"Maischberger" zu Krimfrage Baerbock: "Da haben russische Soldaten nichts zu suchen"
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Russland hat auf der Krim nichts verloren, betonte Annalena Baerbock bei "Maischberger" – und gab Einsicht in das Verhältnis zu Kanzler Scholz.
Darf der Krieg in der Ukraine erst enden, wenn Kiew die Krim zurückerobert hat? "Das könnte am Ende die Schicksalsfrage in diesem Krieg werden", meinte "Spiegel"-Journalistin Melanie Amann am Dienstag bei "Maischberger". Außenministerin Annalena Baerbock bezog in der ARD-Talkshow klar Stellung. "Zu der Ukraine gehört bekanntermaßen auch die Krim", unterstrich sie den Anspruch des Präsidenten Wolodymyr Selenskyj auf die vor neun Jahren vom Kreml annektierte Halbinsel. "Deswegen haben da auch russische Soldaten nichts zu suchen", sagte Baerbock.
Die Gäste
- Annalena Baerbock (B'90/Die Grünen), Außenministerin
- Kaya Yanar, Comedian
- Düzen Tekkal, Autorin und Politikwissenschaftlerin
- Melanie Amann, "Spiegel"
- Alev Doğan, "The Pioneer"
- Waldemar Hartmann, ehemaliger ARD-Moderator
Selenskyj hatte vor wenigen Tagen erneut betont, dass die Krim zur Ukraine gehöre. "Wir werden die ukrainische Flagge in jede Ecke des Landes zurückbringen", versprach er seinen Landsleuten auf Twitter. Wird also erst verhandelt, wenn der letzte russische Soldat die Krim verlassen hat?, wollte Maischberger von Baerbock wissen. Das liege bei der Ukraine, sagte die Außenministerin: "Weil das ihr Land ist."
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Baerbock: Putin will nicht verhandeln
Verhandlungsbereitschaft machte sie beim russischen Machthaber Wladimir Putin derzeit nicht aus. Jedes Land, das gedacht habe, den Kremlchef zu Friedensgesprächen bewegen zu können, habe rasch desillusioniert festgestellt: "Der will nicht reden, der will die Ukraine zerstören." Dass sie bei der jüngsten "Friedensdemonstration" in Berlin ausgebuht wurde, nahm Baerbock als "Teil von Politik" hin und hob hervor: "Das ist genau das, was man in Russland nicht kann" – nämlich öffentlich die Regierung kritisieren. Umso befremdlicher fand sie es, dass bei der Demonstration russische Fahnen geschwenkt worden seien.
Maischberger konfrontierte Baerbock mit einer weithin kritisierten Aussage, dass "wir im Krieg mit Russland" seien. "Wie gefährlich ist das?", wollte die Moderatorin in dem am frühen Abend im ARD-Hauptstadtstudio aufgezeichneten Gespräch wissen. "Man hat immer wieder Tage, wo man denkt 'Das war heute richtig gut' und andere Tage, wo man denkt 'Mensch, hätte man besser machen können'", entgegnete Baerbock. "Es war also ein Versprecher", stellte die Moderatorin fest. Wie könne Baerbock denn wissen, ob ihr Handeln dazu führt, dass Deutschland in den Krieg hineingezogen wird?
Das werde in der Bundesregierung ständig abgewogen, versicherte die Außenministerin. Zugleich stelle sie sich die Frage: "Was wäre, wenn das meine Kinder sind, die verschleppt werden; meine Freundin, die vergewaltigt wird?" Die Regierung tue alles dafür, um die Ukraine zu schützen und um zu verhindern, dass sich der Krieg auf andere Länder ausweitet. Zur Not auch mit deutschen Kampfjets?, fragte Maischberger. "Das ist keine Debatte, die wir führen", blockte Baerbock ab. Als die Gastgeberin mehrmals nachhakte, räumte sie ein: "Niemand kann sagen, was in sechs Monaten ist." Dann sollte die Regierung das auch so sagen, forderte Maischberger: "Man kann nichts ausschließen, das wäre die Ehrlichkeit gegenüber den Bürgern."
Baerbock warnt China
Eindeutig wurde Baerbock, als es um mögliche Drohnenlieferungen Chinas an Russland ging. Sollten sich entsprechende Berichte bestätigen, würde China als Mitglied im UN-Sicherheitsrat einen massiven Bruch des Völkerrechts unterstützen. Passiert das denn?, fragte Maischberger. "Das überprüfen wir", versicherte die Ministerin.
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Luftsprünge auf dem Trampolin
In dem ausführlichen Gespräch blieb auch Zeit für weniger ernste Töne. "'Sie treibt ihn in den Wahnsinn und er sie auch.' Stimmt das?", wollte Maischberger von Baerbock eine Einschätzung der "Zeit" über ihr Verhältnis zu Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) beurteilt haben. "Wie in jeder guten Ehe, würde ich fast sagen", meinte die Grünen-Politikerin. "Reibung erzeugt bekanntermaßen auch immer Wärme. Aber wir treiben uns nicht in den Wahnsinn." Die Zuschauer erfuhren außerdem, dass sich die frühere Trampolinspringerin in ihrem Büro auf einem Minitrampolin abreagieren kann.
In der Kommentatorenrunde wurde ebenfalls stark bezweifelt, dass Putin derzeit zu Friedensgesprächen bereit ist. "Die Ukraine muss ihn an den Tisch bomben, anders kommt er da nicht hin", meinte der ehemalige ARD-Moderator Waldemar Hartmann. Er attestierte dennoch Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer nach ihrer Demonstration in Berlin einen "imponierenden Start": "Sie treffen die Seele, die Begierde von Menschen, die große Sorgen haben."
"Reine Ego-Nummer" von Wagenknecht
Auch Alev Doğan, Chefreporterin von "The Pioneer", räumte ein, die beiden Frauen würden einer relevanten Gruppe in der Bevölkerung eine Stimme verleihen. Neben einer fehlenden Abgrenzung nach rechts attestierte sie ihnen aber ein angesichts des Krieges befremdliches "Triumphgehabe" und eine geradezu "heitere Selbstherrlichkeit auf der Bühne". Melanie Amann vom "Spiegel" warf Schwarzer vor, geradezu in der Aufmerksamkeit zu baden. Wagenknecht schafft sich ihrer Einschätzung nach mit dem "Manifest für den Frieden" gerade eiskalt strategisch eine Plattform jenseits der Linkspartei: "Das ist eine reine Ego-Nummer."
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Politischer Eigennutz ist nach Ansicht der Kriegsberichterstatterin Düzen Tekkal derzeit auch im türkisch-syrischen Erdbebengebiet zu beobachten. "Es darf keine Machtpolitik auf dem Rücken der Opfer betrieben werden, weder von Erdoğan noch von Assad", forderte sie. Mittlerweile aber wachse die Wut und der Frust der Menschen, sagte sie mit Blick auf die für 14. Mai angesetzten Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in der Türkei.
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"Maischberger" blendete noch einen Spendenaufruf für die Opfer ein. Hilfe werde weiterhin dringend benötigt, sagte Comedian Kaya Yanar, der Familienmitglieder bei der Katastrophe verloren hat. Er und seine Mutter haben 16 Verwandte in einer Ferienwohnung in Antalya untergebracht. Sie seien traumatisiert: "Die Kinder schreien nachts."
- "Maischberger" vom 28. Februar 2023