Kritik an Penny-Werbeaktion Das ist frustrierend und nicht zielführend
Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Penny will mit hohen Preisen auf fehlende Nachhaltigkeit in der Lebensmittelproduktion aufmerksam machen, doch der Schuss geht nach hinten los.
Der Discounter Penny machte selten so sehr von sich reden wie mit seiner aktuellen Werbeaktion: Die Supermarktkette hat für neun Produkte vorübergehend die Preise erhöht. Einberechnet sind nun auch die Kosten, die sich aus der Umweltzerstörung bei der Produktion ergeben.
Penny nennt diese Aktion "Wahre Preise" und sorgt damit für gemischte Reaktionen. Denn was zunächst nach einer Wohltat zugunsten der Umwelt klingt, scheint in Wirklichkeit eine PR-Aktion ohne Wirkung zu sein.
Zudem könnten die gestiegenen Preise auch eine große Sorge bei der Kundschaft hervorrufen und die gesamte Lebensmittelbranche vor ein massives wirtschaftliches Problem stellen, meint t-online-Redakteurin Rahel Zahlmann.
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Die Discounter-Kette „Penny“ wirbt mit „wahren Preisen“. Doch diese Werbeaktion ist zum einen der Inbegriff von Greenwashing, zum anderen wirtschaftlich überhaupt nicht tragbar.
Hintergrund: Für neun Produkte hat die Rewe-Tochter Penny in dieser Woche deutlich höhere Preise angesetzt. Damit werden die Kosten für Umweltschäden, die die Produktion der Lebensmittel verursacht, einberechnet.
Doch was erst mal nach echtem Umweltbewusstsein klingt, bringt uns tatsächlich in Sachen Nachhaltigkeit überhaupt nicht voran. Drei Gründe dafür:
Punkt 1: Diese Aktion ist der Inbegriff von Greenwashing. Bedeutet: Eine PR-Aktion, die dem Unternehmen ein positives Image verleihen soll. Penny nutzt also diese Aktion, um sich als umweltfreundliches, verantwortungsbewusstes Unternehmen darzustellen. „Wir müssen uns der unbequemen Botschaft stellen“, erklärte Penny-Manager Stefan Görgens und tut damit so, als hätte ein Discounter den Auftrag, seine Kunden zu mehr Umweltbewusstsein zu erziehen. Ernsthaft?
Übrigens: Auch der Bauernverband verurteilt die Aktion als „Greenwashing“. Die Verbraucherschutzorganisation „Foodwatch“ spricht von einem „reinen PR-Gag“.
Punkt 2: Für die allermeisten Menschen sind diese vorübergehenden Preise überhaupt nicht bezahlbar. 6,01 Euro für eine Packung Wiener Würstchen? Das ist absurd – in Zeiten hoher Inflation und gestiegener Energiepreise kann sich das der Ottonormalverbraucher nicht leisten. Die „wahren Preise“ schüren also nicht nur ein schlechtes Gewissen, sondern verleihen auch den Eindruck, allgemein nicht mehr genug Geld für Essen zu haben. Das ist frustrierend und nicht zielführend. Das sollte gerade ein Lebensmittelhändler aus dem Billigsegment wissen.
Punkt 3: Würde man diese Preise wirklich ernst meinen, müssten ja theoretisch alle Supermärkte mitziehen und vor allem nicht nur 9 Produkte, sondern alle preislich angepasst werden. Doch dann würden Verbraucher nur noch das Nötigste kaufen und der Absatz der Supermärkte entsprechend einbrechen – den Lebensmittelhandel, wie wir ihn jetzt kennen, würde es dann nicht mehr geben können.
Hat sich Penny mit seiner Werbeaktion also ins eigene Fleisch geschnitten? Zumindest hat sie aus gutem Grund bisher kein anderer gemacht.
Denn der Ansatz der „realen Preise“ von Lebensmitteln ist nicht neu: Die Wissenschaft beschäftigt sich schon lange damit. Große Konzerne wie Edeka und Rewe arbeiten seit Jahren mit Universitäten zusammen, lassen sich ökologische Fußabdrücke berechnen und suchen Ansätze für die Einführung von CO2-Labels. Was Penny da gerade macht, wirkt also nur auf den ersten Blick innovativ und bahnbrechend.
Was wäre denn ein besserer Ansatz, kann man jetzt fragen. Und da gäbe es einen: Man sollte viel lieber die Produkte bewerben und günstiger machen, die sowieso schon einen guten CO2-Abdruck haben, und so die Menschen zu nachhaltigem Konsum bewegen. Also saisonale und regionale Lebensmittel.
So könnte man langfristig etwas verändern, anstatt nur mal kurz die Aufmerksamkeit auf ein so wichtiges Thema zu lenken. Doch eine Sache sollten wir Penny immerhin lassen: Die Aktion regt eine Debatte an – und die sollten wir jetzt führen!
Drei Gründe, warum die Penny-Werbeaktion unsere Gesellschaft in Sachen Nachhaltigkeit kein Stück voranbringt, erfahren Sie im Videokommentar hier oder oben.
- Eigener Dreh am 01.08.2023