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Corona-Pandemie: Ein Jahr Covid-19 — und die Nerven liegen blank


Was heute wichtig ist
Corona: Diese Bilder sind nicht weit weg

  • Peter Schink
MeinungVon Peter Schink

Aktualisiert am 26.01.2021Lesedauer: 6 Min.
Meinung
Was ist eine Meinung?

Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.

Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.
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Krawalle nach Corona-Protesten: Aufnahmen zeigen die erneuten schweren Ausschreitungen in den Niederlanden. (Quelle: Reuters)

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

hier ist der kommentierte Überblick über die Themen des Tages, heute stellvertretend für Florian Harms.

WAS WAR?

Es ist der 27. Januar 2020. Da erhält das Gesundheitsamt Starnberg bei München vormittags eine brisante Information. Eine nach Shanghai zurückgekehrte Frau ist am Coronavirus erkrankt. Kurz zuvor hatte sie noch Mitarbeiter der bayerischen Firma Webasto getroffen. Bereits am Abend wird ein deutscher Kollege der Frau positiv getestet. Es ist der erste bekannte Corona-Fall in Deutschland. Das Virus ist angekommen. Morgen jährt sich Corona.

Der Mann wird in einem Münchener Krankenhaus isoliert. Bereits am 28. Januar gibt es bei Webasto drei weitere bestätigte Fälle. Zwei Wochen später, am 12. Februar, sagt Gesundheitsminister Jens Spahn, es sei "aktuell noch nicht absehbar, ob sich aus einer regional begrenzten Epidemie in China eine weltweite Pandemie entwickelt oder nicht". Am 11. März ruft die WHO die weltweite Pandemie offiziell aus.

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Seit Monaten sehen wir nun täglich gebannt auf die Zahlen. Im Laufe des Tages wird die Johns Hopkins University voraussichtlich den einhundertmillionsten Corona-Fall verzeichnen. 100.000.000 einzelne Schicksale.

Und dann das.

In den Niederlanden sind gestern Proteste gegen die Corona-Maßnahmen der Regierung den dritten Abend in Folge eskaliert. In mindestens sechs Städten zogen Randalierer durch die Straßen, sie plünderten Geschäfte und bewarfen Polizisten mit Steinen. Laut Polizei handelte es sich bei den Randalierern um eine Mischung aus Neonazis, Fußball-Hooligans und Corona-Leugnern. Der niederländische Regierungschef Mark Rutte reagierte entsetzt. Es sind die schlimmsten Krawalle in den Niederlanden seit 40 Jahren.

Alles weit weg? Hierzulande rechnet das Bundesinnenministerium ebenfalls mit massiven Störversuchen. Wegen der "Emotionalität, die dem Themenkomplex Corona innewohnt" rechne man mit einer "abstrakten Gefährdung". Heißt: Noch gibt es keine konkreten Hinweise, doch die Behörden sind alarmiert. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil forderte gestern bereits gegenüber t-online, die Sicherheitsbehörden müssten noch wachsamer sein, und etwa die Beobachtung von Telegram-Chatgruppen intensivieren. Wie schnell hierzulande die Situation ebenfalls eskalieren kann, haben die Corona-Randalierer vor dem Reichstag schon vor Wochen gezeigt.

Doch was folgt eigentlich daraus? Klar ist, die "Emotionalität" des Themas rührt aus der Betroffenheit jedes Einzelnen. Natürlich rechtfertigt das nie Gewalt oder Verschwörungstheorien. Doch der fortwährende Ausnahmezustand kennt viele Verlierer. Die Hälfte der Bevölkerung gibt inzwischen an, sie sei "sehr stark" oder "stark" belastet. Homeoffice, Einsamkeit, finanzielle Sorgen, Ängste, Verluste. Die Pandemie hat viele Gesichter.

Seit Monaten warten wir auf einen Lichtblick, auf das Ende des Ausnahmezustands. Die Nerven liegen blank, bei Kulturschaffenden, Gastronomen, Einzelhändlern, Eltern, Pflegekräften und Ärzten.

Vielfach (auch hier) wurde in den vergangenen Wochen eine bessere Strategie der Regierung angemahnt. Und es stimmt sicherlich. Manches scheint schlecht organisiert, kurzsichtig gedacht oder wenig fundiert. Mal gibt es Verantwortliche für Versäumnisse, ein andermal wurde das Bestmögliche getan. Um nur einige Diskussionspunkte der vergangenen Tage zu nennen: Erst jetzt sollen Schnelltests für Zuhause zugelassen werden, die Israelis impfen schneller als wir, nur zögerlich wird Unternehmen die Homeoffice-Pflicht auferlegt. Klingt alles ziemlich verheerend und planlos.

Da mutet es beinahe naiv an, was der neue CDU-Vorsitzende Armin Laschet am Wochenende zu Protokoll gab: "Es wird keine Strategie bis zum Sommer geben können, weil immer neue Fakten hinzukommen, auf die wir reagieren müssen", sagte er.

Klar, wir fahren weiter auf Sicht und halten durch. Aber eine gute Antwort auf die gedrückte Stimmung nach drei Monaten Lockdown gibt Laschet nicht.

Nötig wäre, dass Politik sich mehr damit beschäftigt, wie Hoffnung und Zuversicht entsteht. Zum einen natürlich durch konkrete finanzielle Hilfen und durch transparente Exit-Szenarien aus dem Lockdown. Zum anderen aber auch während des Lockdowns. Müsste Politik nicht längst viel stärker die menschliche Hilfe unterstützten, die an vielen Orten längst organisiert und gelebt wird? Etwa von Caritas, VdK, ASB, AWO und anderen.

