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Ukraine: Iranische Kamikazedrohnen sollen auch deutsche Technik verwenden


Mehr Kontrolle gefordert
Deutsche Technik in iranischen Kamikazedrohnen?

Von t-online, wan

28.09.2023Lesedauer: 3 Min.
Eine Drohne vom Typ Shahed-136 bei einer Militärparade im Iran (Archivbild): Erneut sollen diese für einen Angriff auf die Ukraine genutzt worden sein.Vergrößern des BildesEine Drohne vom Typ Shahed-136 bei einer Militärparade im Iran (Archivbild): Sie sollen auch Bauteile europäischer Firmen enthalten. (Quelle: IMAGO/Sobhan Farajvan)
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Elektronische Komponenten europäischer Firmen sollen in Drohnen verbaut sein, mit denen Russland die Ukraine angreift. Wie reagieren die Hersteller?

Schwärme von russischen Kamikazedrohnen attackieren fast täglich die Ukraine. Die meisten sind iranischer Bauart. Doch offenbar ist es auch westliche Technik, die Teherans Shahed-Modelle ans Ziel bringt. Dazu zählen deutsche Bauteile, wie eine Benzinpumpe oder ein Transistor.

Der britische "Guardian" berichtet über ein Dokument, das die ukrainische Regierung am G7-Gipfel im August vorgelegt haben soll: Demnach seien mehr als 50 elektrische Bauteile von Firmen aus mehreren europäischen Ländern in den Modellen Shahed-131 und Shahed-136 gefunden worden. Der Bericht besagt laut "Guardian", dass es sich um Firmen handelt, deren Hauptsitz sich in den der Schweiz, den Niederlanden, Polen und Deutschland befinde. Hinzu kämen Hersteller aus Kanada, den USA und Japan.

Elektronische Bauteile von deutscher Firma

So soll in Polen eine Benzinpumpe von einer deutschen Firma gebaut werden, die wiederum eine britische Mutterfirma hat. Die Pumpe soll in einer Shahed-136-Drohne gefunden worden sein. Eigentlich sind diese Pumpen für die Automobilindustrie entwickelt worden. Dem Bericht nach sollen außerdem ein Transistor und eine Netzwerkkomponente in der Drohne von der Firma International Rectifier stammen, die dem deutschen Technologieunternehmen Infineon gehört.

Solche Komponenten werden weltweit verkauft – für ganz unterschiedliche Anwendungen. Im Falle der Benzinpumpe hatte das betroffene Unternehmen vor geraumer Zeit schon gesagt, dass es nicht an den Iran liefere. Gegenüber dem "Guardian" sagte ein Sprecher von Infineon, dass man seine Geschäfte mit Russland eingestellt habe und nicht in den Iran exportiere.

"Generell ist die Einhaltung geltender Gesetze für Infineon von größter Bedeutung, und wir haben strenge Richtlinien und Prozesse zur Einhaltung dieser Gesetze etabliert. Wir weisen unsere Kunden, einschließlich Händler, an, aufeinanderfolgende Verkäufe nur im Einklang mit den geltenden Regeln durchzuführen", heißt es in einer Stellungnahme.

Die Schweizer Firma U-blox versucht, den Einsatz seiner GPS-Tracker für Waffen zu verhindern, die ebenfalls in Shaheds entdeckt worden sein sollen. Die Firmenrichtlinien untersagten seit 2002 strikt den Einsatz in Waffen oder Waffensystemen, auch was Zieleinrichtungen betreffe, so ein Sprecher.

Handel mit elektronischen Bauteilen kaum kontrolliert

Doch Weiterverkäufe zu kontrollieren, ist für die Hersteller nicht einfach, und in vielen Fällen sogar unmöglich. In dem Regierungsdokument werden die Firmen nicht beschuldigt. Es wird eher darauf hingewiesen, dass der weltweite Handel mit solchen Komponenten "eher schlecht oder gar nicht" kontrolliert wird. Der Iran versuche bewusst Teile zu verwenden, die frei verfügbar seien.

So finden die Bauteile offenbar über mehrere Zwischenhändler ihren Weg bis in die iranischen Produktionsstätten. Sie sollen über die Türkei, Indien, Kasachstan, Usbekistan, Vietnam und Costa Rica in den Iran gelangen. Teheran soll mittlerweile einen Teil der Produktion nach Syrien ausgelagert haben, und auch in Russland selbst sollen bereits Shahed-Drohnen zusammengebaut werden.

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Bart Groothuis, ein Europaabgeordneter, der im Unterausschuss für Verteidigung und Sicherheit des Europäischen Parlaments sitzt, sagte dem "Guardian", die Koordinierung zwischen den Geheimdiensten der EU sei unzureichend gewesen, um den Missbrauch westlicher Komponenten zu bekämpfen. "Ich denke, viele europäische Geheimdienste denken nicht einmal über Sanktionen nach", sagte er.

Bereits im Juli hatte der Leiter des ukrainischen Präsidialamts, Andrij Jermak, auf westliche Technik in Shahed-Drohnen hingewiesen. Diese seien bei einem abgeschossenen Modell gefunden worden, und veröffentlichte ein Foto, das angeblich ein Bauteil zeigen soll – mit der Aufschrift "Made in Ireland".

"Russland kauft seit vielen Jahren ausländische Technologieprodukte, aber jetzt, wo sie zu Instrumenten der Tötung von Menschen, des Terrorismus und des Völkermords werden, kann dies nicht mehr so weitergehen. Es ist unmöglich, die Augen davor zu verschließen und zu sagen, dass Sanktionen ausreichen. Nein, sie reichen nicht aus, denn Beschuss und Angriffe durch UAVs [Unmanned Arial Vehicles – Unbemannte Fluggeräte] gehen jeden Tag weiter", so Jermak.

Westliche Technik wird nicht nur in Drohnen gegen die Ukraine verwendet. Russland braucht zum Beispiel Mikrochips für seine Computer und Telefone sowie militärisches Gerät. Moskau kann selbst offenbar nicht genügend Chips produzieren, zitiert das US-Magazin "Newsweek" einen Bericht der russischen Tageszeitung "Kommersant".

Demnach sei der derzeitige Bedarf dreimal höher als die inländischen Produktionskapazitäten. Zwar gibt es eine Direktive aus dem Kreml, von Technik aus dem Westen unabhängig zu werden, doch die Realität sieht anders aus: Nach Recherchen der unabhängigen russischen Nachrichtenwebseite Verstka habe Russland in der ersten Jahreshälfte ausländische Mikrochips im Wert von 502 Milliionen US-Dollar eingeführt.

Verwendete Quellen
  • theguardian: "Revealed: Europe’s role in the making of Russia killer drones" (englisch)
  • telegram.com: Kanal von Андрій Єрмак (ukrainisch)
  • newsweek.com: "Russia Signals It Can't Ditch Critical Western Tech Any Time Soon" (englisch)
  • verstka.media: "В Россию попадают почти любые санкционные товары на миллиарды долларов. Расследование "Вёрстки" (russisch)
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