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Kachowka-Staudamm gesprengt: Geheimdienst hat Hinweise auf Angriff


Wer hat den Damm gesprengt? Geheimdienst soll Hinweis haben

Von dpa, fho, aj

Aktualisiert am 08.06.2023Lesedauer: 4 Min.
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Dammbruch: KΓΆnnte die Ukraine ihren Staudamm auch selbst gesprengt haben? (Quelle: t-online)
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Nach dem Bruch des Kachowka-Staudamms bezichtigen die Ukraine und viele westliche Politiker Russland. Doch es gibt auch andere Vermutungen.

Nach der ZerstΓΆrung des Kachowka-Staudamms in der SΓΌdukraine mΓΌssen Angaben aus Kiew zufolge Zehntausende Menschen vor dem Hochwasser in Sicherheit gebracht werden. Wie es zum Dammbruch kommen konnte, ist bislang unklar. Russland und die Ukraine geben sich gegenseitig die Schuld.

Die Regierung von US-PrÀsident Joe Biden kânne "nicht abschließend sagen", wer für den massiven Bruch des Damms verantwortlich sei, sagte auch der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby, am Dienstag vor Reportern im Weißen Haus.

Der US-Sender NBC News berichtete unter Berufung auf zwei US-Beamte und einen "westlichen" Beamten, dass die USA ΓΌber Erkenntnisse verfΓΌgten, die klar auf Russland hindeuten wΓΌrden. Entsprechende Geheimdienstinformationen kΓΆnnten noch am Dienstag von der Regierung verΓΆffentlicht werden.

Video | Ukraine: Russische Truppe sprengen Staudamm in Cherson
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Quelle: t-online

Die Ukraine beschuldigte Moskau und glaubt sogar zu wissen, welcher russischen Brigade die Sprengung anzulasten ist. Das berichtete "Kyiv Independent" unter Berufung auf die ukrainische Nachrichtenagentur Liga, die den Chef des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates Oleksii Danilov zitiert. Demnach beschuldigt Danilov die 205. motorisierte SchΓΌtzenbrigade Russlands, den Anschlag auf den Staudamm verΓΌbt zu haben. Die Brigademitglieder seien im Kraftwerk in der NΓ€he der von Russland besetzten Nowa Kachowka stationiert und kontrollierten die Anlage.

Scholz: "FΓΌr diese menschengemachte Umweltkatastrophe gibt es nur einen Verantwortlichen"

Viele westliche Politiker machen Russland verantwortlich. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) etwa warf Moskau vor, in dem seit mehr als 15 Monaten dauernden Krieg immer stÀrker zivile Ziele anzugreifen. "Das ist ja auch etwas, das sich einreiht in viele, viele der Verbrechen, die wir in der Ukraine gesehen haben, die von russischen Soldaten ausgegangen sind", sagte er. "Für diese menschengemachte Umweltkatastrophe gibt es nur einen Verantwortlichen: der verbrecherische Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine", sagte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) auf einer Reise in Brasilien.

Russland wies jegliche Schuld von sich. "Wir erklΓ€ren offiziell, dass es sich hier eindeutig um eine vorsΓ€tzliche Sabotage der ukrainischen Seite handelt, die auf Befehl (...) des Kiewer Regimes geplant und ausgefΓΌhrt wurde", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Beweise legte er nicht vor. PrΓ€sident Wladimir Putin werde ΓΌber alle Entwicklungen informiert, sagte er.

Stoltenberg: "Ungeheuerliche Tat"

Nato-GeneralsekretÀr Jens Stoltenberg hielt Moskau vor, Tausende Zivilisten zu gefÀhrden und schwere UmweltschÀden in Kauf zu nehmen. "Dies ist eine ungeheuerliche Tat, die einmal mehr die BrutalitÀt von Russlands Krieg in der Ukraine demonstriert." EU-RatsprÀsident Charles Michel zeigte sich schockiert über einen "beispiellosen Angriff". Der britische Außenminister James Cleverly sprach von einem Kriegsverbrechen.

