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FC Bayern | Auch Lewandowski bald weg: Salihamidzic jetzt mächtig unter Druck


Bayern-Boss Salihamidzic
Seine letzte Chance?

Von Benjamin Zurmühl

Aktualisiert am 13.05.2022Lesedauer: 6 Min.
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Hasan Salihamidzic: Der Sportvorstand des FC Bayern steht unter Druck.Vergrößern des Bildes
Hasan Salihamidzic: Der Sportvorstand des FC Bayern steht unter Druck. (Quelle: Sportfoto Rudel/imago-images-bilder)

Die Saison ist eher eine Enttäuschung, Robert Lewandowski will weg und der Kaderplan ist (noch) unklar. Die Stimmung beim FC Bayern ist mittelmäßig. Das setzt den Sportvorstand unter Druck.

Als Hasan Salihamidzic 2017 als Sportdirektor des FC Bayern vorgestellt wurde, saß er mit einem breiten Lächeln zwischen Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß. Voller Stolz saß er zwischen den beiden Männern, die den Verein zur Nummer eins in Deutschland, zur Weltmarke gemacht hatten. Und er war der Auserkorene, der ihre Arbeit fortsetzen sollte. Dass er dabei nur Plan B oder C war, machte ihm nichts aus.

Dabei halfen auch die Worte der Männer neben ihm, die von Salihamidzic in den höchsten Tönen schwärmten. "Wir haben mit Brazzo einen Mann geholt, der den FC Bayern sehr gut kennt", sagte Rummenigge. Und Hoeneß betonte: "Wir sind überzeugt, dass wir mit ihm den Mann gefunden haben, den wir lange gesucht haben."

Anschließend untermauerte der damalige Präsident: "Was wir brauchen, ist ein Mann, der das Vertrauen des Trainers, der Spieler und der Fans hat. Wir brauchen einen Mann wie Hasan."

Knapp fünf Jahre später sind Rummenigge und Hoeneß nicht mehr da. Salihamidzic schon, nur das Lächeln ist seltener geworden. Am vergangenen Sonntag war es kurz zu sehen, als der FC Bayern in der Allianz Arena die Meisterschale erhielt. Zum zehnten Mal in Folge. Doch wie ein Erfolg fühlte sich die Saison nicht an. Denn mehr als die Meisterschaft gibt es aktuell nicht zu feiern. Im Pokal und in der Champions League hat Bayern mit dem Titel nichts zu tun. Auch sonst ist es unruhig an der Säbener Straße. Dabei mittendrin: Hasan Salihamidzic.

Der Poker um Robert Lewandowski

Der Name Robert Lewandowski war am Donnerstagabend das dominierende Thema in den bayerischen Medien. Denn die Münchner Torgarantie auf zwei Beinen will weg. Das berichteten "Bild", "Sport1" und Co. übereinstimmend. Der Grund: Lewandowski sei unzufrieden, fühle sich nicht wertgeschätzt. Die monatelangen Gerüchte um Verhandlungen mit Erling Haaland kränkten das Ego des zweifachen Weltfußballers.

Und so kann es sein, dass der Mann, den Vorstandschef Oliver Kahn vor wenigen Wochen indirekt als unverkäuflich bezeichnet hatte, bald für eine Ablösesumme von über 30 Millionen Euro verkauft wird. Bei den Fans würde der Abgang eines Superstars alles andere als gut ankommen. Denn wie soll Bayern stärker werden, wenn der vielleicht beste Stürmer der Welt weg ist?

Die fehlende Wertschätzung war aber nicht nur bei Lewandowski ein Thema. Niklas Süle beispielsweise spielt ab Sommer lieber für den Vizemeister Borussia Dortmund und nimmt damit in Kauf, vorerst keine Meisterschaft mehr zu gewinnen, als weiter für den FC Bayern aufzulaufen. Der Nationalspieler ist zwar noch da, doch spätestens seit dem vergangenen Sonntag trauern ihm einige Fans hinterher. Denn das mögliche Duo der Zukunft aus Dayot Upamecano und Tanguy Nianzou machte gegen Dortmund eine unsichere Figur.

