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Ärzte wollen auch per Videochat Diagnosen stellen


Die Medizin der Zukunft
Ärzte wollen Diagnosen per Videochat stellen

Anne-Sophie Galli

Aktualisiert am 23.12.2017Lesedauer: 3 Min.
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Spezialcomputer für DiagnosenVergrößern des Bildes
Mit einem mobilen Spezialcomputer können Diagnosen gestellt werden. (Quelle: Ingo Wagner/dpa-bilder)

Diagnose per Videochat? Wieso nicht, denken sich viele Ärzte. Was in Deutschland noch verboten ist, soll sukzessive eingeführt werden. Mit der Telemedizin könnte man künftig auch gegen die Versorgungslücken auf dem Land ankämpfen.

So könnte die Hausarztpraxis der Zukunft aussehen: Patienten müssen nicht mehr im Wartezimmer sitzen, stattdessen stellt der Arzt per Videochat eine Diagnose und empfiehlt ein Medikament oder verordnet Bettruhe. Nur in schlimmeren oder komplizierten Fällen entscheidet der Doktor, dass der Patient in die Praxis kommen oder zu einem Spezialisten gehen soll.

Videosprechstunde für Folgebehandlung mittlerweile möglich

In Deutschland ist das nicht erlaubt. Noch nicht, sagt Franz Bartmann, Vorstandsmitglied der Bundesärztekammer. Eine Expertengruppe der Kammer aus Ärzten und Juristen hat sich nach seinen Angaben dafür ausgesprochen, Diagnosen über den Bildschirm oder per Telefon künftig zumindest in Ausnahmefällen zu erlauben. Beim nächsten Deutschen Ärztetag im Mai 2018 in Erfurt wollen Ärztevertreter voraussichtlich offiziell darüber entscheiden. "Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird dies auch beschlossen werden", sagt Bartmann.

Zurzeit dürfen Ärzte nur Folgebehandlungen per Videosprechstunde anbieten, wenn sie den Patienten bereits in ihrer Praxis behandelt haben. Sie können etwa schauen, ob eine Wunde gut heilt. "Die Änderungen im Bereich der Fernbehandlung sind wichtig, um Telemedizin in Deutschland zu stärken", sagt Bartmann. So könnten kompetente Diagnosen aus der Ferne etwa helfen, auf dem Land trotz Ärztemangels eine gute Gesundheitsversorgung sicherzustellen, sagt Gisbert Voigt vom Vorstand der niedersächsischen Ärztekammer.

Unterschiedliche Meinung bei Deutschen

In Pilotprojekten etwa in Nordrhein-Westfalen und in Berlin hatten Pfleger aus Altenheimen den Hausarzt per Videoschalte zu den Bewohnern geholt. "So haben Ärzte und Patienten seltener lange Anfahrtswege und Wartezeiten. Das ist auch in der Stadt praktisch", sagt Voigt. Auch Hausärzte zogen in Pilotversuchen schon per Videoschalte Spezialisten zurate.

Gesundheitsexperten der Verbraucherzentrale unterstützen den Vorstoß der Ärzte. "In Ländern wie der Schweiz und Großbritannien gehört Telemedizin bereits zur Regelversorgung", sagt Referentin Susanne Mauersberg. "Sie ist für bestimmte Medizinfelder gleich gut wie ein direkter Kontakt zwischen Arzt und Patient." Mauersberg glaubt: "Videosprechstunden werden in Zukunft ein ganz normaler Bestandteil der Versorgung sein." Für knapp jeden zweiten Deutschen wäre es kein Problem, mit einem Arzt am Bildschirm zu sprechen, fand die Bertelsmann Stiftung 2015 heraus. Bei anderen Befragungen war die Zustimmung der Patienten allerdings niedriger.

Kosten muss man noch selbst bezahlen

Einige Tausend Deutsche kommunizieren bereits online mit Ärzten im Ausland, etwa mit der Online-Praxis DrEd in Großbritannien. Sie füllen zunächst Fragebögen zu ihrem Zustand und zu ihren Lebensgewohnheiten aus, kommunizieren dann mit dem Arzt per Chat, Telefon oder Videokonferenz. Der Mediziner schickt ihr Rezept an eine Apotheke, die das Medikament nach Hause liefert. "Besonders Männer schätzen unseren diskreten, unkomplizierten Service, etwa bei Erektionsstörungen oder Haarausfall", sagt DrEd-Geschäftsführer David Meinertz. Die Kosten für die Online-Konsultation müssen Patienten selbst bezahlen. Nur einige private Kassen übernehmen sie.

Die Verbraucherschutzzentrale findet solche Angebot generell gut, sagt Susanne Mauersberg. Sie würde es auch unterstützen, wenn die gesetzlichen Krankenkassen solche Sprechstunden bezahlen und es solche Online-Praxen auch in Deutschland geben würde.

Ältere Ärzte stehen dieser Entwicklung kritischen gegenüber

In Deutschland bieten erst einige Hundert der knapp 379 000 zugelassenen Ärzte Videosprechstunden an, wie es von den zertifizierten Anbietern von entsprechender Software heißt. Der Hauptgrund dafür liegt aus Sicht der Ärztekammern bei den Krankenkassen, die zu wenig für Videosprechstunden bezahlen würden. Für eine Software, die Mediziner sicher mit Patienten sprechen lässt, müssen diese 30 bis 70 Euro pro Monat bezahlen. Gleichzeitig dürfen sie höchstens 800 Euro pro Jahr abrechnen und auch nur für vergleichsweise günstige Folgebehandlungen.

Die Vizepräsidentin der Bundesärztekammer, Martina Wenker, meint außerdem: "Viele ältere Kollegen bezweifeln noch den Sinn von Telemedizin." Jüngere Ärzte seien hingegen offener für die Technik und dafür, dass sich damit ihr Berufsbild ändere. "Für viele Landärzte wie mich ist das Internet aber noch zu schlecht, um Videosprechstunden anzubieten", sagt Kinderarzt Voigt aus Melle in der Nähe von Osnabrück. Der Osnabrücker Hausarzt Micha Neubert ist da schon einen Schritt weiter, er bietet seit Jahresanfang eine Online-Sprechstunde an. "Ich will meinen Patienten einen Service bieten, aber zurzeit mache ich damit noch Verluste."

Quellen und weiterführende Informationen
- dpa
- Infos zur Videosprechstunde von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung
- Statistik zugelassene Ärzte
- Bertelsmann-Stiftung zur Videosprechstunde
- Ärztezeitung-Artikel

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
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