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Offene Immobilienfonds: Darum ist die Anlage grottenschlecht


Kümmerliche Rendite
Diese Immobilienanlagen gehören auf den Müll

MeinungVon Gerd Kommer

16.01.2022Lesedauer: 3 Min.
Meinung
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Hochhäuser (Symbolbild): Offene Immobilienfonds sind zwar bei vielen beliebt, aber problematisch.Vergrößern des Bildes
Hochhäuser (Symbolbild): Offene Immobilienfonds sind zwar bei vielen beliebt, aber problematisch. (Quelle: tampatra/getty-images-bilder)

Seit Jahrzehnten vertrauen viele Deutsche Finanzberatern, die ihr Geld in Immobilienfonds stecken. Dabei ist diese Anlage weder ertragreich noch besonders sicher. Warum die Produkte so schlecht sind.

Wenn es um Vermögensbildung und Geldanlegen geht, dann haben wir Deutschen einige merkwürdige Gewohnheiten. Dazu gehören:

Warum bizarr, das zeige ich in diesem Beitrag.

Der "ETF-Papst"
Dr. Gerd Kommer ist seit mehr als 20 Jahren Bestsellerautor für Investment-Ratgeberbücher. Zugleich ist er Geschäftsführer der Gerd Kommer Capital GmbH, einer digitalen Vermögensverwaltung, bei der Kunden bereits mit kleinen Beträgen starten können, sowie der Gerd Kommer Invest GmbH, einem Honorarberatungsunternehmen. In seiner t-online-Kolumne schreibt er gemeinsam mit seinen Kollegen Felix Großmann und Daniel Kanzler alle zwei Wochen über sein Spezialgebiet: den langfristigen Vermögensaufbau mit ETFs.

Offene Immobilienfonds sind in Deutschland seit über 60 Jahren ein populäres Anlageprodukt, weil sie den Anbietern zufolge "das begrenzte Risiko der Sachwertanlage Immobilie" mit "soliden Langfristrenditen" verbinden.

Offene Immobilienfonds sind Investmentfonds, die an Privathaushalte vermarktet werden und die Anlegergelder in Immobilien investieren. Die Immobilien liegen zumeist in Deutschland oder in Westeuropa. Überwiegend handelt es sich um Gewerbeobjekte (Büros, Handel, Logistik, Hotels, Kliniken, Parkhäuser), bei einigen wenigen auch um Wohnimmobilien.

Jämmerliche Rendite, keine Zulassung in anderen Ländern

In Deutschland existieren aktuell über 30 Offene Immobilienfonds, die zusammen erstaunliche neun Prozent des Anlagevolumens aller in Deutschland vertriebenen rund 9.000 Publikumsfonds einschließlich ETFs ausmachen. Lesen Sie hier acht Gründe, warum Sie ETFs kaufen sollten.

Zu dieser Art Fonds lassen sich zunächst zwei Dinge sagen: Erstens, ihre Renditen sind konsistent kümmerlich. Zweitens, sie sind in den beiden modernsten Kapitalmärkten der Welt – den USA und Großbritannien – aus Verbraucherschutzgründen nicht zum Vertrieb an Privatanleger zugelassen.

Beginnen wir mit den Renditen.

In der folgenden Tabelle werden die Renditen des größten europaweit anlegenden Offenen Immobilienfonds und des größten deutschlandweit anlegenden Offenen Immobilienfonds denen eines europaweit investierenden Immobilienaktien-ETFs gegenübergestellt.


Offener Immobilienfonds Europa Offener Immobilienfonds Deutschland Immobilien-Aktien-ETF

Deka Immobilien Europa UniImmo Deutschland iShares European Property Yield
ISIN DE0009809566 DE0009805507 IE00B0M63284
Dahinterstehende Bankengruppe Sparkassen Genossenschaftsbanken -
2021 (1 Jahr) – 3,0 % p.a. – 2,4 % p.a. 7,8 % p.a.
2012-2021 (10 Jahre) 2,1 % p.a. 2,2 % p.a. 9,9 % p.a.
  • Datenquellen: Comdirect, fondsprofessionell.de – nominale Renditen in Euro. Bei den Offenen Immobilienfonds wurde der anfängliche Ausgabeaufschlag in Abzug gebracht. Steuern nirgendwo berücksichtigt.