Irritierte Stars und gescheiterte Projekte

Süles Abgang tut aber nicht nur sportlich weh, auch finanziell. Denn der 26-Jährige geht ablösefrei. So wie vor ihm auch schon David Alaba und Jérôme Boateng. Besonders Alaba wurde in dieser Saison schmerzlich vermisst. Der Österreicher war der Abwehrchef, ein wichtiger Kommunikator und Organisator im Zentrum. Doch auch er wurde sich mit der Chefetage um Salihamidzic nicht einig, als es um einen neuen Vertrag ging – und spielt nun mit Real Madrid im Finale der Champions League.

Die Uneinigkeit beider Seiten wurde zum Teil in der Öffentlichkeit ausgetragen, was den Fans nicht gefiel. Denn dieser Schlagabtausch darüber, wer in den Verhandlungen zu viel forderte oder zu wenig bot, schadete dem Spieler – und dem Klub.

Neben Lewandowski, Süle, Alaba und Boateng gab es in den vergangenen Jahren weitere Beispiele für Spieler, die etwas irritiert wurden. Manuel Neuer zum Beispiel. Denn im Sommer 2020 holte Salihamidzic den fast zehn Jahre jüngeren Alexander Nübel zum FC Bayern. Nübel sollte im Schatten Neuers zur Nummer eins der Zukunft aufgebaut werden. Doch Neuer hatte daran wenig Interesse. Schließlich war er von einem Karriereende weit entfernt.

Das Ergebnis: Nübel bekam kaum Einsätze, war verärgert, weil ihm bei den Vertragsverhandlungen mit Salihamidzic etwas anderes versprochen wurde, und verließ den Klub auf Leihbasis. Jüngst sagte er bei einer Medienrunde über eine Rückkehr nach München: "Wenn Manuel (Neuer, Anm. d. Red.) noch da sein sollte, wird das, glaube ich, nichts mehr."

Projekte mit anderen Talenten wie Fiete Arp (inzwischen bei Zweitligist Kiel), Michael Cuisance (inzwischen bei Serie-A-Absteiger Venedig) oder Tiago Dantas (inzwischen bei CD Tondela, Portugal) gingen schief.

Das Thema Trainer

Wer beim Fall Lewandowski und der fehlenden Wertschätzung den Gedanken "schon wieder" in den Sinn bekam, hatte diesen wohl auch am Mittwoch im Kopf, als in der "Sport Bild" von einem "Brodeln" zwischen Salihamidzic und Julian Nagelsmann die Rede war.

Manager und Trainer seien sich uneinig in Transferfragen. Nagelsmann bekäme seine Wünsche nicht erfüllt und sei daher "frustriert". Sätze, die schon bei Nagelsmanns Vorgänger Hansi Flick fielen. Auch Flick war sich mit Salihamidzic in Fragen der Kaderplanung uneinig. Statt seinen Wunschspielern bekam der Erfolgstrainer die Wunschspieler Salihamidzics. Die Differenzen mündeten letztendlich im vorzeitigen Ende von Flicks Zeit in München. Inzwischen ist er Bundestrainer.

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Aber: Laut "Spox" und "Goal" sind die Meinungsverschiedenheiten zwischen Salihamidzic und Nagelsmann rein inhaltlich, nicht persönlich. Von einem belasteten Verhältnis kann (noch) nicht die Rede sein.

Wenn man einem Bericht der "Abendzeitung" jedoch Glauben schenken mag, wird die Zahl der Unterstützer des Sportvorstands im Klub kleiner. Seine Rolle werde "nun immer öfter hinterfragt". Die Skepsis wächst. Vor zwei Jahren dominierte der FC Bayern den europäischen Fußball, gewann die Champions League und spielte dabei Klubs wie den FC Barcelona an die Wand.