Auch der MilitÀrexperte Carlo Masala sieht den Verursacher in Moskau: "Alles spricht dafür, dass die Russen den Damm gesprengt haben", so Masala zu t-online (mehr lesen Sie hier). Schon im vergangenen Jahr habe es Berichte gegeben, denen zufolge die russische Armee den Staudamm großflÀchig vermint habe. Damals wie heute standen die Kremltruppen unter dem Druck einer ukrainischen Gegenoffensive.

Ukraine: Russland will Großoffensive ausbremsen

Γ„hnlich hatte sich auch Selenskyjs Stabschef Jermak geΓ€ußert. Er vermute, dass Russland mit der ZerstΓΆrung die geplante ukrainische Großoffensive ausbremsen wolle. Auf Twitter schrieb er, durch die Sprengung nehme auch die BewΓ€sserung fΓΌr die Landwirtschaft im SΓΌden der Ukraine Schaden.

Selenskyj selbst wies nach Angaben seines PrΓ€sidialamtes darauf hin, dass die Ukraine vor genau diesem Szenario gewarnt habe, seit die russischen KrΓ€fte Cherson im Herbst 2022 gerΓ€umt hatten. Denn Russland habe weiterhin die Kontrolle ΓΌber Staudamm und Wasserwerk gehabt.

Die ukrainischen StreitkrΓ€fte kΓΌndigten an, die RΓΌckeroberung besetzter Gebiete trotzdem fortzusetzen. Die Ukraine verfΓΌge ΓΌber "alle notwendigen Boote und PontonbrΓΌcken, um Wasserhindernisse zu ΓΌberwinden", teilte das MilitΓ€r mit. Die Besatzer hΓ€tten den Staudamm "aus Angst vor der ukrainischen Armee" gesprengt.

Auch der deutsche MilitÀrexperte Ralph Thiele hÀlt es für mâglich, dass die Ukraine die Sprengung zu verantworten hat. "De facto gibt es militÀrischen Nutzen für beide Seiten", sagt er im GesprÀch mit t-online. Die Ukraine brauche Überraschungsmomente, um gegen die russischen Truppen vorgehen zu kânnen. Auch wenn die verheerenden Bilder es kaum vorstellbar erscheinen lassen, sei es mâglich, dass die Ukraine den Dammbruch nutze, um Verteidigungslinien aufzuweichen, so Thiele.

Stausee liegt an der Frontlinie

Der Kachowka-Stausee und der Fluss Dnipro bildeten seit dem vergangenen Herbst die Frontlinie im Gebiet Cherson. Das Südufer wird von russischen Truppen beherrscht, das nârdliche Ufer mit der gleichnamigen Gebietshauptstadt Cherson nach der Rückeroberung wieder von den Ukrainern. Der ukrainische MinisterprÀsident Denys Schmyhal sprach von Überschwemmungsgefahr für bis zu 80 Ortschaften. Entlang des Nordufers sahen die ukrainischen Behârden 16.000 Menschen in Gefahr. MilitÀrgouverneur Olexander Prokudin berichtete von zunÀchst acht Ortschaften, die ganz oder teilweise unter Wasser stehen. Angaben über Tote oder Verletzte gab es zunÀchst nicht. Die humanitÀren, âkologischen und militÀrischen Folgen der Überschwemmungen sind noch nicht abzusehen.

In der Stadt Cherson leben die Menschen seit Monaten unter russischem Artilleriefeuer. Luftaufnahmen zeigten, dass dort im Stadtteil Korabel von vielen eingeschossigen HÀusern nur noch das Dach aus dem Wasser ragte. Zur Lage am flachen Südufer in russischer Hand gab es kaum Informationen. In Nowa Kachowka dicht an der Staumauer berichtete die russische Verwaltung von Überschwemmungen.

Verwendete Quellen
  • nbc.com: "Ukraine accuses Russia of blowing up a major dam; Kremlin blames Kyiv" (englisch)
  • Eigene Recherche
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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