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Altenpflege: BGH schützt Pflegebedürftige vor Reservierungsgebühr im Heim


Altenpflege
BGH schützt Pflegebedürftige vor Reservierungsgebühr im Heim

Von dpa
15.07.2021Lesedauer: 3 Min.
Ein Pfleger eines Pflegeheims schiebt eine Bewohnerin mit einem Rollstuhl.Vergrößern des BildesEin Pfleger eines Pflegeheims schiebt eine Bewohnerin mit einem Rollstuhl. (Quelle: Tom Weller/dpa/Archivbild./dpa)
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Karlsruhe (dpa) - Pflegebedürftige und deren Angehörige dürfen künftig nicht mehr für die Reservierung eines Heimplatzes zur Kasse gebeten werden. Eine Platz- oder Reservierungsgebühr für die Zeit bis zum Einzug sei unvereinbar mit den gesetzlichen Vorschriften, urteilte der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe am Donnerstag. Entsprechende Vereinbarungen seien daher unwirksam. Die Entscheidung hat Geltung für alle Heimbewohnerinnen und -bewohner, egal ob gesetzlich oder privat pflichtversichert. (Az. III ZR 225/20)

Ist das Geld verloren?

Die Bundesinteressenvertretung für alte und pflegebetroffene Menschen (Biva-Pflegeschutzbund), die das Urteil mit erstritten hat, schätzt, dass davon Zehntausende Verträge betroffen seien. Freihaltegebühren seien gang und gäbe, sagte der Vorsitzende Manfred Stegger in Karlsruhe. Er geht davon aus, dass Betroffene, die in den vergangenen drei Jahren eine solche Gebühr bezahlt haben, das Geld nun vom Heim zurückfordern können. Ihre Ansprüche seien noch nicht verjährt.

Auch die Deutsche Stiftung Patientenschutz nimmt an, dass zu Unrecht gezahlte Gebühren zurückgefordert werden können. Vorstand Eugen Brysch nannte das Urteil "richtig und wichtig".

Geldrückforderung

Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa), der nach eigenen Angaben mehr als ein Drittel der Pflegeeinrichtungen in Deutschland vertritt, teilte hingegen auf Anfrage mit: "Uns ist nicht ein einziger Heimvertrag bekannt, der eine solche Regelung enthalten würde." Zu möglichen Rückforderungen und den finanziellen Auswirkungen für die Heime äußerte er sich nicht.

Im konkreten Fall ging es um eine privatversicherte Frau, die Ende Februar 2016 von einem Heim in ein anderes umgezogen war. Für die zwei Wochen zwischen Vertragsschluss und Einzug verlangte das neue Heim bereits 75 Prozent der eigentlichen Kosten, knapp 1130 Euro. Der Sohn hatte erst gezahlt, später forderte er das Geld zurück.

Unfaire Bedingungen

Die obersten Zivilrichter des BGH gehen davon aus, dass gesetzlich Versicherte grundsätzlich nur für die Tage bezahlen müssen, die sie auch tatsächlich im Heim verbringen. So steht es im Elften Buch des Sozialgesetzbuchs. "Diese Bestimmung ist zwingendes Recht", sagte der Senatsvorsitzende Ulrich Herrmann. Nach Auffassung der Richter gilt sie genauso für Privatversicherte. Anderenfalls käme es "zu einer kaum nachvollziehbaren Ungleichbehandlung", hieß es.

Nach Steggers Erfahrungen werden bisher aber zum Teil auch gesetzlich Versicherte zur Kasse gebeten. Er begrüßte deshalb die Klarstellung auch in diesem Punkt. "Jemand, der einen Platz sucht, der ist in großer Notlage und akzeptiert auch Bedingungen, die er vielleicht nicht so besonders gut findet", sagte er. Es sei nicht richtig, wenn Heime das ausnutzten - zumal in den Sätzen, die von allen Bewohnern verlangt würden, ein gewisser Leerstand bereits einkalkuliert sei.

Auch der BGH sieht die Gefahr, dass doppelt kassiert wird. Das Heim sei deshalb verpflichtet, die Gebühr komplett zu erstatten.

Fall muss neu aufgerollt werden

Trotzdem muss der Fall erneut am Kölner Landgericht verhandelt werden. Denn die Frau ist inzwischen gestorben, geklagt hatte der Sohn. Und im Prozess wurde bisher nicht geklärt, ob er allein klageberechtigt ist oder ob es womöglich noch andere Erben gibt. Das muss jetzt nachgeholt werden. In seiner ersten Entscheidung hatte das Landgericht dem Mann nur rund 210 Euro zugesprochen.

Laut Bundesgesundheitsministerium waren Ende 2019 rund 9,22 Millionen Menschen privat pflegeversichert. Dem stehen rund 73,47 Millionen gesetzlich Versicherte gegenüber (Stand Ende 2020). Die private Pflegeversicherung richtet sich an privat Krankenversicherte, der Abschluss ist verpflichtend. Wie bei der Krankenversicherung funktioniert das System so, dass der Versicherte zunächst selbst zahlt und sich das Geld anschließend erstatten lässt.

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