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"Öko-Test" deckt auf: Lebensversicherungen geht es besser als gedacht


Gute Finanzstärke
Lebensversicherer tricksen zu Lasten der Versicherten

Von t-online
Aktualisiert am 24.01.2014Lesedauer: 4 Min.
Den meisten Lebensversicherern geht es besser als sie zugebenVergrößern des BildesDen meisten Lebensversicherern geht es besser als sie zugeben (Quelle: imago-images-bilder)
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Deutschlands Lebensversicherer jammern und klagen. Weil die Renditen von festverzinslichen Wertpapieren in den vergangenen Jahren stark in den Keller gerutscht sind, können angeblich die Rendite-Versprechen bei vielen Lebensversicherungs-Policen nicht mehr gehalten werden. Doch eine aktuelle Analyse des Verbrauchermagazins "Öko-Test" zeigt: Schlecht geht es nur den Kunden. Die bekommen statt mehr immer weniger Geld.

Glaubt man den Aussagen der Versicherungsbranche, besteht die Gefahr, dass Lebensversicherer durch die anhaltende Niedrigzinspolitik in eine finanzielle Schieflage kommen. Demnach können sie ihre Zusagen gegenüber den Versicherten womöglich nicht mehr einhalten, wenn sich der Trend fortsetzt. Doch "Öko-Test" kommt in seiner neuen Ausgabe zum Ergebnis, dass die Branche weiterhin über hohe Bewertungsreserven verfügt - und nennt gute und schlechte Gesellschaften.

Bewertungsreserven sind die Differenz zwischen den Buch- und Marktwerten der Kapitalanlagen, welche die Versicherer mit den Beiträgen der Kunden erworben haben. Dieses Geld wird erst bei Vertragsbeendigung ausgezahlt. Derzeit nimmt die Branche einen neuen Anlauf, die vor dem Verfassungsgericht durchgesetzte 50-prozentige Beteiligung der Kunden an den Bewertungsreserven zusammenzustreichen.

Garantiezins könnte nochmals gesenkt werden

Die Kürzung konnte im Vorjahr zu Zeiten des Wahlkampfs gerade noch mit Hilfe der Bundesländer verhindert werden, nachdem der Bundestag die notwendige Gesetzesänderung bereits still und leise durchgewunken hatte. In einem neuen Anlauf könnte auch der Garantiezins von derzeit 1,75 Prozent auf 1,25 Prozent gesenkt werden.

Setzt sich die Branche durch, kann das für Kunden doppelt teuer werden. Denn sie müssen dann nicht nur auf die Beteiligung an den Bewertungsreserven verzichten, sondern auf weit mehr. Wie das Verbrauchermagazin nach detaillierter Analyse diverser Kundenverträge festgestellt hat, greifen viele Anbieter längst ungeniert in andere Töpfe der Überschussbeteiligung, um die Bewertungsreservebeteiligung daraus zu finanzieren. So wurde zum Beispiel 2008 bei Einführung des neuen Gewinnbausteins "Bewertungsreserve" einfach die Beteiligung am Schlussgewinn entsprechend gekürzt.

BdV: "Versicherungen rechnen sich arm"

Den Unternehmen geht es eigentlich gut. Denn trotz des schwachen Zinsniveaus erwirtschaften die Versicherer mit Kapitalanlagen immer noch hohe Gewinne. Diese werden in den Bilanzen aber verschleiert, kritisiert auch der Bund der Versicherten (BdV). "Die Versicherungen rechnen sich arm - auf Kosten der Kunden", kommentiert Axel Kleinlein, Vorstandssprecher des BdV.

"Öko-Test" zeigt, wie das funktioniert. Zum einen wird mittels der sogenannten Zinszusatzreserve getrickst, die die Unternehmen seit 2011 zu bilden verpflichtet sind. Diese zusätzliche Reserve soll Niedrigzinsphasen ausgleichen und so die garantierten Zinserträge der Kunden über viele Jahre hinweg langfristig sichern.

Die Mittel für diese zusätzliche Reserve generieren die Unternehmen aus Kapitalerträgen. Demnach müssten sie in der Bilanz eigentlich als Gewinn auftauchen. Doch buchhalterisch wird so getan, als würden diese Mittel schon heute eine feste Zahlungsverpflichtung an den Kunden sein. Auf diese Weise sinkt der Gewinn - was zu einer entsprechenden Kürzung der Überschussauszahlung an die Kunden führt.

