Newsblog zum Ukraine-Krieg Putins Truppen rücken in Ukraine vor

Russlands Armee verzeichnet weiter Geländegewinne. Berlin plant neue Regelungen bei der Beschaffung von Waffen und Rüstungsgütern. Alle Entwicklungen im Newsblog.
Russischer Vormarsch im Osten der Ukraine
Wladimir Putins Streitkräfte rücken russischen Staatsmedien und Kriegsbloggern zufolge im Osten der Ukraine weiter vor. Demnach nahmen sie eine erste Ortschaft in der zentral-östlichen Region Dnipropetrowsk ein. Es hieß, die Truppen hätten dort am Montag die Kontrolle über das Dorf Dachnoje übernommen. Eine Bestätigung von ukrainischer Seite oder vom Verteidigungsministerium in Moskau lag zunächst nicht vor.
In den vergangenen zwei Monaten haben russische Truppen insgesamt rund 950 Quadratkilometer Gelände gewonnen. Der ukrainischen Beobachtergruppe Deep State zufolge kontrolliert Russland derzeit 113.588 Quadratkilometer des ukrainischen Territoriums. Zu den besetzten Gebieten gehören die Halbinsel Krim, mehr als 99 Prozent der Region Luhansk, über 70 Prozent der Regionen Donezk, Saporischschja und Cherson sowie Teile der Regionen Charkiw, Sumy und Dnipropetrowsk.
Kreml: Russland lässt sich nicht zu Verhandlungen zwingen
Auch das geplante 18. Sanktionspaket der EU wird nach Kremlangaben nicht zu einem Ende des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine führen. "Nur Logik und Argumente können Russland an den Verhandlungstisch bringen", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow dem Moskauer Staatsfernsehen. "Es ist unmöglich, Russland durch irgendeine Art von Druck oder Gewalt zu drängen."
Peskow zeigte sich überzeugt, dass das von der EU angestrebte neue Sanktionspaket letztlich angenommen wird. Je schärfer aber die Strafmaßnahmen würden, desto stärker werde auch die Gegenreaktion. Sanktionen seien eine "zweischneidige Waffe", sagte Peskow. Moskau behauptet regelmäßig, dass die EU durch die Sanktionen selbst mehr Nachteile habe, etwa durch den Verzicht auf russische Rohstoffe.
Am vergangenen Freitag scheiterte die Annahme des 18. Sanktionspakets der EU zunächst am Widerstand der Slowakei. Ein erneutes Votum wurde auf einen unbestimmten Zeitpunkt verschoben.
Bundesregierung möchte Waffenkäufe beschleunigen
Um den Kauf von Waffen und Rüstungsgütern künftig zu beschleunigen, hat das Verteidigungs- und Wirtschaftsministerium einen gemeinsamen Referentenentwurf vorgelegt, der die Beschaffung vereinfachen soll. Das Handelsblatt berichtet, zentrale Ziele seien dabei die "Beschleunigung und Vereinfachung für alle Beschaffungen für die Bundeswehr". Bestimmte dringliche Aufträge sollen dem Dokument zufolge, welches der dpa vorliegt, künftig nicht mehr europäisch ausgeschrieben werden, sondern nur noch national – das soll Zeit sparen.
Außerdem sollen Aufträge nach Ausschreibungen auch dann vergeben werden können, wenn ein unterlegener Bieter dagegen klagt. Bislang ist das anders, durch die sogenannte aufschiebende Wirkung hat sich die Anschaffung von Waffen teilweise um Jahre verzögert. Der Gesetzgeber soll zudem ein Vergabeverfahren einleiten können, selbst wenn dessen Finanzierung bislang nicht gesichert ist. Gewisse Dokumentationspflichten sollen abgeschwächt werden.
In dem Gesetzesentwurf wird die Novellierung mit der Gefahr durch Russland begründet. Es gebe derzeit keine Anzeichen, dass Moskau den Angriffskrieg gegen die Ukraine beenden wolle. "Vielmehr deuten Aussagen der russischen Führung darauf hin, dass die russischen Kriegsziele über die Ukraine hinausgehen." Daher müsse die Verteidigungsfähigkeit der Nato gestärkt werden. Übergeordnetes Ziel der Bundesregierung sei es, "die Abschreckungs- und Bündnisfähigkeit der Bundeswehr zu erhöhen".
Wadephul zu Antrittsbesuch in Kiew eingetroffen
Außenminister Johann Wadephul ist zum Antrittsbesuch in die Ukraine gereist. Der CDU-Politiker traf am Morgen mit einem Sonderzug in der Hauptstadt Kiew ein. Der Bundesaußenminister kam mit einem Versprechen. Denn angesichts der anhaltenden russischen Luftangriffe sagte er dauerhafte deutsche Waffenhilfe zu.
"Die Freiheit und Zukunft der Ukraine ist die wichtigste Aufgabe unserer Außen- und Sicherheitspolitik", erklärte der CDU-Politiker zu seinem Besuch in Kiew. Man werde "felsenfest an der Seite der Ukraine stehen, damit sie sich weiter mit Erfolg verteidigen kann - mit moderner Luftverteidigung und anderen Waffen, mit humanitärer und wirtschaftlicher Hilfe".
Wadephul: Russland bedroht direkt auch unser Leben
Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) warnt davor, die Gefahr für Deutschland durch Russland zu unterschätzen. "Russland bedroht direkt auch unser Leben in Frieden und Freiheit in Deutschland", sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine sei und bleibe die größte Bedrohung der Sicherheit in Europa und wichtigstes Thema der deutschen Außenpolitik.
Die Nato-Beschlüsse von Den Haag – die Allianz verständigte sich auf eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben auf fünf Prozent der Wirtschaftsleistung – seien "richtig und notwendig", sagte Wadephul. Der russische Präsident Wladimir Putin greife "mit wahllosem Bombenterror die Moral der Ukrainerinnen und Ukrainer an. Die Freiheit der Ukraine ist der wichtigste Prüfstein unserer Standhaftigkeit als Europäer."
In einem "Manifest" hatten SPD-Politiker wie Ex-Fraktionschef Rolf Mützenich, Ex-Parteichef Norbert Walter-Borjans und der Außenpolitiker Ralf Stegner "militärische Alarmrhetorik und riesige Aufrüstungsprogramme" kritisiert sowie diplomatische Gespräche mit Russland gefordert. Beim SPD-Parteitag an diesem Wochenende hatte SPD-Chef Lars Klingbeil einem Kurswechsel im Verhältnis zu Russland aber eine Absage erteilt. Er forderte, es müsse alles getan werden, um sich vor Putins Russland zu schützen.
Selenskyj sieht Sanktionen gegen Moskau als Priorität
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat sich einmal mehr für internationale Sanktionen gegen Russland ausgesprochen. "Sanktionen sollten jetzt eine der wichtigsten Prioritäten sein – die Sanktionen der Welt gegen Russland", sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache.
Anlass war die Synchronisierung verschiedener EU-Sanktionspakete durch die Ukraine. Zugleich kündigte Selenskyj an, dass die Ukraine auch die europäischen Sanktionen gegen den Iran übernehmen wolle.
Auch nach dem Scheitern des jüngsten Sanktionspakets der EU gegen Russland beharrte Selenskyj auf einem neuen Versuch. Sanktionen seien etwas, "das die strategischen Entwicklungsmöglichkeiten Russlands, sein Potenzial, wirklich einschränkt und die Fähigkeit Russlands, diesen Krieg, den Krieg gegen unsere Unabhängigkeit, jeden Tag fortzusetzen, noch schmerzhafter einschränken sollte".
- Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa, AFP und Reuters