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Corona-Pandemie: Offene EU-Grenzen – zu welchem Preis?


Was heute wichtig ist
Der hohe Preis der offenen Grenzen

MeinungVon Camilla Kohrs

Aktualisiert am 22.01.2021Lesedauer: 5 Min.
Meinung
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Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.

Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.
Tschechische Polizei kontrolliert in Schutzmasken Einreisende an der deutsch-tschechischen Grenze Petrovice.Vergrößern des Bildes
Tschechische Polizei kontrolliert in Schutzmasken Einreisende an der deutsch-tschechischen Grenze Petrovice. (Quelle: Florian Gaertner/photothek.net/imago-images-bilder)

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

mein Name ist Camilla Kohrs, heute kommentiere ich für Sie die Themen des Tages.

WAS WAR

Vielleicht haben auch Sie sich in den letzten Wochen über diese Bilder aufgeregt: Da reisen Deutsche zum Skifahren nach Österreich, zum Shoppen nach Frankreich, zum Böller-Kaufen nach Polen – mitten im Lockdown. Gleichzeitig schränken wir all unsere Kontakte ein, verzichten, schließen Schulen und Geschäfte. Das wirft natürlich die Frage auf, was diese Opfer eigentlich bringen, wenn einige auf die andere Seite der Grenze fahren und das Virus – womöglich eine mutierte Version – wieder mit zurückschleppen.

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Ist die aktuelle Situation zu gefährlich, um die Grenzen geöffnet zu halten? Das diskutierten gestern bis in den späten Abend auch die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten auf ihrer Videokonferenz. Die Franzosen forderten schon zuvor "Gesundheitskontrollen", die Belgier ein Verbot "nicht wesentlicher Reisen". Und Österreichs Kanzler Kurz twitterte, er unterstütze "deutsche Vorschläge für striktere Einreisekontrollen und Testpflichten". Bei diesen "deutschen" Vorschlägen bezieht er sich eigentlich auf Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder. Der hatte Kontrollen für unausweichlich erklärt, sollten keine gemeinsamen Regeln in der EU zustande kommen. Kanzlerin Merkel hatte sich vorsichtiger ausgedrückt, Kontrollen als letztes Mittel aber nicht ausgeschlossen. Grenzkontrollen wurden auf dem Gipfel nicht beschlossen, nur eine Empfehlung, auf Reisen zu verzichten. Dass die Debatte aber nicht beendet ist, zeigte eine Entscheidung Frankreichs noch in der Nacht: Einreisende EU-Bürger müssen ab Sonntag einen Corona-Test vorweisen.

Die Debatte um Grenzkontrollen ist heikel, denn diese bedrohen den Kern der Europäischen Union: die Bewegungsfreiheit für den Personen- und Güterverkehr. Fast 26 Jahre ist es her, dass die Kontrollstationen abgeschafft worden sind. Wer wissen will, wie viel Angst deshalb die jüngsten Vorschläge auslösen, muss sich nur das Interview anhören, das Luxemburgs Außenminister dem Deutschlandfunk gegeben hat. Jean Asselborn klang nicht nur besorgt, sondern auch aufgebracht: "Das war falsch 2020 und das ist noch falscher 2021." Er befürchtet, das Gesundheitssystem seines Landes könne kollabieren. Denn viele Mitarbeiter sind Pendler aus Deutschland.

Plötzlich waren die deutschen Schlagbäume zu: Die Erinnerung an das Frühjahr 2020 ist nicht nur in Luxemburg noch frisch. Über Nacht hatte Innenminister Horst Seehofer damals eines der Grundprinzipien der Europäischen Union ausgesetzt. Das traf die Nachbarländer unvorbereitet und erschwerte ein gemeinsames europäisches Vorgehen gegen die Pandemie. Auch die wirtschaftlichen Schäden waren immens. Sie könnten die Krise sogar verschärft haben, weil medizinische Ausrüstung zu spät oder gar nicht dort ankam, wo sie gebraucht wurde. Zu Recht verurteilte das Europaparlament die Grenzschließungen als unverhältnismäßig.

Heute ist die Situation eine andere. Die zweite Welle der Seuche hat Europa viel härter getroffen als die erste. Wahrscheinlich hochansteckende Mutationen verbreiten sich schnell. Noch fehlt die Kenntnis, in welchem Ausmaß diese in Deutschland und Europa schon vorkommt. Im Rundfunk Berlin-Brandenburg sagte ein Berliner Amtsarzt, er gehe bereits von einer "flächigen Verbreitung" aus.

Also Grenzen dicht und zwar schnell? Die Tragweite einer so weitreichenden Entscheidung darf den Verantwortlichen nicht nur bewusst sein, sie müssen das auch zeigen. Und sie müssen dann auch an anderer Stelle konsequent handeln. Wenn die Virusmutationen tatsächlich so viel ansteckender sind, dürften jetzt Büros nicht mehr öffnen, in Bussen und Bahnen dürften die Menschen nicht mehr dicht an dicht stehen. Und alle Schutzmaßnahmen gegen das Virus müssten streng kontrolliert werden.

