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Ausbildungsprogramme für ältere Jobkandidaten: Azubi mit über 50? Aber sicher!


Zweite Karriere für Ältere
Azubi mit über 50? Aber sicher!

t-online.de - Silke Asmußen

15.12.2013Lesedauer: 3 Min.
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Erika Sperber lässt sich derzeit bei der ING-DiBa zur Bankassistentin für den Bereich Kundendialog ausbildenVergrößern des Bildes
Erika Sperber lässt sich derzeit bei der ING-DiBa zur Bankassistentin für den Bereich Kundendialog ausbilden (Quelle: Erika Sperber/ING-DiBa)

Mit über 50 in einem neuen Beruf durchstarten - als Azubi? Das funktioniert offenbar perfekt: Immer mehr Firmen bieten Lehrstellen für ältere Bewerber an. In jedem Fall gewinnen beide Seiten: Die gestandenen Lehrlinge starten eine zweite Karriere, die Betriebe profitieren von der Lebenserfahrung, der Zielstrebigkeit und der Verlässlichkeit der Auszubildenden im besten Alter.

Neustart mit 60

Bei der ING-DiBa steckt derzeit Erika Sperber in der Ausbildung - mit 60 Jahren. "Ausbildung 50+" heißt das seit 2006 laufende zwölfmonatige Ausbildungsprogramm der Direktbank zum Bankassistenten für den Bereich Kundendialog oder für die Immobilienfinanzierung. In diesem Jahr haben sich dazu insgesamt 180 Bewerber gemeldet.

Voraussetzung dafür ist eine abgeschlossene kaufmännische Lehre - aber auch andere Qualifikationen zählen. Erika Sperber etwa hat sich auf dem zweiten Bildungsweg zur Betriebswirtin weitergebildet, dann umfassende kaufmännische Erfahrung im Export sowie bei einem Maschinenbauer gesammelt.

Auswahl per Assessment-Center

Sie stieß durch eine Stellenannonce auf das Angebot der ING-DiBa. Den Ausbildungsplatz ergatterte sie jedoch erst, nachdem sie sich in einem telefonischen Bewerbungsgespräch und einem Assessment-Center erfolgreich geschlagen hatte. Das schafften neben ihr nur elf weitere Kandidaten. Ein Ansporn dabei, diese Hürden zu nehmen: Der Verdienst der älteren Auszubildenden liegt deutlich über dem regulären Lehrlings-Salär.

Jetzt stehen Marketing und Kommunikation, Rechnungs- und Bankwesen sowie Vertragsrecht auf der Agenda der 60-Jährigen. Das sei ziemlich anspruchsvoll, sagt sie. Ihr Ziel ist die Abschlussprüfung vor der Industrie- und Handelskammer (IHK). Klappt alles nach Plan, stehen ihre Chancen auf eine Festanstellung bei dem Finanzinstitut sehr gut. Die Übernahmequote liegt nach Angaben der Bank in den letzten Jahren bei etwa 85 Prozent.

Altersgemischte Team funktionieren

Generell bilden Betriebe ihre Lehrlinge im fortgeschrittenen Alter nicht aus Menschenfreundlichkeit aus. Dahinter steckt zum einen das Problem, geeignete junge Auszubildende zu finden, zudem sollen altersgemischte Teams den Kunden der Firmen entgegenkommen.

Das ist etwa im Fall der ING-DiBa so. "Oft ist es hilfreich, älteren Kunden etwa gleichaltrige Ansprechpartner zur Seite zu stellen, da sie sich teilweise besser auf ihre Bedürfnisse einstellen können. Zudem fördert die Zusammenarbeit von Älteren und Jüngeren eine Kultur des guten Miteinanders, die innerhalb der Bank sehr geschätzt wird", sagt Alexander Baumgart, Pressesprecher der Bank.

Heraus- aber nicht überfordert

Aber funktioniert das Lernen im fortgeschrittenen Alter noch? Die Bank jedenfalls ist hochzufrieden mit ihren Azubis 50plus, auch Erika Sperber fühlt sich heraus-, aber nicht überfordert. Sie und ihre Kollegen entwickelten manchmal sogar mehr Ehrgeiz als die jungen Lehrlinge, sagt sie.

Rudolf Kast vom bundesweiten Demographie Netzwerk (ddn) sieht das genauso. Lehrlinge im fortgeschrittenen Alter seien durchaus lernfähig und könnten bei Geschwindigkeit und Umfang mit den jungen Kollegen mithalten, betont der Experte im Gespräch mit t-online.de. Dazu müssten die Lernmodule angepasst werden, zum Beispiel auf vorhandenes Wissen aufgebaut werden.

Experte erwartet Verlängerung des Arbeitslebens

Die Anspannung auf dem deutschen Arbeitsmarkt sei aber so groß, dass sich ein Paradigmen-Wechsel anbahne, sagt Kast. Er rechnet damit, dass sich das Arbeitsleben generell verlängern wird. Lebenslanges Lernen und Qualifizieren werde zur Notwendigkeit für Mitarbeiter und Unternehmen werden.

In den USA hätten bereits neun Millionen Menschen über 50 mit dem Ausbildungs-Programm "Second Career" eine "zweite Karriere" gestartet, Noch viel mehr Personen dieser Altersgruppe seien auf der Suche nach einem neuen Job. Auch in Deutschland werden Kasts Ansicht nach wegen des zunehmenden Nachwuchsmangels immer mehr Firmen auf den Zug aufspringen.

"Senior-Ausbildung" in der Bäckerei

Derzeit gehen laut Kast noch einige "Leuchtturmfirmen" mit gutem Beispiel voran. Zu diesen Unternehmen gehört die Neuenburger Bäckereikette K&U mit mehr als 4000 Mitarbeitern und über 400 Auszubildenden. Bei K&U heißt das Programm "Senior-Ausbildung".

Dahinter steckt eine zweijährige Schulung für ältere Arbeitssuchende bei vollem Lohnausgleich mit dem Abschluss "Fachverkäufer/-in im Lebensmittelhandwerk Schwerpunkt Bäckerei". Um auf den demografischen Wandel schon heute zu reagieren, ist K&U bereit, zu investieren. Laut der Zeitschrift "Lebensmittel Praxis" subventioniert die Arbeitsagentur 50 Prozent der Bruttolöhne. Den Rest der Kosten übernimmt das Unternehmen.

Weg frei für Führungspositionen

Nach erfolgreich abgeschlossener Lehrzeit dürfen auch die K&U-Azubis auf sehr gute Karrierechancen hoffen. Sie stünden "ganz oben auf der Liste, wenn Führungspositionen frei werden" sagte Ausbildungsmanagerin Corinna Krefft-Ebner der Zeitung.

Für die Bäckereikette rechnet sich das Programm. Denn mit einem Senior-Lehrling "haben wir für die nächsten zehn bis zwölf Jahre einen dankbaren, hoch motivierten und gut ausgebildeten Mitarbeiter", zitiert das Blatt Winfried Fletschinger, Marketing- und Vertriebsleiter bei K&U.

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