Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung ĂŒbernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Wie Sie das zweite Börsen-Halbjahr perfekt nutzen
Das erste Halbjahr lief sensationell an der Börse: zweistellige Kursgewinne, wohin man sieht. Doch so wird es kaum weitergehen. Experten befĂŒrchten eine Korrektur. Angst mĂŒssen Sie davor aber nicht haben. Im Gegenteil.
Es ist schon beeindruckend, was die Börsenindizes rund um den Globus in den vergangenen sechs Monaten aufs Parkett gezaubert haben. Der Dax hat stolze 13,1 Prozent zugelegt. Der amerikanische S&P 500 schaffte sogar ein Plus von 18,8 Prozent. FĂŒr den IndustrielĂ€nder-Index MSCI World ging es 16,9 Prozent aufwĂ€rts.
Die Börsen der aufstrebenden SchwellenlÀnder im MSCI Emerging Markets legten immerhin elf Prozent zu. Wenn man bedenkt, dass Aktien langfristig im Schnitt eine jÀhrliche Rendite von sechs bis acht Prozent liefern, ist das ein sensationelles erstes Halbjahr gewesen. Ich bin mir sicher, auch Sie freuen sich beim Blick auf Ihren Depotstand!
Der Start der Rally fiel schon Anfang November, als die Nachrichten ĂŒber den ersten Corona-Impfstoff kamen. Die Aussichten auf ein absehbares Ende der Pandemie, endende Lockdowns und eine sich erholende Weltwirtschaft lieĂen Börsianer (und nicht nur sie) jubeln. Auch in den Unternehmensbilanzen spiegelte sich das wider. Die Zahlen fĂŒr das erste Quartal waren hervorragend, die Prognosen werden immer besser und auch die Konjunkturdaten lassen auf eine weitere schwungvolle Erholung hoffen.
EnttÀuschungen sind jederzeit möglich
Die perfekte Welt fĂŒr Börsianer? Sind weiter steigende Aktienkurse quasi garantiert? So einfach ist es leider nicht.
Sicher wird es nicht so sportlich, nicht so dynamisch weitergehen wie in den vergangenen Wochen und Monaten. Die Luft ist dĂŒnner geworden. Die Messlatten fĂŒr Unternehmens- und Konjunkturdaten liegen hoch. EnttĂ€uschungen sind jederzeit möglich. Und dann könnte es sehr wohl zu kleineren oder gröĂeren Korrekturen an der Börse kommen. Das ist im Grunde auch normal. Wenn die Kurse lĂ€ngere Zeit stark steigen, dann warten manche Investoren geradezu auf einen Grund, Gewinne mitzunehmen. Dann ist ihnen fast jeder âAnlassâ recht.
Auch wenn die bald startende Berichtssaison fĂŒr das zweite Quartal wieder sehr gut ausfallen dĂŒrfte â Analysten schĂ€tzen, dass die globalen Gewinne pro Aktie wieder klar ĂŒber dem Vorkrisen-Niveau liegen werden â, gibt es viele Unbekannte im Markt.
Die Börsenexpertin
Jessica Schwarzer ist Finanzjournalistin, Bestsellerautorin und langjĂ€hrige Beobachterin des weltweiten Börsengeschehens. Die deutsche Aktienkultur ist ihr eine Herzensangelegenheit. Zuletzt ist ihr jĂŒngstes Buch "Warum wirklich jeder entspannt reich werden kann" erschienen. Bei t-online schreibt sie alle zwei Wochen ĂŒber Investments und Finanztrends, die eine breit gestreute Basis-Geldanlage ergĂ€nzen. Sie erreichen sie auf LinkedIn, Twitter, Facebook und Instagram.
Die Inflation und die Inflationserwartungen sind zuletzt stark gestiegen, eben auch, weil sich die Wirtschaft so rasant erholt. Sind die Notenbanken demnÀchst zu ersten Zinsschritten gezwungen? Oder beenden sie zumindest die Anleihekaufprogramme?
Die bloĂen Ăberlegungen darĂŒber, laut ausgesprochen natĂŒrlich, könnten fĂŒr mĂ€chtig NervositĂ€t sorgen. Und auch die Corona-Pandemie ist alles andere als ausgestanden. Die Delta-Variante verbreitet sich in vielen LĂ€ndern rasant, steigende Infektionszahlen und neue Lockdowns inklusive. Auch wenn die meisten Experten glauben, dass sich die wirtschaftlichen Auswirkungen in Grenzen halten werden, ist auch das ein Risiko fĂŒr die MĂ€rkte.