Konkret: Wo ist der Krisengipfel im Kanzleramt, bei dem der gesellschaftliche Zusammenhalt zur Chefsache gemacht wird? Politik ist ja mehr als die Organisation von Seuchenschutz und Finanzhilfen. Das können wir von den Bildern aus den Niederlanden lernen. Wir müssen nur genau hinsehen.


WAS STEHT AN?

Er hat einen Traditionskonzern umgebaut und profitabel gemacht, wurde zugleich vom Betriebsrat hoch geschätzt und stolperte schließlich 2007 über eine Schmiergeld-Affäre. Unter seiner Führung als Vorstandschef bis 2004 verdoppelte Siemens seinen Umsatz und steigerte den Gewinn kräftig. Heute wird Heinrich von Pierer 80 Jahre alt.


Beim Weltwirtschaftsforum in Davos sprechen heute Frankreichs Präsident Emanuel Macron, Bundeskanzlerin Angela Merkel und EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen. Die Auftritte werden weniger glamourös, denn in diesem Jahr findet auch Davos nur virtuell statt. Der eigentliche Wert der Veranstaltung, der Gedankenaustausch der Mächtigen untereinander, verkümmert in den Videoschalten bis zur Unkenntlichkeit. Aus diesem Grund haben die Veranstalter beschlossen, in diesem Jahr ein zweites Treffen zu veranstalten. Ende Mai in Singapur. Wir werden so richtig erst im Nachhinein feststellen, dass der Mangel an persönlichem Austausch weltweit seine Spuren hinterlassen wird.


Der US-Wahlmaschinenhersteller Dominion verklagt den Anwalt des früheren US-Präsidenten Donald Trump, Rudy Giuliani, auf mehr als 1,3 Milliarden Dollar Schadensersatz. Giuliani hatte behauptet, mit der Software der Wahlmaschinen sei die US-Präsidentschaftswahl am 3. November zugunsten von Joe Biden manipuliert worden. Beweise dafür hatte er nie vorgelegt.

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WAS LESEN?

Haben Sie es gestern bemerkt? t-online hat einen neuen Kolumnisten gewinnen können: Kölschrocker und "Brings"-Frontmann Peter Brings ("Superjeilezick", "Kölsche Jung") schreibt ab sofort alle zwei Wochen in "Brings - auf den Punkt." darüber, was ihn in seiner Heimatstadt Köln bewegt. Zum Auftakt geht es um ein Gefühl, das viele von uns – ob Kölner oder nicht – in diesen Monaten eint. (In diesem Sinne: Blieve Se jesund!)

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Die Frage, ob Menschen direkt nach der Impfung schon wieder mehr Freiheiten genießen sollen als alle anderen, sorgt für Streit – nachvollziehbar, schließlich handelt es sich im Moment noch um ein Privileg, überhaupt eine Impfung zu bekommen. Der Landkreis Altötting stellt seinen wenigen geimpften Bürgern trotzdem jetzt schon auf Wunsch einen Impfpass aus, der sich auch digital auslesen lässt. Der Blogger und Informatiker Jürgen Geuter alias @tante warnt in einem Gastbeitrag für t-online vor allzu hohen Erwartungen an das "Goldene Ticket zur Normalität". Der digitale Impfpass könnte vielmehr zu einer ganzen Reihe neuer Probleme führen.


Verbraucher haben das "Frucht Müsli" von Seitenbacher zur "Mogelpackung des Jahres" gewählt. Mehr als die Hälfte aller abgegebenen Stimmen gingen an das Produkt. Das vermeldet die Verbraucherzentrale Hamburg, die jährlich die Online-Abstimmung organisiert. Wie Seitenbacher mit dem Müsli Verbraucher täuscht, berichtet meine Kollegin Claudia Zehrfeld.



Die Zahl der Flüchtlinge, die über die Balkanroute kommen, ist in den vergangenen Monaten drastisch gestiegen. In den ersten elf Monaten des Jahres 2020 wurden laut Daten des italienischen Innenministeriums 1.240 Menschen von den italienischen Behörden im Grenzgebiet nach Slowenien zurückgewiesen, im gleichen Vorjahreszeitraum waren es 203. Auch an der französischen Grenze nimmt die Zahl der Flüchtlinge und Migranten seit Juni deutlich zu. Vor allem Familien waren in den vergangenen Monaten unter den Geflüchteten. Meine Kolleginnen Sophie Loelke und Lara Schlick zeigen mit Bildern der Ärzte ohne Grenzen die dramatischen Zustände an den Transitzonen und die Berichte der Menschen, die sich auf den Weg gemacht haben.


WAS AMÜSIERT MICH?

Bei Mensch-Ärgere-Dich-Nicht war es früher ja schon schwer, eine Sechs zu würfeln, um aus dem Haus zu kommen. Im Lockdown ist nun eine Version mit erhöhtem Schwierigkeitsgrad gesichtet worden: Bei Lockdown-Ärgere-Dich-Nicht kommt man gar nicht mehr aus dem Haus.

Ich wünsche Ihnen einen gesunden Start in den Tag. Morgen schreibt wieder Florian Harms an dieser Stelle.

Ihr

Peter Schink
Stellvertretender Chefredakteur t-online.de

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