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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Ernüchternde Studien Experten warnen vor beliebtem Wundermittel gegen das Altern

Taurin galt lange als eine Art Wundermittel, das die Gesundheit verbessern und das Leben verlängern sollte. Doch nun zeigt sich: Es könnte sogar schädlich sein.
Taurin ist ein Stoff, der im menschlichen Körper unter anderem im Gehirn, der Netzhaut, dem Herzen und den Muskeln vorkommt. Bekannt wurde es vor allem, weil es in vielen Energydrinks zu finden ist und auch als Nahrungsergänzungsmittel genutzt wird. Taurin kommt aber auch in tierischen Lebensmitteln wie Fleisch, Käse, Eier, Fisch oder Meeresfrüchten vor. Vor einigen Jahren hieß es in mehreren Studien: Der Stoff könne das Leben verlängern. Der Grund: Bei älteren Menschen wurden im Blut wesentlich niedrigere Dosen gemessen als etwa bei Kindern und Jugendlichen.
Diese Annahmen widerlegt jetzt eine neue Studie und mehr noch: Eine weitere Analyse kommt zu dem Ergebnis, dass Taurin für einige Menschen sogar gesundheitsschädlich sein könnte.
Studie 1: Kein Beleg für Anti-Aging-Effekt
Forscher aus Baltimore analysierten die Taurin-Werte von rund 1.000 menschlichen Probanden, sowie von Rhesusaffen und Mäusen. Es handelt sich um eine Langzeitbeobachtung, die ergab: Tatsächlich verändern sich die Taurin-Werte häufig, aber mit dem Alter scheint dies nicht zusammenzuhängen. Denn: Langfristig sank der Wert in den Gruppen nicht, er blieb relativ konstant, nahm sogar bei einigen zu. Statt des Alters spielten eher das Geschlecht oder die Ernährung eine Rolle. Daraus schlossen die Forscher, dass die Konzentration des Stoffs kein verlässlicher Biomarker für das Altern ist.
Studie 2: Für diese Leute kann Taurin gefährlich werden
Offenbar fördert Taurin das Fortschreiten von Leukämie. Zu diesem Ergebnis kamen vor Kurzem Forscher der Universität Rochester. Ihre alarmierende Studie ergab: Der Stoff wird im menschlichen Körper in der Umgebung des Knochenmarks gebildet, wo auch viele Blutkrebsarten ihren Ausgangspunkt nehmen. Krebszellen nehmen Taurin auf, da es ihnen über bestimmte chemische Prozesse zur Energiegewinnung dient und damit das Krebswachstum fördert. Wurde der Taurin-Transport blockiert, wuchs der Tumor deutlich langsamer. Umgekehrt zeigte sich bei Mäusen: Wurde ihnen Taurin zugeführt, beschleunigte sich das Tumorwachstum.
Die Forscher weisen deutlich darauf hin, dass der Konsum von taurinhaltigen Produkten wie Energydrinks oder Nahrungsergänzungsmitteln für Leukämiepatienten problematisch sein kann. Weitere Forschungen sollen die Taurin-Aufnahme als möglichen Ausgangspunkt für neue Therapiemöglichkeiten klären. Zukünftige Studien sollten den Taurin-Spiegel bei Leukämiepatienten untersuchen, empfiehlt die Studienautorin Jeevisha Bajaj. Besonders hilfreich sollte es sein, "stabile und wirksame Methoden zu entwickeln, um das Eindringen von Taurin in Leukämiezellen zu blockieren."
- science.org: "Is taurine an aging biomarker?" (05.06.2025, englisch)
- Universität Rochester: "A Downside of Taurine: It Drives Leukemia Growth" (14.05.2025, englisch)
- nature: "Taurine from tumour niche drives glycolysis to promote leukaemogenesis" (14.05.2025, englisch)
- Gelbe Liste: "Könnten Energydrinks Leukämiezellen nähren? Neue Rolle von Taurin entdeckt" (03.06.2025)
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.