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Trump drängt auf Ukraine-Deal – riskante Frist für Kiew?


Krieg in der Ukraine
Trump setzt eine Frist


Aktualisiert am 22.04.2025Lesedauer: 6 Min.
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Donald Trump: Die USA drängen darauf, dass es in der Ukraine zu einer schnellen Waffenruhe kommt. (Quelle: Alex Brandon/AP/dpa/dpa-bilder)
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Donald Trump will einen schnellen Deal im Ukraine-Krieg und fordert von Kiew Zugeständnisse. Sollte der US-Präsident mit seiner Initiative scheitern, würde vor allem der russische Präsident Wladimir Putin profitieren.

Im vierten Jahr des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine steht Kiew diplomatisch mit dem Rücken zur Wand. Während die Kämpfe an den Frontlinien nach Ostern wieder zunehmen, laufen hinter verschlossenen Türen intensive Gespräche über einen möglichen Waffenstillstand – unter Federführung von US-Präsident Donald Trump. Sein Ziel ist ambitioniert, seine Mittel drastisch: ein schneller Deal zwischen Kiew und Moskau, notfalls auf Kosten ukrainischer Interessen.

Der Druck ist immens, vor allem auf den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj.

Denn es zeichnet sich ein Paradigmenwechsel in der US-Außenpolitik ab. Trumps Team – allen voran Außenminister Marco Rubio und der US-Sondergesandte Steve Witkoff – hat dem westlichen Bündnis in Paris eine Liste von Vorschlägen unterbreitet, die tief in die ukrainische Souveränität eingreifen würden.

Die Regierung in Kiew soll die russische Annexion der Krim anerkennen, einem Nato-Beitritt abschwören und möglicherweise sogar strategisch wichtige Infrastrukturen – etwa das Kernkraftwerk Saporischschja – unter Kontrolle der USA stellen. Kremlchef Wladimir Putin kann dagegen die von Russland eroberten Gebiete weiterhin besetzen. Auch darüber hinaus wird er zu keinen Zugeständnissen gezwungen.

Eine ganze Serie diplomatischer Dammbrüche steht im Raum, die für die Ukraine nur schwer zu akzeptieren sein werden. Zwar würden die Kämpfe zunächst enden, aber darüber hinaus hat Kiew keinen Mehrwert von einem Deal. Doch eine Gefahr ist offensichtlich: Sollte Selenskyj ablehnen, könnte Washington dies als Vorwand nutzen, um sich aus der Unterstützung der Ukraine zurückzuziehen. Denn Trump hat längst die Geduld verloren.

Suche nach dem schnellen Deal

Er wolle "sehr bald" eine Einigung sehen, sagte Trump vergangene Woche im Weißen Haus. Der US-Präsident betonte, dass er bei mangelnder Kompromissbereitschaft beider Seiten kein Interesse an einer Fortsetzung der US-Vermittlungsbemühungen habe. "Wenn nun aus irgendeinem Grund eine der beiden Parteien es sehr schwierig macht, werden wir einfach sagen: Ihr seid dumm. Ihr seid Dummköpfe, ihr seid schreckliche Menschen, und wir werden es einfach lassen", sagte er.

Der Republikaner wurde am Sonntag konkreter, setzte eine Frist. Trump verkündete in seinem sozialen Netzwerk "Truth Social", dass er auf einen Deal in dieser Woche hoffe. Und versprach Russland und der Ukraine in dem Fall gute Geschäfte mit den USA.

Die Drohung, sich schmollend aus der Affäre zu ziehen, könnte Taktik aus dem Repertoire eines Unternehmers sein, der sein Gegenüber am Verhandlungstisch weichklopfen will. Doch diese Taktik birgt ein immenses Risiko: Sollte Trump tatsächlich die Unterstützung einstellen, wäre die Ukraine militärisch in großen Schwierigkeiten – mit unkalkulierbaren Folgen für die Sicherheit Europas.

