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Curevac, Biontech & Co.: Die riskanten Wetten auf die Impfstoffhersteller


Curevac, Biontech & Co.
Die riskanten Wetten auf die Impfstoffhersteller

MeinungEine Kolumne von Jessica Schwarzer

Aktualisiert am 27.06.2021Lesedauer: 4 Min.
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Dosen des Curevac-Impstoffes: Die Aktie des Tübinger Unternehmens brach nach ernüchternden Wirksamkeitsdaten ein.Vergrößern des Bildes
Dosen des Curevac-Impfstoffs: Die Aktie des Tübinger Unternehmens brach nach ernüchternden Wirksamkeitsdaten ein. (Quelle: Sven Simon/imago-images-bilder)

Biontech, Moderna oder Curevac: Chancen und Risiken liegen an der Börse eng beieinander. Nicht jede heiße Wette an der Börse geht auf – auch wenn sie noch so verlockend klingt.

Die ersten Impfstoff-Nachrichten lösten an der Börse im vergangenen Herbst ein wahres Kursfeuerwerk aus. Die Hoffnung auf ein Ende der Pandemie und eine schwungvolle Erholung der Weltwirtschaft ließ die Aktienindizes steigen, vorneweg: die Aktien der Impfstoffhersteller.

Die Fantasie der Anleger schien damals grenzenlos. Heute wissen wir: Investoren konnten mit den Biotech-Firmen auch viel Geld verlieren. Biontech<US9075V1026>, Moderna oder Curevac – Chancen und Risiken sind an der Börse oft nah beieinander.

Wenn Sie Curevac-Aktien im Depot haben, haben Sie zwei nervenaufreibende Wochen hinter sich. Und je nachdem, wie groß diese Position war, sitzen Sie auf mehr oder weniger großen Verlusten. Vor zwei Wochen stürzte die Aktie senkrecht in die Tiefe.

Enttäuschende Daten zum Impfstoff

Wieder einmal ein Beispiel dafür, wie riskant es ist, allein auf Einzelaktien zu setzen. Auch wenn ich mich wiederhole: Risikostreuung ist das oberste Gebot der erfolgreichen Geldanlage. Bei guter Risikostreuung reißen Abstürze einzelner Aktien keine tiefen Krater ins Depot – so wie unlängst Curevac:

Mitte Juni schreckte der Tübinger Pharmakonzern die Märkte auf. Der Covid-Impfstoff der Firma hatte in einer Zwischenanalyse nur enttäuschende Daten zu seiner Wirksamkeit erzielt und damit die bisherigen Erwartungen an das Produkt klar verfehlt. Curevac musste einräumen, dass sein Impfstoff mit der Bezeichnung "CVnCoV" nur eine vorläufige Wirksamkeit von 47 Prozent gegenüber Covid-Erkrankungen jeglicher Art liefert und damit bisher die vorgegebenen statistischen Erfolgskriterien nicht erreicht.

Zum Vergleich: Die Impfstoffe von Biontech und Moderna, die wie CVnCoV auf der neuartigen mRNA-Technologie basieren, zeigten in den entscheidenden Studien Wirksamkeiten von bis zu 95 Prozent. Selbst die herkömmlich gebauten Vakzine von Astrazeneca und Johnson & Johnson lagen bei Werten zwischen 60 und 70 Prozent.

Insiderhandel beim Curevac-Kurssturz?

Angesichts der enttäuschenden Curevac-Ergebnisse schmissen viele Investoren die Aktie aus dem Depot. Binnen weniger Stunden stürzte das Papier um 40 Prozent ab. Erholt hat sich die Aktie bisher kaum.

Dafür gab es aber weitere Schlagzeilen: Der Kursabsturz hat nämlich die Finanzaufsicht Bafin alarmiert. Unter Berufung auf Branchenkreise war in den Medien zu lesen, dass die Bafin dem Verdacht nachgehe, ob jemand aus den Unternehmen Curevac oder Bayer, dem Kooperationspartner von Curevac, sein Insiderwissen genutzt und rechtzeitig Aktien abgestoßen haben könnte.

Analysten sind wenig optimistisch

Wenn Sie die Aktie noch im Depot haben, schauen Sie – Stand heute – in die Röhre. Analysten sprühen aktuell nämlich auch nicht gerade vor Begeisterung. Sie kassierten Kaufempfehlungen und reduzierten Kursziele. Immerhin kommen einige noch zum Urteil: Halten.

Wahrscheinlich versöhnt es Sie auch nicht wirklich, dass auch der SAP-Mitgründer Dietmar Hopp viel Geld verloren hat. Er gehört zu den Großinvestoren des Unternehmens, ebenso wie die Bundesrepublik Deutschland. Beide wollen übrigens an ihrer Curevac-Beteiligung festhalten. Ein positives Signal für die Aktie?