Vor allem aber darf die Rechtfertigung für Grenzkontrollen nicht lauten, die Nachbarstaaten seien schuld an den hohen Infektionszahlen. Denn das sät nicht nur Zweifel am Ernst der Lage vor der eigenen Haustür. Zu oft schon in dieser Pandemie mussten andere Länder als Sündenböcke herhalten. Den traurigen Höhepunkt markierte Österreichs Kanzler Kurz, als er im Dezember behauptete, Ende des Sommers hätten "vor allem Personen mit Wurzeln im Balkan und in der Türkei das Virus nach Österreich geschleppt". Ressentiments wurden in dieser Krise genug geschürt.


WAS STEHT AN

Während die EU-Länder noch um eine gemeinsame Strategie gegen die Corona-Pandemie ringen, haben sich zwei Drittel aller Länder der Welt bereits auf die Bekämpfung einer anderen Gefahr geeinigt: Atomwaffen. Heute tritt ein UN-Vertrag in Kraft, der es verbietet, nukleare Waffen zu besitzen, zu kaufen, zu entwickeln oder zu stationieren. Endlich eine gute Nachricht, könnte man meinen, nachdem die USA unter dem früheren Präsidenten Donald Trump ein multilaterales Abkommen nach dem anderen aufgegeben haben. Allerdings gibt es, vielleicht ahnen Sie es, einen Haken. Denn bisher haben alle Atomstaaten und die Nato-Länder die Unterschrift verweigert, auch Deutschland. Aber der Druck auf die Berliner Regierungskoalition wächst.


Es ist schon fast eine Tradition: Wieder einmal kommen heute Gesundheitsminister Jens Spahn und Lothar Wieler, Chef des Robert Koch-Instituts, zusammen, um über die Corona-Lage zu informieren. Mit dabei sind diesmal auch der Virologe Christian Drosten und der Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin, Gernot Marx. Thema dürfte wohl auch hier die Verbreitung der Virusmutationen sein. In Deutschland sind bereits mehrere Fälle gemeldet worden. Meine Kollegin Melanie Weiner erklärt Ihnen, was Forscher bislang über die Mutante aus Südafrika wissen.


Es war eine Tragödie: In einem Industriegebiet östlich von London wurden im Oktober 2019 die Leichen von 31 Männern und 8 Frauen aus Vietnam in einem Lastwagen entdeckt. Ein britisches Gericht verurteilte zwei Männer im Dezember wegen Menschenschmuggels und Totschlags. Sie sollen zu einer internationalen Schleuserbande gehören. Heute wird das Strafmaß verkündet.


WAS LESEN

Mehrere ehemalige Fußballer haben auf t-online ein Tabu gebrochen: Sie sprachen offen über die Hilflosigkeit von Ex-Profis nach dem Karriereende. Depressionen, Finanznöte und Einsamkeit sind nur drei Bedrohungen, mit denen viele Sportler zu kämpfen haben. Diese Probleme sieht auch der Deutsche Fußball Bund – behauptet zumindest Tobias Haupt, Leiter der DFB-Akademie. Im Gespräch mit meinem Kollegen Benjamin Zurmühl räumt er aber auch Versäumnisse ein. DFB-Direktor Oliver Bierhoff wiederum warnt vor der wachsenden Unselbstständigkeit der Fußballstars.

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Sie haben es sicher mitbekommen: WhatsApp ändert seine Nutzungsrichtlinien. Für uns Europäer wird sich zwar nur wenig ändern, dem Datenschutz sei Dank. Trotzdem erfreuen sich nach der WhatsApp-Ankündigung auch hierzulande alternative Messenger immer größerer Beliebtheit – beispielsweise die App Signal, die im Gegensatz zu WhatsApp viel weniger Nutzerdaten ausschnüffelt. Mein Kollege Ali Roodsari zeigt Ihnen, wie Sie Signal schnell und einfach nutzen.


Donald Trump hat das Oval Office verlassen und sich in seinem Privatresort in Florida niedergelassen. Was macht er nun den ganzen Tag? Rund um Impeachment, Gerichtsverfahren, politische Vorhaben und private Krisen wird es wohl absehbar nicht ruhig um ihn werden. Meine Kollegin Sonja Eichert erklärt Ihnen, was auf den Ex-Präsidenten zukommt.

WAS AMÜSIERT MICH?

Der eigentliche Star bei der Amtseinführung von Joe Biden war Bernie Sanders. Etwas grummelig, mit dicken Handschuhen und schiefer Maske schaute er der Show zu. Diese Twitter-Nutzerin bringt es auf den Punkt, zumindest für uns, die wir noch in unseren Zwanzigern stecken. Und diese tolle Karikatur von Mario Lars möchte ich Ihnen auch nicht vorenthalten:

Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag. Morgen hören Sie wieder Marc Krüger und Florian Harms im Wochenend-Podcast.

Beste Grüße,

Ihre

Camilla Kohrs
Redakteurin Politik/Panorama

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Mit Material von dpa.

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