Die Zahlen sind so klar und eindeutig, dass sich eine weitere Kommentierung eigentlich erübrigt. Hinzufügen will ich lediglich, (a) dass die beiden gezeigten Offenen Immobilienfonds zu den besseren unter den gut 30 ihrer Gattung gehören und (b) dass auch längere Zeiträume wie 15 oder 20 Jahre kein anderes Grundmuster zeigen.

Kurzum: Die Rendite von Offenen Immobilienfonds war im Vergleich zu der von Immobilienaktien-ETFs oder der eines globalen Aktien-ETFs über längere Zeiträume schon immer grottenschlecht.

Von wegen geringes Risiko

Wenn ein Investment A merklich schlechtere Langfristrenditen als ein Investment B hat, dann stellt sich die Frage nach den jeweiligen Risikograden. Wäre A deutlich risikoärmer, könnte sein Renditerückstand eventuell dadurch gerechtfertigt sein. Tatsächlich glauben viele Anleger, die in Offene Immobilienfonds investieren, dass ihre schwachbrüstigen, aber immerhin fast schwankungslosen Kurse ein Zeichen für geringes Risiko, sprich hohe Sicherheit, seien.

Weit gefehlt. Die letzte große Immobilienkrise von 2004 bis 2010 führte trotz scheinbar geringer Kursschwankungen zum schlussendlichen Tod von etwa der Hälfte der damals gut 40 Offenen Immobilienfonds.

Anleger erlitten oft hohe Verluste

Diese Fonds wurden nach zum Teil mehrjährigem Siechtum zwischen 2009 und 2018 "abgewickelt", häufig mit zweistelligen Verlusten für die Anleger. Andere, am Ende nicht liquidierte Fonds waren über Jahre hinweg "geschlossen", erlaubten also keine oder nur begrenzte Anteilsrückgaben, bevor sie wieder "öffneten".

Wer als Anteilseigner während der "Einfrierung" trotzdem an sein Geld wollte, war gezwungen, seine Anteile mühselig auf dem ungeregelten, grauen Sekundärmarkt mit oftmals dramatischen Abschlägen zu veräußern. Für einige Fonds beliefen sich diese Discounts zeitweilig auf über 80 Prozent.

Immobilienkrisen geschehen regelmäßig

In der nächsten schweren Immobilienmarktkrise wird diese Risikoillusion – fast nicht schwankende Kurse – mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit wieder von der Realität gekillt werden. Solche Krisen geschehen im langfristigen Schnitt alle 15 bis 25 Jahre.

Wer sich genauer für die technischen Details der Scheinstabilität und den "falschen" Risikoausweis von Offenen Immobilienfonds interessiert, kann diese in einem kürzlich erschienenen Blog-Beitrag von meinem Kollegen Felix Großmann und mir nachlesen.

Weil die Gesetzgeber in Ländern mit höherem Privatanlegerschutzniveau, beispielsweise den USA, Großbritannien oder Frankreich, die Risikomessmethode bei deutschen Offenen Immobilienfonds zu Recht als unzulänglich einschätzen, sind solche Fonds in diesen und weiteren Staaten nicht zum Vertrieb an Verbraucher zugelassen.

Offene Immobilienfonds gehören in den Müll

Die gute Nachricht: In den letzten zwei Jahren scheint sich in Deutschland das Pflänzlein einer echten Aktienkultur zu entwickeln. Eine zwar noch kleine, aber nun wachsende Zahl von Haushalten investiert in diese ertragreichste aller Anlageklassen. Kapitalbildende Lebensversicherungen bekommen peu à peu das schlechte Image, das sie verdienen, und ihr Policen-Bestand schrumpft.

Wir machen also Fortschritte auf dem Weg, ein moderneres Privatanlegerland zu werden. Irgendwann wird dieser Fortschritt dazu führen, dass Offene Immobilienfonds auch in Deutschland da enden, wo sie hingehören: im Ascheeimer der Geschichte der schlechten Finanzprodukte.

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