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Mangel an Papier: Werden jetzt Bücher vor Weihnachten teuer und knapp?


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Darum drohen Bücher vor Weihnachten knapp zu werden

  • Saskia Leidinger
Von Saskia Leidinger

19.10.2021Lesedauer: 4 Min.
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Frau in einem Buchladen: Die Buchbranche kämpft mit hohen Papierpreisen.Vergrößern des Bildes
Frau in einem Buchladen: Die Buchbranche kämpft mit hohen Papierpreisen. (Quelle: imago-images-bilder)

Bücher sind eines der beliebtesten Weihnachtsgeschenke der Deutschen. Doch in diesem Jahr könnten sie schnell vergriffen sein. Grund ist ein Problem, mit dem die gesamte Branche wohl noch lange zu kämpfen hat.

In Frankfurt am Main feiert sich die Buchbranche gerade selbst und kürt herausragende Werke. Doch die festliche Stimmung auf der Buchmesse verdeckt nur, mit welchen Problemen die Branche hinter den Kulissen gerade zu kämpfen hat. Ihr wichtigster Rohstoff – Papier – ist zur teuren Mangelware geworden.

Das hat Folgen, die auch die Buchhändler spüren. Eine von ihnen ist Maria-Christina Piwowarski, Chefin des Buchladens Ocelot am Berliner Rosenthaler Platz. Immer wieder musste sie sich in den vergangenen Wochen die Augen reiben.

"Da gab es Bücher wie Tarjei Vesaas 'Die Vögel', die in der neuen Auflage ein anderes Coverpapier und einen anderen Farbton hatten als zuvor", erzählt sie t-online. Erst nach einem Telefonat mit dem Verlag erfuhr sie: "Das alte Papier gab es nicht mehr auf dem Markt."

Derlei Berichte kann Jörg Alt, Herstellungsleiter beim größten deutschen Verlag C.H.Beck, bestätigen. "Der Markt für die einfacheren, holzhaltigen Papiere ist besonders angespannt", sagt er. Und eine Entspannung sei nicht in Sicht.

Der Online-Handel bereitet den Verlagen Probleme

Es fehlt an Rohstoff, vor allem an Altpapier. Hintergrund dafür: die Corona-Pandemie. Weil in der Krise die Geschäfte lange geschlossen waren, machten viele Händler weniger Werbung. In der Folge wurden kaum mehr Anzeigenzeitungen und andere Werbeblätter an die Haushalte verschickt – weshalb in den blauen Papiertonnen am Ende weniger Papier zu finden war.

Hinzu kommt der schon seit Jahren anhaltende Trend zu E-Books. So stieg der Absatz der elektronischen Bücher im Corona-Jahr laut einer Studie des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels um etwa drei Millionen auf insgesamt 35,8 Millionen. Zeitgleich haben Verbraucher online eingekauft und sich Ware nach Hause liefern lassen, weshalb vor allem Kartons gefragt waren.

Für die Buchbranche ist das ein Problem: Sie benötigt sogenanntes grafisches Papier, das sich gut bedrucken lässt. Aus den braunen Fasern der Kartons lässt sich dieses spezielle Papier nicht oder nicht in ausreichender Qualität herstellen.

Auf diese veränderte Nachfrage haben sich dann die Papierproduzenten eingestellt, sagt der Pressesprecher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Thomas Koch, t-online: "Die Produktion grafischer Papiere ist bei den Papierproduzenten zurückgeschraubt worden, damit im Gegenzug mehr Verpackungsmaterialien für den boomenden Internethandel produziert werden können."

Hinzu kommen nun die allgemeinen Lieferengpässe auf dem Weltmarkt. Genau wie die Baubranche kämpft nun auch die Buchbranche mit dem Mangel an Holz beziehungsweise Zellstoff, der ebenfalls für die Papierherstellung benötigt wird und auch zu großen Teilen von anderen Kontinenten nach Europa geliefert werden muss. "Die Lieferkapazitäten wie beispielsweise bei Containerschiffen sind erschöpft", sagt Koch.

Wirkt sich die Papierkrise auf das Weihnachtsgeschäft aus?

Ein Problem, das sich ausgerechnet jetzt, vor dem wichtigen Weihnachtsgeschäft zuspitzt. Bücher gehören zu den beliebtesten Geschenken. Bislang konnten die Verlage stets schnell auf plötzlich gestiegene Nachfrage reagieren. Doch können sich Verbraucher sicher sein, dass ihr Lieblingsbuch es auch in diesem Jahr rechtzeitig unter den Weihnachtsbaum schafft?