Nutzen Sie schwache Börsenphasen fĂŒr KĂ€ufe
Es ist also gut möglich, dass wir in den kommenden Wochen eine Korrektur oder zumindest kleinere KursrĂŒcksetzer erleben werden. Einen Vorgeschmack darauf gab es bereits in den vergangenen Tagen.
Was also tun? Sollten Sie Gewinne mitnehmen? Aussteigen? Auf keinen Fall, bitte! Wenn Sie langfristig investieren, dann sollten Sie solche Börsenphasen nutzen. Das tun Sie automatisch, wenn Sie ETF- und FondssparplĂ€ne haben. Monat fĂŒr Monat investieren Sie die gleiche Summe in Ihren Sparplan. Stehen die Aktienkurse hoch, bekommen Sie weniger Anteile. Sind sie niedrig, gibt es entsprechend mehr Anteile. Auf lange Sicht zahlt sich das aus, denn Sie erzielen einen gĂŒnstigen Durchschnittskosteneffekt â im Börsendeutsch: Cost Average Effekt.
Solche SparplĂ€ne sind eine feine Sache. Der Fondsverband BVI bietet eine tolle Statistik, sogar die Entwicklung einzelner ETF- und FondssparplĂ€ne lassen sich ablesen. Leider sind nur einige wenige ETFs von iShares in der Liste. Zwei Beispiele: HĂ€tten Sie 10 Jahre lang 100 Euro pro Monat in den iShares Stoxx Europe 600 investiert, dann wĂ€ren aus 12.000 Euro immerhin 17.496 Euro geworden. HĂ€tten Sie auf den iShares Core Dax gesetzt, wĂ€ren es 17.473 Euro. Das entspricht jeweils einer durchschnittlichen Rendite von gut sieben Prozent pro Jahr â allen Korrekturen und Crashs zum Trotz.
Gegen den Markttrend investieren
Wenn Sie lieber gröĂere BetrĂ€ge auf einmal investieren, können Sie schwache Börsenphasen natĂŒrlich auch nutzen, um Positionen aufzubauen oder zu vergröĂern. Das ist emotional allerdings gar nicht so einfach. Denn Sie mĂŒssen beherzt zugreifen, wenn die Stimmung gerade nicht so gut ist. Wenn alle anderen lieber verkaufen, tun Sie genau das Gegenteil. Das fĂŒhlt sich oft falsch, zumindest aber komisch an.
Ich habe genau das im vergangenen MĂ€rz gemacht. Den Crash habe ich fĂŒr ein auĂerplanmĂ€Ăiges Rebalancing genutzt. Rebalancing bedeutet, dass das Depot wieder ins Gleichgewicht gebracht wird, also die ursprĂŒnglich gewĂŒnschten Gewichtungen wieder hergestellt werden. In meinem langfristigen Depot heiĂt das: 80 Prozent Aktienquote, 20 Prozent Anleihen. Im Corona-Crash habe ich also meine Aktien-ETFs krĂ€ftig aufgestockt, denn ihre Gewichtung war durch den Kursrutsch zu gering.
Normalerweise steht dieses Rebalancing bei mir einmal im Jahr zwischen Weihnachten und Silvester an. Aber auch in besonders stĂŒrmischen Zeiten greife ich oft beherzt zu, wenn gerade Geld auf dem Anlagekonto liegt. Manchmal mache ich auch nichts und sitze Korrekturen einfach stur aus.
Wer mutig ist, kauft nach
Den Tiefpunkt habe ich im vergangenen MĂ€rz zwar nicht erwischt, aber wer schafft das schon? Ich war ein paar Tage zu frĂŒh, trotzdem habe ich im Nachhinein alles richtig gemacht. Nachdem ich investiert hatte, ging es zwar noch einige Tage krĂ€ftig abwĂ€rts. Das war kein schönes GefĂŒhl. Umso besser hat sich dann die rasante Erholung angefĂŒhlt.
Ob nun Sparplan, Einmalanlage, auĂerplanmĂ€Ăiges Rebalancing oder stures Aussitzen â wer breit gestreut investiert und einen langfristigen Anlagehorizont hat, muss vor zwischenzeitlichen Kursschwankungen keine Angst haben. Und wer mutig ist, kauft einfach nach. SparplĂ€ne sollten auf jeden Fall weiterlaufen â eigentlich auch eine Formen des sturen Aussitzens.
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