Gewinne werden vermindert ausgewiesen

Zudem mindert die Zinszusatzreserve so auch den offiziell ausgewiesenen Gewinn - und damit die Steuerlast der Unternehmen. Laut Bundesanstalt für Finanzdienstaufsicht betrug die Zinszusatzreserve der gesamten Branche im Jahre 2012 rund fünf Milliarden Euro.

Auch kritisiert Öko-Test, dass die Kunden selbst an offiziell ausgewiesenen Gewinnen immer weniger partizipieren. So sank die Überschussquote binnen zehn Jahren von 95,2 Prozent um fast elf Punkte auf 84,4 Prozent. Ihren Aktionären schustert die Branche jedoch die Gewinne gerne zu. Deren Anteil am Kuchen hat sich seit dem Jahr 2002 glatt verdoppelt.

Etwa zwei Drittel aller Versicherungskunden betroffen

Den meisten Versicherten entgingen allein im Jahr 2008 jeweils ein paar Hundert bis 2400 Euro, schreibt "Öko-Test". Betroffen sind schätzungsweise zwei Drittel aller Versicherungskunden. Darunter fallen auch sämtliche Journalisten, deren Altersversorgung obligatorisch über das Presseversorgungswerk geregelt wird. Ob das rechtlich überhaupt zulässig ist, wird derzeit noch geprüft.

Doch Fakt ist auf jeden Fall: Eine echte Zusatzausschüttung - wie vom Verfassungsgericht schon 2005 gefordert - bekommen die Kunden gar nicht. Stattdessen hat die Branche von vornherein geplant, das Geld dafür aus anderen Gewinnbausteinen abzuzweigen. Das belegen Dokumente der Deutschen Aktuarvereinigung aus 2008.

Keine Notlage der Versicherer

Der tiefe Griff in die Tasche der Kunden wird von der Branche aber ebenso perfekt verschleiert wie der Umstand, dass eine echte Notlage der Versicherer nicht zu erkennen ist. Das belegt eine weitere Analyse von "Öko-Test". Das Verbrauchermagazin hat einen Blick in die Bilanzen der deutschen Lebensversicherer geworfen und dabei vor allem die Ertragslage und die Stabilität der Unternehmen geprüft.

Garantiezins locker zu finanzieren

Untersucht wurden 40 große sowie 30 kleinere und mittlere Lebensversicherungs-Unternehmen. Das Ergebnis: Der Branche insgesamt geht es gut. Die Unternehmen erwirtschaften nach wie vor große Gewinne. Auch die Garantiezinsen kann die Branche noch locker finanzieren.

Die Nettoverzinsung, die Versicherer mit ihren Kapitalanlagen erzielten, betrug 2012 bei den untersuchten Unternehmen im Schnitt 4,56 Prozent. Damit liegen die Zinseinnahmen weiterhin deutlich über den Garantiezinsen von durchschnittlich 3,15 Prozent.

Weiterhin hohe Bewertungsreserven

Zudem verfügt die Branche weiterhin über hohe Bewertungsreserven. Auch die Töpfe mit bereits erzielten, aber noch nicht ausgeschütteten Gewinnen sind prall gefüllt. Insgesamt schlummern hier weitere 40,8 Milliarden Euro, die eigentlich den Kunden zustehen.

Die Finanzstärke der Lebensversicherer wurde mit Schulnoten bewertet. Das ist wichtig für Verbraucher, die wissen wollen, ob ihr Versicherer seine Verpflichtungen erfüllen kann. Ein "Sehr gut" erhielten nur einige kleine Unternehmen, unter den Großen aber keiner. Die Note zwei wurde immerhin acht Mal vergeben. Befriedigend und damit nur durchschnittlich schnitten dagegen rund zwei Dutzend der Unternehmen ab. Der Rest landete im Vierer-Bereich.

Finanzstärke: Gute Noten - schlechte Noten

Die besten Noten im "Öko-Test"-Vergleich der Finanzstärke bekamen unter den großen Gesellschaften Stuttgarter, DEVK Eisenbahn, LVM und Nürnberger. Am Ende der Liste finden sich Gothaer und VPV. Bei den kleinen Versicherern schnitten My Life, VHV und Mecklenburgische am besten ab. Saarland Versicherungen, Süddeutsche, Familienvorsorge und Oeco Capital kamen hingegen nur auf Noten von 3,8 bzw. 4,0.

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