Inzwischen sind einige der damaligen Schlüsselspieler weg, der Ersatz schlug kaum ein. Bayern ist schwächer geworden, auch weil der Klub bei den Königstransfers zu oft daneben liegt. Lucas Hernández (80 Millionen Euro), Leroy Sané (60 Millionen Euro) oder Dayot Upamecano (42 Millionen Euro) wurden ihrer Summe bisher nicht gerecht. Auch in der Breite weist der Kader Schwächen auf, weil Ersatzspieler wie Bouna Sarr, Marcel Sabitzer oder Omar Richards bislang nicht die nötige Qualität zeigten.

Wer ist hier der Chef?

Zur ganzen Wahrheit gehört aber auch: Nicht alle Transfers, die Salihamidzic tätigte, waren schlecht. Alphonso Davies beispielsweise kam für nur zehn Millionen Euro nach München und entpuppte sich als Spieler von Weltklasse-Format. Eric Maxim Choupo-Moting wurde ablösefrei verpflichtet und ordnete sich als Lewandowski-Ersatz gut ein. Als ganz Europa Tanguy Nianzou jagte, bekam Salihamidzic den Zuschlag, ohne viel Geld nach Paris überweisen zu müssen.

Doch bei der Jagd nach den Stars von morgen macht Bayern in der Kaderplanung auch Fehler. Denn Qualität ist nicht der einzige entscheidende Faktor. Auch die Hierarchie ist wichtig. Gerade ein Klub wie der FC Bayern braucht Führungsspieler in allen Mannschaftsbereichen. Und vor allem in der Abwehr fehlt ein echter Chef. Seit dem Abgang von David Alaba ist der einzige Anführer in der letzten Reihe Manuel Neuer, der Torwart. In der Kette vor ihm fehlte jemand, der für Ordnung in der Abwehrreihe sorgt.

Alphonso Davies sagte kürzlich in einem Interview mit ESPN über Ex-Kollege Alaba: "David war immer kommunikativ. Ich musste die richtige Positionierung und so noch lernen. Als ich neu war, hatte ich den Hang dazu, nur auf den Ball zu schauen. Er hat immer auf mich geachtet. (...) Noch heute habe ich manchmal seine Stimme im Hinterkopf, die sagt: 'Phonzy, Phonzy'."

Lucas Hernández, Benjamin Pavard, Niklas Süle und Dayot Upamecano sind alle gute Verteidiger, aber (noch) keine Anführer. Joshua Kimmich wäre so einer, wird aber im Mittelfeld gebraucht. Davies selbst versucht laut eigener Aussage, mehr Führung zu übernehmen, hat aber auf der Außenbahn nur begrenzt Einfluss.

Mit Antonio Rüdiger beispielsweise war ein Verteidiger aus der Kategorie "Leadertyp" ablösefrei zu haben, doch wirklich bemüht hatte sich Bayerns Chefetage um den Nationalspieler eher nicht. Er geht nun wohl zu Real Madrid, zu David Alaba.

Die letzte Chance?

Die Liste der Dinge, die zuletzt unglücklich beim FC Bayern liefen, wird länger. Irritierte Stars, falsche Transfers und unsaubere Hierarchien führen dazu, dass der Druck auf die "neuen Bosse" Hasan Salihamidzic und Oliver Kahn größer wird. Besonders Salihamidzic ist jetzt gefordert – und muss liefern. Die kommende Transferperiode ist seine letzte Chance.

Denn in der kann er entweder einen erfolgreichen Umbruch einleiten oder selbst noch mehr ins Visier der Kritik geraten. Bei den Fans hat er längst nicht mehr das Ansehen wie zu Triple-Zeiten. Mit guten Transfers und einer erfolgreichen nächsten Saison kann er dieses zurückgewinnen und ein Statement setzen.

Schafft er das nicht, könnte Uli Hoeneß' Satz aus seiner ersten Pressekonferenz wieder in den Vordergrund rücken. "Was wir brauchen ist ein Mann, der das Vertrauen des Trainers, der Spieler und der Fans hat." Doch vielleicht ist das dann nicht mehr "ein Mann wie Hasan".

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