Erst vergangene Woche warnte US-Außenminister Marco Rubio auch die Verbündeten der Amerikaner. "Wenn es möglich ist, sind wir bereit, alles zu tun, was wir können, um dies zu erleichtern und sicherzustellen, dass es dazu kommt, dass er dauerhaft und gerecht beendet wird", sagte er, wie in einem CNN-Video zu hören war.

"Wenn das nicht möglich ist und wir so weit voneinander entfernt sind, dass das nicht gelingen kann, dann denke ich, dass der Präsident wahrscheinlich an einem Punkt sein wird, an dem er sagen wird: 'Gut, das war's.'" Rubio fügte mit Blick auf ein Ende des Krieges hinzu: "Wir müssen jetzt innerhalb weniger Tage herausfinden, ob das auf kurze Sicht machbar ist. Denn wenn nicht, dann müssen wir einfach weiterziehen."

Die Motivation ist offenkundig: Trump will den Krieg möglichst rasch beenden, um in den ersten 100 Tagen seiner Präsidentschaft außenpolitische Erfolge vorweisen zu können. In den vergangenen Wochen betonte er wiederholt, dass sein Vorgänger Joe Biden für die Eskalation in der Ukraine verantwortlich sei. Das ist faktisch falsch, weil Russland seit der Annexion der Krim 2014 sein Nachbarland angreift. Aber je länger noch in der Ukraine gekämpft wird, desto mehr wird der Konflikt auch zu Trumps Krieg. Und das möchte der US-Präsident verhindern.

Putin hält an Forderungen fest

Ein Dilemma für die US-Regierung, denn Putin zeigt bisher keine Kompromissbereitschaft. Zwar kommt die russische Armee 2025 immer langsamer voran, aber sie ist noch immer in der Offensive, und der Kreml scheint davon auszugehen, seine Ziele militärisch erreichen zu können.

Auf diplomatischer Ebene ist die US-Initiative für Russland vor allem eines: eine Chance. Putin kann sich als Gesprächspartner präsentieren, ohne eigene Positionen aufgeben zu müssen. Er schloss am Dienstag auch Gespräche mit der ukrainischen Führung nicht aus. Trotzdem hält Russland an seinen Minimalforderungen für ein Kriegsende fest: Kiew soll die russische Herrschaft über die Krim und über die vier von Putin völkerrechtswidrig annektierten ukrainischen Oblaste anerkennen. Außerdem fordert Moskau einen Verzicht der Ukraine auf eine Nato-Mitgliedschaft und eine Verkleinerung der ukrainischen Armee.

Sollte Trump bereit sein, auf einige dieser Punkte einzugehen, könnte der Kreml daraus einen außenpolitischen Sieg zimmern, ohne einen militärischen Durchbruch erzielen zu müssen.

Putin muss nicht viel tun. Zwar verkauft Russland die von Moskau initiierte Waffenruhe über Ostern als Zugeständnis. Tatsächlich gab es trotz Tausender Brüche über das Wochenende weitaus weniger Kampfhandlungen. Doch auch die russische Armee konnte diese Zeit nutzen, um Geländegewinne zu konsolidieren, Verteidigungslinien zu verstärken und um Personal an der Front zu rotieren. Der Preis für Russland war also gering.

Trump setzt seinen russischen Amtskollegen auch weiterhin nicht unter Druck. Zwar sprach er schon darüber, dass er die Geduld mit seinem russischen Amtskollegen verliert. Doch das blieb ohne Folgen. Russland macht dem US-Präsidenten dagegen unmoralische Angebote und bietet ihm eine Wiederbelebung der wirtschaftlichen Beziehungen zu den USA an. In Gesprächen mit Trump-Gesandten wurde eine Aufhebung der Sanktionen thematisiert – ein weiterer strategischer Vorteil, den Putin im Blick hat.

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Dass Trump bislang keine Sanktionen verschärft oder neue Maßnahmen gegen Moskau ergriffen hat, spricht für einen russlandfreundlichen Kurs. Der Kreml spielt auf Zeit – und trifft derzeit auf ein passendes Gegenüber im Weißen Haus.

