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Warum Tabletten bunt sind: Dafür stehen die Farben bei Medikamenten


Farben von besonderer Bedeutung
Darum sind Tabletten bunt


12.04.2024Lesedauer: 3 Min.
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Eine Handvoll Medikamente: Nicht nur für Unterscheidbarkeit haben sie unterschiedliche Farben.Vergrößern des Bildes
Eine Handvoll Medikamente: Nicht nur für die Unterscheidbarkeit haben sie unterschiedliche Farben. (Quelle: 5./15 WEST/getty-images-bilder)

Morgens rot, mittags gelb, abends weiß – um Tabletten unterscheidbar zu machen, haben sie unterschiedliche Farben. Doch das ist nicht der einzige Grund.

Jeder vierte Deutsche nimmt täglich drei Medikamente oder mehr ein. Bei Bundesbürgern über 65 Jahre schlucken 30 bis 40 Prozent mindestens vier Arzneimittel. Ab 75 Jahren nimmt jeder Dritte sogar mehr als acht Medikamente.

Um die Tabletten besser voneinander unterscheiden zu können, haben sie eine unterschiedliche Form, verschiedene Größen und Farben. Doch hinter dem Aussehen einer Tablette oder Kapsel steckt viel mehr.

Farbwahl für den Überzug nicht zufällig

Welche Farbe ein Hersteller seinem Produkt gibt, ist natürlich ihm überlassen, aber alles andere als zufällig. Viele Tabletten sind schlicht weiß. Professor Georgios Imanidis, Pharmatechnologe an der Hochschule für Life Sciences in der Nordwestschweiz erklärte im Drogistenportal vitagate.ch: "Das liegt daran, dass die Wirk- und Hilfsstoffe, aus denen die Tabletten bestehen, weiß sind. Andere Farben müssen die Hersteller extra zufügen, indem sie der Tablette einen Überzug verpassen."

Dieser Überzug hat neben einer anderen Farbgebung verschiedene andere Funktionen: Er schützt das Produkt etwa vor Licht, Feuchtigkeit und Sauerstoff, kann schlechten Geschmack überdecken oder auch die Oberfläche glätten, um das Schlucken zu erleichtern.

Welche Farbe dieser Überzug hat, richtet sich oft nach der Art des Wirkstoffs. Hintergrund sind verschiedene Forschungsergebnisse. Unter anderem in der Placeboforschung wurden dabei verschiedene Farben getestet.

Zur Erklärung: Beim Placebo-Effekt tritt eine therapeutische Wirkung beim Patienten ein, obwohl dieser nur ein Scheinmedikament ohne Wirkstoff bekommen hat. Dabei kam heraus, dass die Farbe dieses Scheinmedikamentes eine große Rolle spielt.

Blau wirkt beruhigend, rot aktivierend

Blaue Pillen werden als beruhigend oder schlaffördernd begriffen, grüne Tabletten (ohne Wirkstoff) minderten trotzdem Ängste, rot machte wach, gelb wirkte bei depressiven Patienten am besten.

Zu diesem Ergebnis kommt auch eine bereits 1996 publizierte Meta-Analyse, bei der die Wirkung von 49 Medikamenten untersucht wurde. Resultat: "Die Studien zur wahrgenommenen Wirkung farbiger Medikamente zeigten, dass Rot, Gelb und Orange mit einer stimulierenden Wirkung verbunden sind, während Blau und Grün mit einer beruhigenden Wirkung verbunden sind."

Etwas verklausuliert heißt es in der Schlussfolgerung: "Farben beeinflussen die wahrgenommene Wirkung eines Arzneimittels und scheinen die Wirksamkeit eines Arzneimittels zu beeinflussen. Darüber hinaus besteht ein Zusammenhang zwischen der Färbung von Arzneimitteln, die das Zentralnervensystem beeinflussen, und den Indikationen, für die sie eingesetzt werden."

Übersetzt gesprochen: Je nachdem, wofür oder wogegen das Medikament eingesetzt wird, kann die Farbe wichtig für die Wahrnehmung der Wirksamkeit des Arzneimittels sein.

Aber warum ist Viagra dann blau?

Eines der bekanntesten Medikamente, Viagra, ist bekanntlich blau, soll aber alles andere als beruhigend wirken. Eingesetzt wird es als Potenzmittel. Die Erklärung für die ungewöhnliche Farbgebung ist einfach: Entwickelt wurde die Tablette ursprünglich als Blutdrucksenker. Der verfehlte seine Wirkung jedoch, zeigte dann aber als Nebenwirkung die Verbesserung der Erektionsfähigkeit.

Wechseln Farbe oder Form, kann es schwierig werden

Wie wichtig die vertraute Form und Farbe für den Patienten sind, zeigte sich in einer Studie aus dem Jahr 2014. Untersucht wurde, wie gut sich Patienten an die verschriebene Therapie nach einem Herzinfarkt hielten.

Von den über 11.500 Probanden nahmen 3.200 Medikamente ein, deren Farbe und/oder Form im Beobachtungszeitraum wechselten (wobei der Wirkstoff und seine Konzentration gleich blieben). Das Ergebnis: 34 Prozent der Patienten, deren Medikament die Farbe wechselte, unterbrachen ihre Therapie. Bei Studienteilnehmern, bei denen sich die Form der Tablette änderte, waren es sogar 66 Prozent.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Studie des Brigham and Women’s Hospital in Boston: "Burden of changes in pill appearance for patients receiving generic cardiovascular medications after myocardial infarction: cohort and nested case-control studies" (2014, englisch)
  • Studie der Universität Amsterdam: "Effect of colour of drugs: systematic review of perceived effect of drugs and of their effectiveness" (1996, englisch)
  • vitagate.ch: "Warum Tabletten farbig sind" (2020)
  • hexal.de: "Wirkfaktor Mensch" (abgerufen am 12.04.2024)
  • Deutsche Seniorenliga: Medikamente im Alter
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