "Sommerticket" für junge Reisende oder die Generation 65+, das vier flexible Fahrten für 99,60 Euro bzw. 139,60 Euro beinhaltet. Das reicht allerdings noch lange nicht.


Der Nächste bitte. Seit dem Amtsantritt von Donald Trump im Januar 2017 hat es im Apparat der US-Regierung unzählige Rausschmisse, Personalwechsel und Rücktritte gegeben. Mehrere Kabinettsposten in der Regierung sowie Posten in wichtigen Bundesbehörden sind derzeit nur geschäftsführend besetzt. Nun verkündete Trump: Auch der US-Geheimdienstkoordinator Dan Coats geht. Warum? Darum.


WAS STEHT AN?

"Als Influencer (von englisch to influence 'beeinflussen') werden Personen bezeichnet, die aufgrund ihrer starken Präsenz und ihres hohen Ansehens in sozialen Netzwerken als Träger für Werbung und Vermarktung infrage kommen (sogenanntes Influencer-Marketing)." So lautet die Definition für Influencer beispielsweise bei Wikipedia.

Seit Jahren floriert das Geschäft der Influencer. Sie haben Hunderttausende oder Millionen Follower in sozialen Netzwerken, sie nehmen Tausende Euro für einen Werbepost. Ihr Berufsbild ist mittlerweile häufiger Ziel von Jugendlichen als Lehrer oder Anwalt.

Cathy Hummels ist so eine Influencerin. Die Frau des früheren Fußball-Nationalspielers Mats Hummels ist selbst Unternehmerin. Sie hat mehr als 500.000 Abonnenten auf Instagram und lässt diese an ihrem Leben teilhaben. Das kommt offenbar an. 10.000 oder sogar 20.000 Instagram-Nutzer liken die Bilder, markieren sie also mit einem Herzchen.

Follower und Likes – das ist die Währung der Influencer.

Und die werden heute Thema sein. Mein Kollege Lars Wienand hat nämlich in Kooperation mit einem Analyseunternehmen herausgefunden, dass beim Account von Cathy Hummels etwas faul ist und die Likes zum Teil gar nicht von echten Instagram-Nutzern sind. Die Fotos bekommen verzögert unvermittelt Massen an Likes, die nicht zu erklären sind. Einer der Gründer der Analysefirma erklärt: "Wenn Frau Hummels Comedian wäre, kämen Lachsalven Minuten nach der Pointe." Für Cathy Hummels ist das gar nicht lustig. Über ihren Anwalt weist sie zurück, dass sie die Likes selbst gekauft oder den Kauf in Auftrag gegeben hat. Und tatsächlich kann jeder für jeden Likes kaufen. Einfach so.

Und genau das ist ein Problem.

Es geht um Millionen Euro, die Unternehmen für Posts von Influencern zahlen. Wer – von wem auch immer – gekaufte Likes auf seinen Beiträgen hat, hat einen unfairen Wettbewerbsvorteil. Influencer mit "ehrlichen" Likes und Followern schauen in die Röhre. Und die werbetreibende Industrie wird dadurch getäuscht und plant Kampagnen auf falscher Grundlage.

Nicht zu vergessen: Wirkliche Fans dieser Influencer, die ihren Vorbildern nacheifern. Die setzen sich ohnehin unter Druck, weil sie genauso hübsch sein, in den gleichen Hotels Urlaub machen und die gleichen Klamotten tragen wollen. Sie wollen natürlich auch am liebsten genauso viele Follower und Likes haben.

Blöd, wenn die dann gar nicht echt sind. Zumal schon mit den Fotos oft eine Scheinwelt vermittelt wird, die mit der Realität wenig gemein hat.


Heute um 10 Uhr urteilt der Europäische Gerichtshof über Laufzeitverlängerungen belgischer Atomkraftwerke. Belgien hatte 2003 den schrittweisen Atomausstieg beschlossen, 2015 dann aber die Laufzeit der Reaktoren Doel 1 und 2 bei Antwerpen um 10 Jahre verlängert. Umweltschützer klagten, weil die Verlängerung ohne Umweltprüfung oder Beteiligung der Öffentlichkeit vollzogen worden sei. Heute geht es um die Rechtmäßigkeit der Verlängerung.