Ukraine steckt in einem Dilemma

Die gegenwärtige US-Politik ist für Putin dementsprechend ein Grund für Freude. "Dass eine Mitgliedschaft der Ukraine in der Nato ausgeschlossen ist, haben wir aus Washington auf verschiedenen Ebenen gehört", sagte Kremlsprecher Dmitrij Peskow russischen Nachrichtenagenturen zufolge am Montag. "Das freut uns natürlich und entspricht unserer Position." Bislang musste Moskau keine seiner Positionen aufgeben.

Dagegen ist Trumps Botschaft an Kiew unmissverständlich: Zeigt euch kompromissbereit – oder riskiert den Rückzug der USA.

Selenskyj stellt diese Lage erneut vor ein Dilemma. Einerseits will er den Krieg beenden. Die Osterwaffenruhe zeigte durchaus, dass eine Feuerpause möglich ist. Selenskyj schlug eine Ausweitung auf 30 Tage vor und bot erneut an, Angriffe auf zivile Ziele auszusetzen. Andererseits kann er zentrale Prinzipien nicht aufgeben: kein Verzicht auf Gebiete, keine Abkehr von der Nato-Perspektive, kein Einfrieren des Konflikts auf russischen Bedingungen.

Denn der Preis wäre nicht nur territorial. Es geht auch um die Sicherheitsarchitektur Europas. Ein Waffenstillstand ohne klare Garantien – etwa durch westliche Truppenpräsenz – wäre für die Ukraine ein Sicherheitsrisiko. Derzeit fehlt jede Zusage der USA, etwaige Friedensvereinbarungen durch militärische Präsenz oder Schutzmechanismen abzusichern. Selbst die Zukunft westlicher Militärhilfe steht zur Disposition, wie Rubio betonte. Damit gerät Selenskyj in eine Lage, in der jeder Schritt wie eine Lose-Lose-Option wirkt: Entweder er gibt nach – oder er könnte Washington als Partner verlieren.

Letzteres wäre auch für die europäischen Partner der Ukraine ein Albtraum. Noch ist offen, wie Frankreich und Deutschland auf die amerikanischen Vorschläge reagieren. Die Europäische Union sieht Trumps Alleingänge kritisch, zugleich fehlt es ihr aber an militärischer Handlungsfähigkeit, um selbst in die Bresche zu springen. Die US-Initiative löst damit nicht nur in Kiew Unruhe aus, sondern auch im westlichen Lager.

Zugleich ist unklar, wie realistisch Trumps Vorschläge in der EU überhaupt bewertet werden. Eine Anerkennung der Krim-Annexion durch die USA wäre ein außenpolitisches Novum – mit kaum absehbaren Folgen.

Auch ein US-Gesetz verbietet diese Anerkennung explizit. Im "Ukraine Support Act" heißt es: "Es ist die Politik der Vereinigten Staaten, die illegale Annexion der Krim durch die Russische Föderation nicht anzuerkennen." Doch Trump hat in der Vergangenheit wiederholt demonstriert, dass er wenig Respekt vor bestehenden Normen oder Gesetzen hat, wenn sie seinen politischen Zielen im Wege stehen.

Entscheidung in dieser Woche?

Die kommenden Tage könnten entscheidend sein. In London sollen amerikanische, europäische und ukrainische Verhandler über die Vorschläge der Trump-Regierung sprechen. Die Ukraine muss dabei zwischen strategischer Standhaftigkeit und der Realität auf den Schlachtfeldern abwägen – eine brenzlige Lage.

Vor allem für die Europäer könnte sich eine Grundsatzfrage stellen, sollten die Amerikaner ihr Engagement zurückfahren: Ist man bereit, den Preis für Freiheit und Souveränität weiterzuzahlen – oder will man den Krieg einfrieren, koste es, was es wolle?

Trump setzt auf Geschwindigkeit – und auf maximalen Druck gegenüber der Ukraine. Es steht mehr auf dem Spiel als ein Waffenstillstand – es geht um die Frage, welche Prinzipien für das westliche Bündnis überhaupt noch gelten.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • wsj.com: Kyiv Is On the Clock to Respond to Trump Plan to End Ukraine Conflict (englisch)

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