"Wir sind als Buchhandel sehr verwöhnt", sagt Buchhändlerin Piwowarski. "Wir haben normalerweise etwa eine Million Titel, die über Nacht lieferbar sind. Auch kurz vor Weihnachten oder nach Preisverleihungen dauerte es maximal ein bis drei Tage, bis die Exemplare im Handel waren." Jetzt beobachtet die Buchhändlerin, dass sich Lieferungen deutlich verzögern.

"Die Vorlaufzeiten sind um das Vier- bis Sechsfache gestiegen. Insbesondere die kurzfristige Nachauflagenproduktion ist kaum möglich", sagt auch Thomas Koch. Jörg Alt vom Verlag C.H.Beck ergänzt: "Im Weihnachtsgeschäft werden gewiss einige Titel zeitweise nicht lieferbar sein, gerade in der letzten heißen Phase." Gerade bei Farbbüchern, die auf Bilderdruckpapier gedruckt werden, könne es zu Engpässen kommen. "Wo nicht rechtzeitig Lagerbestände aufgebaut wurden, wird ein kurzfristiger Nachdruck häufig an der Papierversorgung scheitern", so Alt.

Vor allem Titel, die jetzt im Herbst überraschend mit Preisen ausgezeichnet werden, können zur Mangelware werden. "Beim jetzt vergebenen Literaturnobelpreis waren wir alle nicht vorbereitet", sagt Maria-Christina Piwowarski. "Entsprechend ist der Titel auf Deutsch kaum lieferbar." Vor allem kleine Verlage hätten es in der jetzigen wirtschaftlichen Lage schwer.

Verlage stecken in einem Dilemma

Wie sollen die Verlage reagieren? Drucken die Hersteller größere Auflagen eines Buches, besteht die Gefahr, dass Exemplare liegen bleiben. Wird zu wenig gedruckt, kann die Nachfrage nicht schnell genug bedient werden. Das erschwere aktuell die Kalkulation, sagt Thomas Koch vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels, zumal zwar die Verfügbarkeit von Papier gesunken sei, die Preise für Altpapier allerdings innerhalb eines Jahres um 75 Prozent und die Preise für Zellstoffe um 100 Prozent gestiegen seien.

Werden also Bücher nun teurer? "Bei der Buchproduktion können diese Materialkosten über die Hälfte der Produktionskosten ausmachen, dementsprechend steigen die Herstellkosten", sagt Herstellungsleiter Alt.

Langfristig könnten die Preise für Bücher also steigen, doch zumindest für das anstehende Weihnachtsgeschäft wird das nicht der Fall sein, sind sich die Experten grundsätzlich einig. "Durch die Buchpreisbindung kann ein Verlag nicht einfach die Preise für Bücher auf dem Markt erhöhen. Das muss ein Verlag auch mit einer gewissen Vorlaufzeit ankündigen", sagt Buchhändlerin Piwowarski.

Eine Sprecherin der Buchhandlungs-Kette Thalia sagt auf t-online-Anfrage, bisher habe es noch keine Preisanstiege gegeben. Aber: "Wir wurden jedoch seitens der Verlage bereits sehr früh gebeten, unsere Bestellmengen anzugeben. Vereinzelt wurde angekündigt, dass Nachdrucke ggf. länger dauern könnten."

Tipp der Bücherexpertin

Verbraucher müssen also zumindest vor Weihnachten keine großen Preissprünge bei Büchern erwarten. Im kommenden Jahr könnte dies allerdings anders aussehen. Die Verlage erwarten nicht, dass die Papierkrise auf dem Weltmarkt schnell abflaut.

Deshalb wäre laut Buchhändlerin Piwowarski jetzt der beste Zeitpunkt, das passende Buch für Weihnachten zu kaufen. Und sollte ein Titel tatsächlich nicht verfügbar sein, hat die Bücherexpertin noch einen Tipp: "Neben den Bestsellern gibt es noch eine Vielzahl anderer großartiger Titel, sodass jeder Leser das passende Buch findet. Die Händler beraten dabei auch gerne, das machen wir schließlich am liebsten in unserem Beruf."

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Gespräch mit Maria-Christina Piwowarski
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