Warum uns belgische Atomkraftwerke in Deutschland interessieren? Weil immer noch beispielsweise in Aachen Jodtabletten verteilt werden und sich Menschen im Grenzgebiet dementsprechend bedroht fühlen. Zumal es immer wieder Sicherheitsbedenken gab – und viele der Atomkraftwerke temporär vom Netz mussten. Das mag auch am Alter der AKW liegen.

Umso wichtiger, dass der EuGH heute die richtige Entscheidung trifft – und in erster Linie an die Sicherheit der Menschen denkt.

Weitere Informationen finden Sie bei den Kollegen von Statista.


Der Prozess um die Gruppenvergewaltigung einer 18-Jährigen vor einer Disco in Freiburg geht heute um 9 Uhr weiter. Das Landgericht Freiburg hört erstmals Besucher des Klubs als Zeugen. Es ist der siebte Verhandlungstag in dem Prozess, der Ende Juni begonnen hat. Angeklagt sind elf Männer im Alter von 18 bis 30 Jahren. Die meisten von ihnen sind Flüchtlinge. Ihnen wird vorgeworfen, Mitte Oktober vergangenen Jahres die 18-Jährige nachts in Freiburg nach einem Discobesuch in einem Gebüsch vor dem Klub vergewaltigt zu haben. Sie bestreiten das.


WAS LESEN ODER ANSCHAUEN?

Die Erde wird heißer, die Pole schmelzen, die Gletscher auch und mittlerweile sogar die arktischen Permafrostböden. Die Erde steht vor der Katastrophe. Und auch Deutschland verfehlt seine Klimaziele. Dabei ist viel unternommen worden, im Land und weltweit. Aber nicht genug – oder nicht das Richtige.

Klaus Töpfer (CDU), Jürgen Trittin (Grüne) und Barbara Hendricks (SPD) stammen aus drei Parteien und sind die drei Umweltminister mit den längsten Amtszeiten. Zwischen 1987 und 2018 haben sie unter zwei Kanzlern und einer Kanzlerin gemeinsam fast 20 Jahre Klimaschutzpolitik gemacht.

Tatjana Heid und Jonas Schaible haben alle drei zu einem aufschlussreichen Gespräch zusammengebracht. Warum Klimapolitik den Interviewpartnern zufolge nicht ins Kanzleramt gehört und was das alles mit Fröschen und einem Sumpf zu tun hat, lesen Sie hier.


Neuer Regierungschef, neuer Ansatz: Theresa May hat vor allem ihr eigenes Parlament immer wieder erfolglos gebeten und ermahnt, doch endlich ihren Brexit-Deal anzunehmen – und musste am Ende zurücktreten. Boris Johnson hat eine ganz andere Taktik: Er erklärt das ausgefertigte Austrittsabkommen für tot, will Neu-, mindestens aber Nachverhandlungen zum Brexit und droht der EU, wenn sie ihm nicht entgegenkommt. Dann werde er die Austrittsrechnung von rund 37 Milliarden Euro halt nicht bezahlen. Alles nur Antrittsgetöse aus London? Mein Kollege Stefan Rook hat sich angeschaut, was ein solcher Schritt für Großbritannien bedeuten würde – und ob Johnson ihn wirklich wagt.


WAS AMÜSIERT MICH?

Hier noch mal zurück zur Deutschen Bahn, die auch äußerst unterhaltsames Personal beschäftigt, das immer wieder für einen lustigen Spruch gut ist. Zum Beispiel als Durchsage. Die lustigsten Ansagen finden Sie hier auf diesem Twitter-Account meines Kollegen Marc Krüger.

Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Start in die Woche.

Ihr

Florian Wichert
Stellvertretender Chefredakteur t-online.de
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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