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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Leitlinie aus Kanada Neue Sportempfehlungen für Mütter

Früher hieß es: Nach der Geburt erst mal schonen. Doch neue Erkenntnisse zeigen, dass Bewegung schon in den ersten Wochen viele Beschwerden lindern und ihnen sogar vorbeugen kann.
Noch vor wenigen Jahren rieten Ärzte und Hebammen jungen Müttern, sich nach der Geburt vor allem zu schonen. Sport stand frühestens nach der Rückbildung auf dem Plan – oft viele Wochen später. Doch eine große Analyse zeigt: Wer früher aktiv wird, erholt sich körperlich und seelisch deutlich schneller.
Vier Sporteinheiten pro Woche – so früh wie möglich
Die Canadian Society for Exercise Physiology hat dafür 574 Studien ausgewertet und frischgebackene Mütter befragt. Die Empfehlung ist eindeutig: In den ersten drei Monaten nach der Geburt sollten Frauen mindestens 120 Minuten pro Woche moderat bis deutlich aktiv sein – idealerweise verteilt auf vier oder mehr Trainingseinheiten.
Geeignete Bewegungsformen sind den Studienautoren zufolge etwa zügiges Gehen, Radfahren und leichtes Krafttraining. Die Experten betonen, dass es dabei nicht um Höchstleistungen geht, sondern um regelmäßige Aktivität – angepasst an den Gesundheitszustand der Mutter.
Beckenboden täglich trainieren
Ein weiterer wichtiger Bestandteil: tägliche Beckenbodenübungen. Sie helfen, eine nach der Geburt häufig auftretende Harninkontinenz zu verhindern oder zu verbessern. Wichtig dabei ist Geduld: Der Beckenboden braucht Zeit zur Regeneration – aber ohne gezieltes Training verzögert sich der Heilungsprozess.
Außerdem rät das kanadische Team, auch auf guten Schlaf zu achten – soweit das mit einem Neugeborenen möglich ist. Schon einfache Maßnahmen wie eine dunkle, ruhige Umgebung oder Handyverzicht am Abend könnten helfen, schneller zur Ruhe zu kommen.
Schutz vor Depression, Erschöpfung und Schmerzen
Die Vorteile früher Bewegung nach der Geburt sind laut Studienlage eindeutig: Die Maßnahmen unterstützen nicht nur den Gewichtsverlust und die körperliche Erholung, sondern senken auch das Risiko für Depressionen, Rückenschmerzen, Erschöpfung und zu hohe Cholesterinwerte.
Gleichzeitig sehen die Forscher keine Nachteile: Weder steigt das Verletzungsrisiko, noch verschlechtern sich die Qualität und die Menge der Muttermilch – ein weitverbreiteter Irrglaube.
- Lesen Sie auch: Wie Blähungen nach der Geburt entstehen
Bauchmuskeln: Vorsicht bei Rektusdiastase
Nicht alle Übungen sind jedoch von Anfang an sinnvoll. Bei vielen Frauen ist nach der Geburt die Bauchdecke gedehnt – die sogenannte Rektusdiastase. In diesem Fall sollten Mütter zunächst nur die schrägen Bauchmuskeln trainieren. Erst wenn sich die gerade Bauchmuskulatur wieder geschlossen hat, ist ein Training auch in diesem Bereich unbedenklich.
Wichtig zu wissen
Eine Physiotherapeutin oder Hebamme kann helfen, den richtigen Zeitpunkt und die passenden Sportübungen zu finden.
Auch kleine Schritte helfen
Die Expertengruppe räumt ein, dass sich ihre Empfehlungen nicht immer in den Alltag integrieren lassen – vor allem nicht mit einem schreienden Baby, wenig Schlaf und körperlichen Beschwerden. Doch auch kurze, regelmäßige Spaziergänge oder zehn Minuten Beckenbodentraining auf der Couch könnten spürbare Vorteile bringen.
Wichtig ist: Wer Schmerzen hat oder unter Beschwerden leidet, sollte ärztlichen Rat einholen.
- bjsm.bmj.com: "2025 Canadian guideline for physical activity, sedentary behaviour and sleep throughout the first year post partum" (Englisch)
- pharmazeutische-zeitung.de: "Viermal pro Woche Sport in den ersten drei Monaten nach Geburt"
- gesundheit.gv.at: "Sport nach der Geburt"
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.