Abwarten. Denn auch von Zweifeln an der Technologie von Curevac war zu lesen. Aber das ist ein Thema für Gesundheitsexperten oder Fachjournalisten, die von der Gesundheitsbranche sehr viel mehr Ahnung haben als ich.

Die Börsenexpertin
Jessica Schwarzer ist Finanzjournalistin, Bestsellerautorin und langjährige Beobachterin des weltweiten Börsengeschehens. Die deutsche Aktienkultur ist ihr eine Herzensangelegenheit. Zuletzt ist ihr fünftes Buch "Damit sie sich keinen Millionär angeln muss …" erschienen. Bei t-online schreibt sie alle zwei Wochen über Investments und Finanztrends, die eine breit gestreute Basis-Geldanlage ergänzen. Sie erreichen sie auf LinkedIn, Twitter, Facebook und Instagram.

Denn auch das ist ein Problem bei Investitionen in Einzelaktien: Wissen wir wirklich immer, was wir kaufen? Können wir tief genug in die Materie, in die Geschäftsmodelle der Unternehmen einsteigen?

Wenn wir ehrlich zu uns selbst sind, ist das nur selten der Fall. Viele Geschäftsmodelle sind viel zu komplex. Vielleicht muss man das aber auch gar nicht bis ins Detail durchdringen. Aber wann wissen Sie als Anleger genug, wann zu wenig? Und ist eine Investmententscheidung vielleicht manchmal einfach nur Glück?

Wenn Sie vor einigen Monaten Biontech oder Moderna gekauft hätten, könnten Sie sich heute über hohe Gewinne freuen. Dieses Glück hatte ich übrigens. Ich habe eine kleine Position Biontech im Depot, obwohl ich nach dem Wirecard-Desaster hoch und heilig geschworen hatte, nie wieder Einzeltitel zu kaufen. Erwischt!

Lieber Branchen- und Themen-ETFs als Einzelaktien

Es ist aber wirklich eine ganz kleine Position, die keine zwei Prozent meiner gesamten Börseninvestments ausmacht. Ob solche Mini-Positionen Sinn ergeben? In meinem Spielgeld-Depot schon, in meinem Depot für den langfristigen Vermögensaufbau aber nicht. Ob als langfristiges Investment oder kurzfristige Spekulation – Einzeltitel sollten immer nur eine geringe Gewichtung im Depot haben, sonst wird es schnell sehr riskant.

Momentan denke ich übrigens darüber nach, meine Gewinne bei Biontech mitzunehmen und lieber in einen Branchen- oder Themen-ETF zu investieren. Das ist stressfreier und weniger risikoreich. Obwohl es auch sehr viel langweiliger ist, finde ich das bei der Geldanlage eigentlich ganz gut. Und ein Themen-ETF im Spielgeld-Depot ist immer noch sehr viel spannender als ein ETF auf dem MSCI Emerging Markets oder den MSCI World Quality im langfristigen Depot.

Es gibt eine ganze Reihe von Indexfonds, mit denen wir auf die Gesundheitsbranche setzen können – und zwar mit guter Risikostreuung. An der Börse Frankfurt sind 23 ETFs gelistet: Gesundheitswesen allgemein, Biotechnologie oder innovative Healthcare, mal global investierend, mal mit Schwerpunkt USA oder Europa. Ein Blick in die Indizes lohnt.

Mit diesen Branchen-ETFs streuen Sie Ihr Risiko breiter

Im Nasdaq US Biotechnology beispielsweise ist Moderna mit 5,5 Prozent der zweitgrößte Wert, auch Biontech ist im Index enthalten und viele, viele andere Unternehmen. Entsprechende Produkte gibt es unter anderem von iSharesund Investco .

Wer es noch innovativer mag, findet fünf ETFs an der Frankfurter Börse. Neben dem iShares Healthcare Innovation ETFgibt es den HAN-GINS Indxx Healthcare Megatrend sowie den Global X Telemedicine & Digital Health .

Und aus dem Hause L&G gibt es zwei Variaten: den Healthcare Breakthrough und den Pharma Breakthrough . Ein solcher ETF als Beimischung ergibt durchaus Sinn, bei entsprechender Strategie. Wir lassen uns die Chancen nicht entgehen, minimieren aber das Risiko.

Sämtliche Artikel erarbeiten t-online und seine Autoren und Kolumnisten mit journalistischer Sorgfalt. t-online weist darauf hin, dass die Texte keine Beratung ersetzen und insbesondere keine Anlageberatung oder Empfehlung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren darstellen.

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